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26.09.01
15:06 Uhr
CDU

Martin Kayenburg: Haushalt ohne Perspektive

LANDTAGSFRAKTION S C H L ES WI G - H O LS T EI N

Pressesprecher Bernd Sanders Landeshaus 24100 Kiel Telefon 0431-988-1440 Telefax 0431-988-1444 Internet: http://www.cdu.ltsh.de e-mail:info@cdu.ltsh.de
PRESSEMITTEILUNG Nr. 383/01 vom 26. September 2001
TOP 4, 7 und 45 Martin Kayenburg: Haushalt ohne Perspektive

Der uns heute von der Regierung vorgelegte Haushaltsentwurf für das Jahr 2002 ist
perspektivlos,
phantasielos,
kraftlos,
ideenlos.
Mit ihm ist eigentlich gar nichts los.
Frau Ministerpräsidentin, wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, dass Sie nicht fähig sind, die Zukunft unseres Landes aktiv zu gestalten, dann haben Sie ihn heute mit dem Haushaltsentwurf 2002 geliefert.
Wir alle wissen, dass dieses Zahlenwerk, das Sie heute eingebracht haben, schon jetzt Makulatur ist, weil die Voraussetzungen längst nicht mehr stimmen, auf denen es basiert - und das wissen Sie genauso gut wie wir.

Es gehört schon ein Stück Chuzpe dazu, überholte Konjunkturdaten, die von allen renommierten Wirtschaftsinstituten eingesammelt und sogar von der rot-grünen Bundesregierung nach unten korrigiert wurden, immer noch zur Grundlage eines Haushaltsentwurfes zu machen.
Wir haben Ihnen die Entwicklung vorausgesagt. In der Juni-Sitzung des Landtages habe ich Sie, Frau Simonis, ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Ihre Prognose vom Dezember mit einem wirtschaftlichen Wachstum von 2,5 bis 3 Prozent nur eine Illusion sein konnte und ein Wachstum von unter zwei Prozent leider immer wahrscheinlicher werde.
Ihr Wirtschaftsminister, Frau Simonis, legt dann in seinem Interview in den „Kieler Nachrichten“ vom 7. September den Offenbarungseid ab. Ich zitiere: “Die Konjunkturentwicklung 2001 bereitet mir tatsächlich Sorgen. In Schleswig- Holstein verläuft sie momentan sogar besonders ungünstig. Ich schließe nicht aus, dass das Wachstum im ersten Halbjahr 2001 deutlich unter einem Prozent bleibt.“ - und gestern bezeichnen Sie das Mini-Wachstum als „unbefriedigend und enttäuschend“ (KN 25.09.01).
Vorgestern kommen dann die Zahlen für das erste Halbjahr 2001. Das Wirtschaftswachstum liegt danach in Schleswig-Holstein real nur noch bei 0,2 Prozent und ist damit so schwach wie in keinem anderen westdeutschen Bundesland. Im verarbeitenden Gewerbe beträgt der Abstand zwischen dem Bundesdurchschnitt und Schleswig-Holstein 6,1 Prozent. Das nenne ich dramatisch und ich würde von Ihnen Herr Rohwer eigentlich mehr erwarten, als dass Sie die Zahlen „unbefriedigend und enttäuschend“ nennen.
Und angesichts der niedrigsten Investitionsquote in einem Landeshaushalt, die es je in Schleswig-Holstein gab, nenne ich es fast schon zynisch, wenn Sie Herr Wirtschaftsminister erklären, dass die Wirtschaftspolitik in Schleswig-Holstein jetzt erst recht auf Ausbau der Verkehrsinfrastruktur, Förderung neuer Technologien, Pflege des Mittelstandes und Investitionshilfen für regionale Zukunftsprojekte setzt.
Herr Dr. Rohwer, so, leid es mir tut, Sie sind nur noch ein Ankündigungsminister, der versucht, die Menschen zu verdummen. Wo schaffen sie denn wirklich den wichtigen Ausbau der Verkehrsinfrastruktur, wo ist denn in den letzten Jahren auch nur ein Infrastrukturprojekt, dass von Ihnen vom Anfang bis zum Ende geplant und auch gebaut worden ist?
Ich kann nicht erkennen, dass Sie wirklich die Infrastruktur in unserem Land vorangebracht hätten. Und die Lage der Bauindustrie, die ebenfalls bei uns schlimmer ist, als in anderen Ländern, hängt doch auch mit der niedrigen Investitionsquote des Landes zusammen. Die Zahlen vom Anfang der Woche, Herr Dr. Rohwer, belegen eindeutig das Scheitern der rot-grünen Wirtschaftspolitik für Schleswig-Holstein. Wobei nicht der Konjunktureinbruch an sich das größte Problem ist. Viel schlimmer ist, dass Schleswig-Holstein im Vergleich der westdeutschen Länder immer weiter zurückfällt.
Beim Wirtschaftswachstum ganz hinten und beim Schuldenmachen ganz vorn, das ist Ihre Politik für Schleswig-Holstein.
Nach einer im „Focus“ veröffentlichten Emnid-Umfrage ist für 80 Prozent der Menschen die Sorge um den Arbeitsplatz das wichtigste politische Thema. Deshalb muss auch in der heutigen Generaldebatte über den Landeshaushalt 2002 und die Lage unseres Landes Ihr Versagen in der Wirtschaftspolitik im Vordergrund stehen.
Ich will Ihnen – auch wenn Sie das nicht hören mögen – die wichtigsten Indikatoren für den Wirtschaftsstandort Schleswig-Holstein unter einer rot-grünen Landesregierung noch einmal vor Augen führen.
1. Arbeitslosigkeit:
Ende August gab es nach dem letzten aktuellen Bericht des Arbeitsamtes in Schleswig-Holstein 113 000 arbeitslose Frauen und Männer. Das entspricht im Vergleich zum Vorjahr einer Steigerung von 3,2 Prozent.
Das Landesarbeitsamt stellt in seinem Bericht unmissverständlich fest: “Der Anstieg der Arbeitslosenzahlen im Vergleich zum Vorjahr ist im Wesentlichen Folge der schwachen konjunkturellen Entwicklung, deren Auswirkungen sich auf dem Arbeitsmarkt in Schleswig-Holstein weiterhin deutlich bemerkbar machen.“
2. Industrie-Konjunktur
Zur Entwicklung des verarbeitenden Gewerbes stellt das Statistische Landesamt in seiner Mitteilung vom 18. September fest. “Die Entwicklung des Verarbeitenden Gewerbes blieb in Schleswig-Holstein in den ersten sieben Monaten deutlich hinter dem Bundestrend zurück.“ Während bundesweit die Beschäftigtenzahl noch um 0,7 Prozent zunahmen, sank sie in Schleswig- Holstein um 0,8 Prozent. Und noch katastrophaler sieht es bei der Auslastung der Wirtschaft aus: während die Auftragseingänge im Bundesgebiet den Vorjahreswert um 2,1 Prozent übertrafen lagen sie in Schleswig-Holstein um fast 13 Prozent unter dem Vorjahresniveau.

3. Baukonjunktur:
Ganz schlimm betroffen ist die Bauwirtschaft. Ihr Umsatz sank in den ersten sechs Monaten dieses Jahres im Vergleich zum Vorjahr um mehr als 14 Prozent, und das vor allem, weil öffentliche Aufträge fehlen, weil Ihre Finanzpolitik dazu geführt hat, dass Ihnen kaum noch Mittel für Investitionen zur Verfügung stehen.
4. Wirtschaftswachstum Doch zurück zur Arbeitslosigkeit: Nun weiß ich selbst, dass Politik nicht selbst Arbeitsplätze schaffen kann. Sie trägt aber die Verantwortung für die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Da muss es uns und Ihnen doch zu denken geben, dass unser Bundesland im Vergleich zu den westdeutschen Flächenländern immer weiter zurückfällt. Wer diesen Zustand aufzeigt und kritisiert, wird von Ihnen, Frau Simonis, immer gleich „angemacht“, er rede das Land schlecht. Ich will Ihnen deshalb noch einmal deutlich sagen: Für uns ist Schleswig-Holstein ein wunderschönes Land; wie RSH ständig meldet, das schönste Bundesland der Welt. Es hat tüchtige Menschen, die fleißig arbeiten. Und niemand, der Sie und Ihre Politik zu Recht kritisiert, redet damit das Land schlecht. Sie müssen einfach lernen, sich mit politischer Kritik auseinander zu setzen, zumal dann, wenn sie berechtigt und durch Fakten belegt ist.
Und Sie liefern auch heute mit dem Entwurf des Haushaltsplanes wieder zur Kritik reichlich viele Ansätze zur Kritik.
Ich habe aber nicht die Absicht, heute in die Einzelheiten des Entwurfes einzusteigen. Dazu ist im Zuge der Beratungen in den Ausschüssen und bei der Zweiten Lesung noch Zeit genug. Ich will heute nur an einigen Grunddaten deutlich machen, dass Ihre Haushaltspolitik gescheitert ist und dass auch der angeblich ultimative Sparhaushalt 2002 kein Sparhaushalt ist. Die alte Feststellung des Landesrechnungshofes, dass „ein ernsthafter Wille zur Sparsamkeit ist nicht erkennbar“ sei, behält nach wie vor ihre Gültigkeit.
1. Personalkosten:
Die Personalkosten steigen von 2,852 auf 2,929 Millionen €, also um 2,82 Prozent. Obwohl die Gehaltsteigerungen für die Angestellten und Arbeiter im öffentlichen Dienst bereits in 2001 enthalten sind und die Beamten zum 1. Januar 2002 2,4 Prozent mehr erhalten. Der Gesamtpersonalstand steigt außerdem erneut um 27 Stellen. Mit ernsthaften Einsparungen beim Personal haben Sie also noch gar nicht angefangen!
Was nützen rund 400 Stelleneinsparungen, wenn gleichzeitig rund 400 neue Stellen geschaffen werden und zum Schluss sogar 27 mehr an Bord sind? Bei den neuen Stellen sind zwar 200 neue Lehrer dabei, aber auch 227 andere neue Stellen.
Bei über 55.000 Mitarbeitern kann da von ernsthaftem Personalabbau und Sparwillen wirklich nicht die Rede sein. Geredet wird davon aber nun schon 13 Jahre lang!
2. Sächliche Verwaltungsausgaben
Die sächlichen Verwaltungsausgaben steigen bei einer Nettoausgabensteigerung von nur 0,7 Prozent um 4,28 Prozent, das heißt um 18,1 Mio. €. Und die merkwürdigen Titel „Sonstiges“ innerhalb der sächlichen Verwaltungsausgaben steigen sogar um 12,7 Prozent, das sind 12,3 Mio. € mehr. Wofür denn eigentlich?
In beiden Bereichen werden Sie im Interesse von Haushaltswahrheit und Haushaltsklarheit noch erhebliche Aufklärungsarbeit zu leisten haben. Warum eigentlich haben Sie, Frau Simonis, als Sie diesen Hauhaltsentwurf vorgestellt haben, auch in diesem Jahr wieder den falschen Eindruck zu erwecken versucht, als seien Sie die größte Sparkommissarin aller Zeiten.

Das mag ja für eine Pressemeldung reichen, aber wenn man sich Ihr Zahlenwerk ansieht, dann muss man zwangläufig zu dem Schluss kommen, dass Sie zwar hier und da sparen, aber an der falschen Stelle:
Sie kürzen beim Landesblindengeld.
Sie kürzen bei den Bauern, beim Straßenbau, bei Kindertagesstätten.
Sie wollen – publikumswirksam – die Beamten eine halbe Stunde in der Woche oder genau 6 Minuten am Tag länger arbeiten lassen. Das heißt: Sie kürzen eigentlich deren Gehälter; sie kürzen bei Privatschulen und bei den Krankenhäusern.
Sie budgetieren die Personalkosten bei den Ministerien, fordern die Zusammenarbeit der Flensburger Hochschulen und streichen hier ein bisschen und dort ein bisschen. Alles in allem ein hektisches, nervöses Herumgespare ohne klares Strukturkonzept.
Über viele Ihrer Einzelmaßnahmen können wir in der Notlage, in die Sie unser Land gebracht haben, sicher diskutieren, aber:
Auch mit dem Haushalt 2002 erreichen Sie wieder nicht die strukturellen Veränderungen, die notwendig wären, um die Finanzen des Landes grundlegend zu sanieren.
Sie kommen aus dem Pepita-Muster Ihrer Finanzpolitik einfach nicht heraus.
Und weil Sie in der Finanzpolitik nicht fähig sind, große, klare Linien zu ziehen, und im Klein-Klein verharren, schaffen Sie es in den anderen Politikfeldern letztlich auch nicht.
Der Haushaltsplan des Jahres 2002 hat Symbolcharakter für Ihre Art, Politik zu gestalten:
• Stöbern im Kleinen - wie auf dem Flohmarkt
• Keine Kraft zu wirklich großen Entscheidungen
• Versprechungen statt Taten
• Flotte Sprüche, die sich für Schlagzeilen eignen, aber keine Problemlösungen. Ihr Vorgänger im Amt, Frau Simonis, hatte einst für seine Politik den „Reiz der Langsamkeit“ entdeckt.
Sie sind in der Erreichung der politischen Ziele nicht schneller, aber Sie wirbeln auf dem Weg dahin in Zickzacksprüngen wesentlich größere Staub auf. Aber auch damit bringen Sie die Entwicklung des Landes kein Stück voran, kommen dem Ziel der Haushaltssanierung kein bisschen näher.
Was muss sich eigentlich ändern in Schleswig-Holstein, damit das Land nicht länger Schlusslicht der westdeutschen Flächenländer bei allen wichtigen Indikatoren ist?
Ich will es Ihnen sagen: In der Haushaltspolitik muss endlich der Schwerpunkt von den konsumtiven auf die investiven Ausgaben verlagert werden.
Während die Wirtschaft unter einem deutlichen Konjunktureinbruch leidet, erreicht die Investitionsquote in Schleswig-Holstein einen historischen Tiefststand von gerade einmal 9,3 Prozent. Wir hatten schon 1998 bei 9,6 Prozent geglaubt, den absoluten Tiefpunkt erreicht zu haben. Aber nein, es geht noch tiefer! Noch nie ist in diesem Land durch die öffentliche Hand weniger investiert worden. Wirtschaftlich positive Impulse mit nachhaltiger Wirkung gehen von dieser Landesregierung nicht wirklich aus.
Stattdessen fließt immer mehr Geld in die Verwaltung, in sogenannte Reformprojekte und in unzählige Modellversuche.
Die Wirtschaftspolitik des Landes muss sich mehr auf die traditionellen Stärken unseres Landes besinnen. Informationstechnik und New Economy sind zwar reizvoll, aber darüber darf eine verantwortliche Landespolitik nicht die traditionellen Industrien, weder die Werftindustrie noch die Bauwirtschaft vernachlässigen und vergessen.
Das Trauerspiel, das Sie, Frau Simonis, sich mit den Werften in unserem Land geleistet haben, ist ja erst vor wenigen Tagen offenkundig geworden. Monatelang sagen Sie den Unternehmen und den Gewerkschaften, dass der Landeshaushalt nichts mehr hergebe um weitere Komplementärmittel und damit Aufträge und Arbeitsplätze. Dann kommen einige hundert Werftarbeiter und die IG-Metall nach Kiel und Sie legen doch noch einmal nach.
Frau Simonis, das ist Ihre Art von Politik: sprunghaft, inkonsequent und ohne klare Linie. Politik nach Gusto oder nach Gutsherrenart.
Ich sage damit überhaupt nichts gegen die Werftenhilfe; ich finde sogar, Sie müssten den vollen Landesanteil erbringen, um auch den vollen Bundesanteil zu bekommen.
Aber die Art und Weise, wie Sie sich erst unter Druck setzen lassen, um dann auf einmal Wohltaten zu produzieren, die in Wirklichkeit keine sind, das hat mit sachgerechter Politik nichts mehr zu tun. Eines wird aber auch deutlich: Sie haben in der Finanzpolitik den Überblick verloren.
Das zeigt ja auch in aller Deutlichkeit Ihr Nachtragshaushalt, der heute auch zur Debatte steht und mit dem Sie die finanzpolitischen Fehler korrigieren müssen, die nicht nur in Ihrem Haus, Frau Erdsiek-Rave, begangen wurden. Wir werden mit einem Antrag zum Nachtrag die unsinnige Rücklage von 35,8 Mio. DM auflösen und damit ganz schnell Mittel freimachen für Investitionen im Lande, für Investitionen, die noch im Herbst dieses Jahres Arbeitsplätze sichern. Wir wollen die Gemeinschaftsaufgaben „Agrarstruktur und Küstenschutz“ und „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ um jeweils 10 Mio. DM aufstocken, 5,8 Mio. DM für den Straßen- und Radwegebau bereitstellen und die Städtebauförderungsmittel ebenfalls um 10 Mio. DM erhöhen. Die Verpflichtungsermächtigung für die Werfthilfe wollen wir soweit heraufsetzen, dass alle Bundesmittel abgerufen werden können.
In der Bauwirtschaft zum Beispiel haben Sie es doch selbst in der Hand, belebend und fördernd zu wirken. Sie selbst, Herr Minister Rohwer, räumen in Ihrem Interview in den „Kieler Nachrichten“ vom 7. September 2001 ein, dass Sie die Straßenbaumittel 2002 von 551 auf 520 Millionen Mark zurückfahren werden. Und dann machen Sie sich, Herr Minister, angeblich Sorgen um die Investitionsquote im Landeshaushalt. Diesen Widerspruch müssen Sie der Öffentlichkeit erst einmal erklären.
Auf der Bundesebene fordern Sie richtigerweise Maßnahmen für mehr Wachstum und kritisieren damit die Politik der „ruhigen Hand“ Ihres Kanzlers. Aber im Land selbst tun Sie nichts Konkretes für einen konjunkturellen Aufschwung, den wir dringend brauchen.
Ihr Landesvorsitzender dagegen, Herr Thönnes, will die Wirtschaft noch mehr belasten. Die Unternehmen müssten sich an den Integrationsmaßnahmen für Migranten finanziell „in erheblichem Umfang“ beteiligen, weil sie von der Zuwanderung profitierten, so konnten wir am 10. September im Schleswig- Holsteinischen Zeitungsverlag lesen. Das ist Wirtschaftspolitik á la SPD:
Die Wirtschaft belasten, Steuern erhöhen staatliche Wohltaten verteilen. Das ist nicht Schröders „neue Mitte“, das nähert sich schon den alten sozialistischen Parolen, die keine Zukunft mehr haben.
Gut, dass der Einfluss Ihres Landesvorsitzenden Thönnes zumindest auf die Politik in Schleswig-Holstein zu vernachlässigen ist.
Ihr Haushaltsplan, Frau Simonis, sollte erkennen lassen, wo im kommenden Jahr die Schwerpunkte in der Landespolitik liegen werden.
In wirtschaftlicher schwieriger Zeit zeigen Sie aber keine Lösungen auf, wie Sie, wie die rot-grüne Landesregierung in Schleswig-Holstein, die wirtschaftlichen Probleme meistern will. Sie setzen auf das vertraute „Weiter so“. Sie wursteln wieder vor sich hin, und Sie verschieben die Probleme auf kommende Generationen. Wer soll Ihnen denn noch glauben, dass Sie schon 2008 ohne neue Schulden auskommen wollen, wenn Sie 2002 die Nettoneuverschuldung noch auf über eine Milliarde DM festschreiben und damit nur knapp zehn Millionen DM unter der Verfassungsgrenze bleiben.
Dieser Haushaltsplan, den wir ab heute zu beraten haben, wird erheblich nachgebessert werden müssen. Der Offenbarungseid, Herr Möller, kommt für Sie mit der November-Steuerschätzung.
Schon vor den schrecklichen terroristischen Angriffen, deren Opfer wir heute morgen gedacht haben und deren wirtschaftpolitische Auswirkungen noch nicht absehbar sind, haben alle wirtschaftlichen Indikatoren nach unten gezeigt, bei uns in Schleswig-Holstein noch deutlicher als im Bund.
In der Mai-Steuerschätzung mussten bereits die Erwartungen an das Wirtschaftswachstum 2002 von 2,75 Prozent auf 2,27 Prozent revidiert werden. Die Folge waren Steuermindereinnahmen in der Planung für 2002 von 293 Mio. DM.
Ich sage Ihnen, Frau Simonis, im November bei der Nachschätzung kommt es noch dicker!
Auch 2002 wird das Wirtschaftswachstum unter 2 Prozent liegen. Weitere Einbrüche bei den Steuern werden die Folge sein.
Das war Ihnen natürlich auch schon im Sommer bei der Verabschiedung des Haushaltsentwurfs 2002 im Kabinett bewusst. Der Finanzminister hat deshalb schnell noch 2001 eine Kleine Rücklage von 30 Mio. DM eingeplant. Abgesehen von dem Unsinn, Rücklagen bei gleichzeitiger Kreditaufnahme zu bilden, wird dieser Betrag wohl wenig weiterhelfen.
Und weil Sie alle wirtschafts- und mittelstandsfeindlichen Beschlüsse der rot- grünen Bundesregierung im Bundesrat mitgetragen haben, Frau Simonis, können Sie jetzt nicht wie sonst Zeter und Mordio schreien, sondern Sie müssen sich Ihrer Regierungsverantwortung im Bund und im Land stellen.
Sie, Frau Simonis, stehen in der Mitverantwortung für:
Eine Steuerreform, die die großen Unternehmen entlastet, aber den Mittelstand schwächt. Für Schleswig-Holstein mit seiner mittelständischen Wirtschaftsstruktur eine geradezu katastrophale Entscheidung, der Sie im Bundesrat zugestimmt haben.
Die Gesetzgebung um die 630-DM-Regelung, die zum Beispiel die Gastronomie im Tourismusland Schleswig-Holstein vor schwerwiegende Probleme stellt.
Die Aufhebung der noch von der Regierung Kohl eingeführten Erleichterungen beim Kündigungsschutzgesetz, die gerade dem Mittelstand flexible Möglichkeiten geboten hatten, auf die Auftragslage zu reagieren und zu mehr Arbeitsplätzen statt mehr Überstunden geführt hätten. Auch dies war eine zutiefst mittelstandsfeindliche Maßnahme, zu der Sie als Schleswig-Holsteinische Ministerpräsidentin nie und nimmer hätten die Hand reichen dürfen.
Um nur einige Beispiele zu nennen.
Sie sind offenkundig auch nicht in der Lage, angesichts der dramatischen Konjunkturentwicklung finanzpolitisch die Weichen neu zu stellen. Sie sitzen vor dem mühsam zusammengebastelten Haushaltsentwurf wie das Kaninchen vor der Schlange: bewegungslos und ängstlich. Ich vermute deswegen, dass Ihre Zweifel an der Geschlossenheit ihres Kabinetts weitaus größer sind als der Mut zum Handeln.
Dabei gibt es doch das Beispiel Ihres Bundesfinanzministers. Der ist zwar der Ansicht, dass nationale Konjunktursteuerung in einer globalisierten Wirtschaft unmöglich sei, aber er will nach einer dpa-Meldung vom 11. September die „Ausgabenstruktur ändern und Konsumausgaben zu Gunsten von Investitionen umschichten“. Von Ihnen kommt bis jetzt kein derartiges Signal.
Sie haben auch bisher nicht zu erkennen gegeben, wie Sie finanzpolitisch auf die Herausforderungen reagieren wollen, die durch den schrecklichen Terroranschlag in New York und das offensichtlich auch den Norden der Bundesrepublik Deutschland berührende Terroristennetz reagieren wollen. In anderen von der SPD oder von rot-grün regieren Ländern sieht das anders aus. Sie haben in Ihrer gestrigen Pressekonferenz auf die Nachschiebeliste verwiesen und wollen bis dahin mit Umschichtungen im Haushalt des Innenministeriums auskommen.
In Nordrhein-Westfalen hat nach einer dpa-Meldung vom 15. September Innenminister Behrens (SPD) angekündigt, er wolle den Verfassungsschutz verstärken und neu ausrichten. In Niedersachsen will der dortige Innenminister Bartling (SPD) zusätzliche Stellen beim Verfassungsschutz und beim polizeilichen Staatsschutz schaffen. Das sind konkrete Maßnahmen, die Sie so bisher nicht beschlossen haben, weil Sie dafür keinen finanziellen Spielraum mehr haben. Sie haben beschlossen, was nichts kostet, aber mehr auch nicht.
Der von Ihnen heute vorgelegte Haushaltsplan für das Jahr 2002 erfüllt in keiner Weise die Anforderungen, die in schwieriger konjunktureller Lage an ihn zu stellen wären.
Die von Ihnen vorgenommenen Sparvorschläge tragen den konjunkturellen Erfordernissen in keiner Weise Rechnung. Im Gegenteil: Sie sparen sogar bei Förderprogrammen, die die Konjunktur beleben könnten, weil Ihnen intelligentere Schritte nicht einfallen.
Sie erfüllen zwar das auf unseren Druck hin zustande gekommene Wahlversprechen und schaffen 200 neue Lehrerstellen, aber Sie betreiben trotzdem Bildungsabbau in diesem Land. Da brauchen Sie nur in den jüngsten Bericht des Landes

rechnungshofes zu schauen, der die Defizite in der Unterrichtsversorgung detailliert aufschlüsselt. Und Ihre Pläne mit den Abendschulen schränken das Bildungsangebot gerade für diejenigen ein, die sich auf dem zweiten Bildungsweg oft unter erheblichen Entbehrungen mit eigenen Leistungen weiter qualifizieren und damit auch ihren Anspruch an den Begriff „lebenslanges Lernen“ erfüllen wollen. Sie haben es bis heute versäumt endlich einen Hochschulentwicklungsplan für unser Land vorzulegen, mit dem Sie verlässliche Rahmendaten für die schleswig- holsteinischen Hochschulen formulieren könnten und wursteln stattdessen vor sich hin.
Sie haben es auch nicht geschafft, wie die CDU-Regierung von Peter Müller im Saarland, die Schulzeit zu verkürzen. Stattdessen veranstalten Sie einen miserabel vorbereiteten Modellversuch, obwohl Sie doch von anderen Bundesländern lernen könnten, was dabei herauskommt. Auch hier fehlen Ihnen einfach Mut und Kraft zu weitreichenden Entscheidungen.
Sie sind trotz Ihrer angeblich doch so guten Kontakte zu den Gewerkschaften auch nicht in der Lage, die Verlängerung der Arbeitszeit für Beamte vernünftig umzusetzen, weil Sie sich nicht mehr an Ihr früheres Credo „verhandeln statt verordnen“ halten, sondern Politik nach Gutsherrenart betreiben, die vom DGB im Schleswig-Holsteinischen Zeitungsverlag vom 20. Juli sogar als „autistisch“ bezeichnet wird.
In der Verkehrs- und Wirtschaftspolitik ist die A 20 längst zum Symbol für Ihr Unvermögen und Versagen geworden. Während über diese Autobahn in Mecklenburg-Vorpommern schon der Verkehr rollt, gibt es in Schleswig-Holstein noch nicht einen Meter befahrbarer Strecke. Die objektiven Daten sprechen einfach gegen Sie und Ihre rot-grüne Verkehrspolitik. Daran können auch noch so viele Beteuerungen, die A 20 sei das wichtigste Infrastrukturprojekt des Landes nichts ändern, weil Sie auch hier nicht handeln.
Wir werden in den nächsten Monaten engagiert über Ihren Haushaltsentwurf diskutieren, aber Sie wissen wie wir, dass die ernsthaften belastbaren Haushaltszahlen erst im November vorliegen werden. Ich wünsche Ihnen das nicht, aber ich befürchte, Herr Möller, dass Sie bis dahin Ihren Entwurf in gravierenden Positionen verändern müssen. Alle jetzt erkennbaren Konjunkturdaten sprechen leider dafür, dass Sie um spürbare weitere Einschnitte nicht herumkommen. Ich bezweifele, dass Sie und Ihre Partei dafür die Kraft haben, und ich befürchte, dass Sie am Ende doch wieder neue Schulden machen werden.
Meine Fraktion wird sich nicht verweigern, wenn es darum geht an den richtigen Stellen zu sparen und sinnvolle Schwerpunkte zu setzen. Sie haben in den letzten Jahre 18 Vorschläge von uns übernommen, die aus unseren Alternativen zu den jeweiligen Landeshaushalten stammen. Dies allein zeigt schon, dass unsere Vorschläge so schlecht nicht sein können. Heute kündige ich Ihnen an, dass wir auch im November wieder einen Entschließungsantrag vorlegen werden, der eine grundlegende Veränderung der Finanzpolitik in diesem Land fordern wird. Wenn Sie uns auf diesem Weg folgen, werden wir auch gemeinsam Schritte zur Konsolidierung der Landesfinanzen starten können.
Wenn Sie es nicht tun, wird es Ihnen 2005 ergehen wie der SPD in Hamburg. Sie haben ja alle mit bekommen, dass nach der Sendung von Günther Jauch die Schleswig-Holsteiner die intelligentesten Menschen in Deutschland sind. Und wenn dies zutrifft, dann werden die Menschen in Schleswig-Holstein nicht wie in Hamburg 44 Jahre warten, bis sie Rot-Grün abwählen. Ich bin sicher, in vier Jahren ist die Wechselstimmung in Schleswig-Holstein genau so ausgeprägt wie am Sonntag in Hamburg. Und dann wird es auch bei uns zu dem Wechsel kommen, der endlich eine vernünftige Politik in Schleswig-Holstein, aber auch zwischen unseren beiden Ländern, ermöglicht.