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30.09.02
13:46 Uhr
B 90/Grüne

Klaus-Peter Puls (SPD) und Karl-Martin Hentschel (Bündnis 90/Die Grünen) zum Volksabstimmungsrecht

Fraktion im Landtag PRESSEDIENST Schleswig-Holstein Pressesprecherin Claudia Jacob Landeshaus Düsternbrooker Weg 70 24105 Kiel
Durchwahl: 0431/988-1503 Zentrale: 0431/988-1500 Telefax: 0431/988-1501 Gemeinsame Presseerklärung Mobil: 0172/541 83 53 E-Mail: presse@gruene.ltsh.de von SPD und Internet: www.gruene-landtag-sh.de

Bündnis 90/Die Grünen 30.09.2002



Volksabstimmungsrecht wird reformiert
Nach sieben Jahren wird das schleswig-holsteinische Volksabstimmungsrecht erst- mals in inhaltlichen Fragen geändert. Insbesondere die Erfahrungen mit der Volksini- tiative „Schule in Freiheit“ und der Abstimmung zur Rechtschreibreform haben Lü- cken aufgezeigt. Das Ziel, Bürgerbeteiligung zu fördern und Politikverdrossenheit ab- zubauen, konnte nicht in dem Maße erreicht werden, wie es sich viele von der Ein- führung der direkten Demokratie auf Landesebene erhofft haben.
Mit den Erfahrungen der verschiedenen Volksinitiativen, Volksbegehren und Volks- absentscheiden, die in dieser Zeit stattfanden, haben die Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen eine Überarbeitung des Volksabstimmungsgesetzes und der zugrundeliegenden Regelungen in der Landesverfassung vorgenommen. Der ent- sprechende Antrag wird in der Oktober-Sitzung des Landtags in erster Lesung be- handelt werden.
Der innen- und rechtspolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, Klaus-Peter Puls, und der Vorsitzende der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Karl- Martin Hentschel, stellen die wichtigsten Änderungen vor:


1. Die Abänderung eines Volksentscheids wird gesetzlich geregelt:
Durch Volksentscheid zustande gekommene gesetzliche Bestimmungen können künftig innerhalb von zwei Jahren nur durch Zweidrittelmehrheit des Landtags oder einen erneuten Volksentscheid geändert werden. Damit wird eine Regelung über die Änderung von Volksentscheiden eingeführt, wel- che durch das Erfordernis einer qualifizierten Mehrheit im Parlament der Bedeutung des durch Volksentscheid zustande gekommen Gesetzes Rechnung trägt.
Die Tatsache, dass der Landtag seine Entscheidung über die Einführung der refor- mierten Rechtschreibung trotz eines dagegen gerichteten Volksentscheides lediglich auf allgemeine Rechtsgrundsätze, aber nicht auf eine ausdrückliche Ermächtigungs- grundlage stützen konnte, hat zu erheblichen Vermittlungsschwierigkeiten geführt. Mit der nun vorliegenden Änderung wird eine sowohl transparente als auch sachge- rechte Regelung geschaffen.


2. Das Verfahren im Landtag wird flexibler gestaltet, das Parlament kann die Anre- gung der Initiative aufgreifen und selbst entscheiden:
Der Landtag bekommt mehr Zeit, sich mit einer Volksinitiative auseinander zu set- zen, bevor ein Volksbegehren beantragt wird. Außerdem kann das Parlament nach erfolgreichem Volksbegehren dem Gesetzentwurf der Initiative innerhalb von sechs Monaten zustimmen und damit eine Volksabstimmung erübrigen. Durch die Mög- lichkeit der Fristverlängerung bis zu drei weiteren Monaten können Verhandlungen und Kompromisse in allen Phasen der Volksgesetzgebung ohne zeitlichen Druck ermöglicht werden. Breite öffentliche Debatten werden hierdurch gefördert.


3. Initiativen erhalten Anspruch auf Beratung durch das Innenministerium:
Die Volksinitiativen erhalten erstmals einen gesetzlich festgeschriebenen Anspruch auf Beratung über rechtliche Fragen durch das Innenministerium. Hierdurch können Situationen vermieden werden, in denen Initiativen erst nach erheblichem Aufwand feststellen müssen, dass die gewählten Formulierungen so nicht Inhalt eines Volks- begehrens sein können oder nach der Landesverfassung unzulässig sind.


4. Formulierungen können während des gesamten Verfahrens korrigiert werden:
Die Möglichkeit, noch während des Verfahrens Korrekturen vorzunehmen, sollen Angleichungen an geltendes Recht ermöglichen, sofern sie den Kern des Anliegens nicht berühren. Volksinitiativen, die mit der Sammlung von Unterschriften beginnen, bevor sie juristisch beraten wurden, sollen nicht an formalen Voraussetzungen scheitern. Eine Anpassung an Rechtsvorschriften soll nicht dazu führen, dass die I- nitiative wieder von vorne beginnen muss.


5. Die unabhängige Darstellung der Argumente wird ermöglicht: Vor der Durchführung eines Volksentscheides erhalten die Vertreterinnen und Ver- treter der Initiative und der Landtag Gelegenheit, den Bürgerinnen und Bürgern ihre Auffassungen und Argumente darzustellen. Damit wird – ähnlich den Rund- funkspots der Parten zur Wahl – beiden Seiten die Möglichkeit gegeben, für ihre Position zu werben. Wege, wie diese Informationsmöglichkeit konkret ausgestaltet wird, müssen dabei noch erarbeitet werden.


6. Die Möglichkeiten zur Unterschriftensammlung werden erweitert:
Unterschriften für ein Volksbegehren können in Zukunft auch außerhalb des eige- nen Wohnorts und mit Zustimmung der Kommunalbehörden ohne Einschränkung außerhalb amtlicher Räume, d.h. in Geschäften oder anderen Örtlichkeiten, zuge- lassen werden. Die bisherige Regelung sieht die Unterschriftensammlung vorrangig in amtlichen Räumen vor. Dies erschwert nach Erfahrungen früherer Initiativen das Erreichen der vorgeschriebenen Zahl an Unterschriften, insbesondere im ländlichen Raum.


7. Der Rechtsweg wird verbindlich geregelt:
Das Gesetz sieht künftig ausdrücklich die Zuständigkeit des Schleswig- Holsteinischen Oberverwaltungsgerichtes in Schleswig zur Überprüfung des Ab- stimmungsergebnisses vor. Nach der geltenden Regelung entscheidet der Landtag endgültig über Beschwerden gegen die Gültigkeit des Abstimmungsergebnisses. Nunmehr ist eine gerichtliche Prüfung möglich.


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Der Weg zum Volksentscheid
• Eine Volksinitiative sammelt 20.000 Unterschriften von Stimmberechtigten (= Wahlberechtigte zur Landtagswahl).
• Der Landtag prüft, ob die Initiative zulässig ist und ob diese Zahl an Unterschrif- ten erreicht wurde.
• Falls ja, befasst er sich mit dem Anliegen der Initiative im Landtagsplenum.
• Wenn er dem Anliegen der Initiative nicht zustimmt, kann diese ein Volksbegeh- ren beantragen. Dann liegt die abzustimmende Frage sechs Monate lang in den Gemeinden aus, die stimmberechtigten BürgerInnen können es durch ihre Un- terschrift unterstützen. • Unterschreiben in diese Zeit fünf Prozent der Stimmberechtigten, wird innerhalb von neun Monaten ein Volksentscheid durchgeführt. Den Termin bestimmt der Landtagspräsident.
• Die Vorlage ist angenommen, wenn die Mehrheit, jedoch mindestens ein Viertel der Stimmberechtigten zugestimmt haben (= sogenanntes Zustimmungsquo- rum).
• Dies ist in den Artikeln 41 und 42 der Landesverfassung und dem Volksabstim- mungsgesetz geregelt.