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27.09.01
10:17 Uhr
CDU

TOP 53 Roswitha Strauß: Mit der Beschreibung des Elends ist es nicht getan!

LANDTAGSFRAKTION S C H L ES WI G - H O LS T EI N

Pressesprecher Bernd Sanders Landeshaus 24100 Kiel Telefon 0431-988-1440 Telefax 0431-988-1444 Internet: http://www.cdu.ltsh.de e-mail:info@cdu.ltsh.de
PRESSEMITTEILUNG Nr. 385/01 vom 27. September 2001
TOP 53 Roswitha Strauß: Mit der Beschreibung des Elends ist es nicht getan!
Über die Bedeutung des Handwerks gibt es keine zwei Meinungen. Sie ist herausragend sowohl für den Arbeits- und Ausbildungsmarkt als auch für die Wirtschaft in Deutschland und insbesondere in Schleswig-Holstein.
20 % der Arbeitsplätze, mehr als 30 % der Ausbildungsplätze werden in Schleswig- Holstein vom Handwerk bereitgestellt. Das Handwerk ist der ausbildungsintensivste Wirtschaftszweig. Das Handwerk bildet zudem erheblich über den eigenen Bedarf aus.
Ende 2000 waren noch knapp 145.000 Arbeitnehmer in über 20.000 Betrieben beschäftigt. Das Handwerk ist nach wie vor die stabilisierende Kraft für die Wirtschaft, die Arbeitswelt, den Ausbildungsmarkt und die gesamte Gesellschaft in Schleswig-Holstein. Dieser Aussage der Landesregierung ist nichts hinzu zu fügen.
Gerade deshalb sind die negative Entwicklung des Handwerks und die noch negativeren Perspektiven schwerwiegend und besorgniserregend für unser Land.
Vor diesem Hintergrund steht der Bericht der Landesregierung in einem eklatanten Missverhältnis zwischen analysierter Bedeutung und negativer Entwicklung des Handwerks auf der einen Seite und der Analyse der eigenen wirtschaftspolitischen Handlungsweise und notwendiger Maßnahmen der Landesregierung auf der anderen Seite.
Dies gilt insbesondere für die Ausführungen zu arbeitsmarktpolitischen und steuerlichen Maßnahmen, der Verstetigung der Baunachfrage und zur Ausschreibungs- und Vergabepraxis.
Ich werde auf diese Punkte später näher eingehen.
Fakt ist: Im Jahr 2000 lag das Beschäftigungsniveau 8,5 % unter dem Stand von 1996, das sind 13.432 Arbeitsplätze weniger als 1996! Ausweislich des Berichts der Landesregierung entwickelte sich das Handwerk deutlich schlechter als die Gesamtwirtschaft.
Und der negative Trend der vergangenen Jahre setzt sich ungebremst fort, die Konjunkturaussichten für das Handwerk sind düster. Wer die Statistiken für das laufende Jahr gelesen hat, weiß welche Folgen das für den Arbeitsmarkt in Schleswig- Holstein hat und noch haben wird.
Betroffen ist, wie schon in den vergangenen Jahren, insbesondere das Bauhauptgewerbe und das Kraftfahrzeuggewerbe. Der Zustand im Bauhauptgewerbe wird von den Kammern durchgängig als dramatisch bezeichnet.
Für diese negative Entwicklung stehen neben strukturellen Problemen wesentlich u.a. die zu hohen Lohnnebenkosten, Wettbewerbsverzerrungen, gestiegene Benzinpreise, zu hohe Steuern und Abgaben und in Konsequenz zunehmende Schwarzarbeit.
Die CDU-Fraktion hat den Berichtsantrag zur wirtschaftlichen Bedeutung und Entwicklung des Handwerk maßgeblich deshalb gestellt, weil wir von der Landesregierung wissen wollten mit welchen Maßnahmen sie der bedrohlichen Entwicklung begegnen will.
Die hierzu getätigten Aussagen zeugen mehr von gestörter Wahrnehmung, denn vom Willen, entschlossen zu handeln!.
Die Landesregierung bescheinigt sich, gute Grundlagen zur Verstetigung der Baunachfrage geschaffen zu haben. Die als Beweis gelieferte Aufstellung über die Investitionen im Hochbau für die Jahre 1990 bis 2000 beweist das Gegenteil.
Setzt man die Investitionsentwicklung ins Verhältnis zur steuerlichen Einnahmeentwicklung des Landes wird der kontinuierliche Abwärtstrend der Bauinvestitionen überdeutlich.
1990 hatte das Land (ohne steuerähnliche Abgaben) rund 7,17 Mrd. DM Steuereinnahmen im Jahr 2000 10,07 Mrd. DM, also knapp 3 Mrd. DM mehr! 1990 wurden noch 247,5 Mio. DM in den Hochbau investiert. 2000 waren es noch ganze 215,7 Mio. DM.
Ein Rückgang allein der Hochbauinvestitionen in Bezug auf die Steuereinnahmen von 38 % . Ähnliches gilt für den Straßenbau. Rechnet man die allgemeinen Kostensteigerungen hinzu, hat sich das Nettovolumen für die Bauwirtschaft halbiert.
Das einzige was sich verstetigt hat, ist der Abwärtstrend und das nicht nur bei der Baunachfrage. Über Missstände im öffentlichen Ausschreibungs- und Vergabeverhalten hat sich der Wirtschaftsausschuss bereits im Februar diesen Jahres grundlegend informiert. In Konsequenz der dargelegten Missstände hat die CDU-Fraktion bereits im Juni eine Initiative in den Landtag eingebracht, die in geänderter Form als fraktionsübergreifender Antrag einstimmig vom Landtag verabschiedet worden ist. Das Ziel ist die Sicherstellung eines fairen mittelstandorientierten Wettbewerbs, der Ausschluss von Dumpingangeboten und eine transparente Vergabepraxis.
Und zur Erreichung dieses Ziels, Herr Minister Rohwer, reicht es nicht, unverbindliche Absichtserklärungen abzugeben. Gefordert ist die Durchsetzung und aktive Kontrolle der Intentionen und gesetzlichen Regelungen der VOB.
Das ist der Auftrag des Parlaments an Sie Herr Minister Rohwer, und der Wirtschaftsausschuss wird die Umsetzung dieses Auftrages durch die Landesregierung kritisch begleiten.
Mit dieser Vorgeschichte und auch vor dem Hintergrund der Demonstration der Bauwirtschaft vor dem Landeshaus ist es schon ein starkes Stück, dass die Schmerzgrenze zur Peinlichkeit überschreitet, wenn die Landesregierung in ihrem Bericht kund tut, ich zitiere: „Es liegen keine Erkenntnisse vor, dass die Verwaltungen in den Kommunen bzw. in den Ministerien die Regelungen der VOB unterlaufen bzw. unterlaufen haben.“
Wenn alles bestens ist Herr Minister, wozu dann das 5 Punkte-Programm und wozu dann eine Informationsbroschüre?
Die CDU-Landtagsfraktion unterstützt die Landesregierung ausdrücklich in der Erkenntnis, bezüglich der Tariftreue ein Bundesvergabegesetz abzuwarten, und dass ein Landesvergabegesetz nicht notwendig und nicht geplant wird.
Nur, Herr Minister, hier bekommen Sie ein Problem mit Ihrer eigenen Fraktion.
Mit der Geschmeidigkeit des Medienmenschen die Wunschlage der Bauverbände ortend, hat der Kollege Müller auf der Nord-Bau zum „Tag der Bauwirtschaft“ fröhlich verkündet, dass nunmehr auch die SPD vehement für ein Landesvergabegesetz eintritt. Und Sie stehen mit Ihrer Position im Regen.
Die CDU-Fraktion sieht den diesbezüglichen Beratungen mit Interesse entgegen.
Einig sind wir uns auch darin, dass das Hauptübel für das Handwerk in der ausufernden Schwarzarbeit besteht. Die Ursache hierfür sind die viel zu hohen Lohnzusatzkosten.
Einig sind wir uns auch, dass mittels Kontrolle, Aufdeckung und Ahndung nur die Spitze des „schwarzen Bergs“ zu erreichen ist. Vordringlich muss daher die Senkung der Lohnzusatzkosten sein. Gibt es dazu eine Initiative der Landesregierung? Fehlanzeige!
Anstatt neue Riesenbeträge in das sogenannte „Job-Aqtive“-Gesetz zu pumpen, ist es zielführender, die Arbeitslosenversicherungsbeiträge zu senken.
Ich frage sie, in welchen ersten Arbeitsmarkt sollen denn die vielen Arbeitlosen vermittelt werden, wenn gerade hier die Arbeitsplätze massiv wegbrechen? Die Senkung der Arbeitslosenversicherung um 1 % reicht aber bei weitem nicht. Also müssen weitere Maßnahmen in Angriff genommen werden, aus denen sich Potentiale der Schattenwirtschaft insbesondere für das Bau- und Ausbaugewerbe gewinnen lassen.
Der steuerliche Abzug von Handwerkerrechnungen, auch von Privaten, kann hier eine Menge bewirken und würde sich durch höhere Wertschöpfung selbst finanzieren.
Meine Damen und Herren, die Landesregierung beschränkt sich mit ihrem Bericht auf die Beschreibung des Elends und verweist das Handwerk im übrigen auf Flexibilität und Mut zu kreativen und innovativen Lösungen.
Meine Damen und Herren, das ist in Teilen zynisch.