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20.06.03
12:43 Uhr
CDU

Jost de Jager: Stärkung der Hochschulen gefordert

Nr. 274/03 20. Juni 2003


IM SCHLESWIG-HOLSTEINISCHEN LANDTAG
PRESSEMITTEILUNG PRESSESPRECHER Torsten Haase Landeshaus, 24100 Kiel Telefon 0431-988-1440 Telefax 0431-988-1444 E-mail: info@cdu.ltsh.de Internet: http://www.cdu.ltsh.de
Hochschulpolitik TOP 7 und 27 Jost de Jager: Stärkung der Hochschulen gefordert Wir reden heute in verbundener Debatte über zwei hochschulpolitische Ereignisse in Deutschland, die unterschiedlicher nicht sein könnten und die zeigen, wer Hochschulpolitik nach vorne gewandt und wer sie rückwärts gewandt betreibt.
Am 03.06. leitet die Landesregierung einen Gesetzentwurf zur Änderung des Hochschulgesetzes dem Landtag zu, der Studiengebühren in Schleswig-Holstein grundsätzlich ausschließt. Damit setzt das Land Schleswig-Holstein die 6. Änderung des HRG um.
Auch andere Bundesländer beschäftigen sich mit der 6. Änderung des HRG. Am 23.05. reichen die Länder Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg, Saarland, Sachsen und Sachsen-Anhalt Klage beim Bundesverfassungsgericht gegen eben die gleiche 6. Änderung des Hochschulrahmengesetzes ein, die Studiengebühren in ganz Deutschland verbietet.
Es wird Sie nicht wundern: Wir lehnen die HSG-Novelle der Landesregierung ab und beantragen – zusammen mit der FDP – die Klage der genannten Länder zu unterstützen. Denn die Begründung ist schlüssig: Ein solches Verbot belässt den Ländern keine eigenen Handlungsspielräume mehr. Durch das unmittelbar geltende Verbot der Einführung von Studiengebühren greift der Bund nachhaltig in die Freiheit der Länder ein, über die Finanzierung der Hochschulen selbst zu entscheiden. Die Finanzierung öffentlicher Ausgaben und damit die Haushalts- und Finanzautonomie der Länder stellt das verfassungsrechtliche Hausgut der Länder dar, das durch das Hochschulrahmengesetz verletzt wird.
Die CDU-Fraktion schließt sich dieser Argumentation aus der Klagebegründung ausdrücklich an. Wie kommt der Bund eigentlich dazu, uns in Schleswig-Holstein vorzuschreiben, ob wir Studiengebühren erheben dürfen oder nicht? Dies hat etwas mit Föderalismus zu tun, und zwar jenseits aller Föderalismus- und Verfassungskonvente in Lübeck oder Brüssel, sondern hier geht es in einer praktisch politischen Frage darum, ob wir als Länder und das Land Schleswig-Holstein unser Recht einfordern oder nicht. Wir können uns alle Lübecker Erklärungen der Landesparlamente ersparen, wenn wir nicht in diesem konkreten Fall auf unser Recht pochen.
Das Hochschulrecht, die Hochschulpolitik ist der Kernbereich der Länder. Oder anders formuliert: Die Länderhoheit für Bildung allgemein ist das Kernstück unserer bundesstaatlichen Ordnung. Das hat die Kultusministerkonferenz am 12.06. in Rostock ebenfalls festgestellt. In dem Beschluss heißt es: „Auch die Hochschule ist ein Kernstück der Länderkompetenz. Auf jeden Fall ist das Hochschulrahmengesetz auf den Kernbereich der Durchlässigkeit und Mobilität zu reduzieren (z. B. Zulassung, Abschlüsse, Personal).“
Recht so! Bloß: Bitte vertreten Sie das nicht nur in der Kultusministerkonferenz, sondern auch im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Frau Erdsiek-Rave.
Wir unterstützen die Klage der 6 genannten Länder nicht nur aus rechtstheoretischen Überlegungen. Wir wollen die Freiheit der Länder zur Erhebung von Studiengebühren deshalb, weil wir von diesem Recht im Zweifelsfall auch Gebrauch machen wollen. Unser Antrag fällt in eine Zeit, in der sich die SPD mit dem Thema schwer tut, wie wir am Mittwoch erfahren haben. Viel Zeit wird Ihnen nicht bleiben.
Lassen Sie mich die Gelegenheit für einige grundsätzliche Anmerkungen und Argumente im Zusammenhang mit Studiengebühren nutzen.
Die CDU-Landtagsfraktion glaubt, dass Studiengebühren ein notwendiger Teil einer modernen Hochschulfinanzierung sind. Es geht hier auch um eine stärkere Eigenverantwortung, die in diesem Fall einhergeht mit Eigenbeteiligung.
Das hat überhaupt nichts damit zu tun, dass wir die Last für die Finanzierung der Hochschulen auf die Studierenden übertragen wollen. Im Gegenteil: Eine der Voraussetzungen für die Erhebung von Studiengebühren ist, das der Staat, in diesem Fall das Land, seinen Teil zur Sanierung des Hochschulwesens bereits im Vorwege erbracht hat. Es geht nicht darum, dass die eine Generation der Studierenden ein Notopfer leisten muss für die Studienbedingungen an der nächsten Generation von Studierenden, sondern es muss sichergestellt sein, dass der gebührenzahlende Studierende tatsächlich eine Verbesserung seiner Studienbedingungen auch spürbar erlebt.
Die Einführung von Studiengebühren ist unserer Auffassung nach an eine Reihe von weiteren Voraussetzungen gebunden:
1. Studiengebühren müssen sozialverträglich sein, d. h. es muss sichergestellt werden, dass diejenigen, die Studiengebühren nicht erbringen können, deshalb nicht vom Studium ausgeschlossen werden.
2. Die Einführung von Studiengebühren muss deshalb einhergehen mit dem Aufbau eines leistungsfähigen Stipendien- und Darlehenssystems, das es den Studierenden erlaubt, die Gebühren, unabhängig vom Einkommen der Eltern, zu entrichten.
3. Es muss sichergestellt sein, und das meine ich nicht nur als ein verbales Bekenntnis, dass die Einnahmen aus den Studiengebühren tatsächlich in vollem Umfang bei der jeweiligen Hochschule verbleiben. Die Studiengebühren dürfen weder beim Fiskus landen noch in einem allgemeinen Strukturfonds, der allen möglichen Hochschulen zugute kommt, aber nicht der Hochschule, an der der Gebührenzahler studiert. Nur so wird eine Verbesserung der Studienbedingungen auch darzustellen sein.
Es gibt, das gebe ich gerne zu, einige Punkte, die im Vorwege noch nicht beantwortet sind. So wird nachzudenken sein über unterschiedliche Höhen von Studiengebühren für unterschiedliche Hochschularten. Es macht keinen Sinn, die gleichen Studiengebühren für eine Fachhochschule zu erheben wie für eine Universität. Wir tendieren ebenfalls dahin, die Einführung von Studiengebühren für das ganze Land vorzusehen und nicht für einzelne Hochschulen.
Neben der Finanzierung haben die Studiengebühren noch einen weiteren Effekt: Sie verändern das Verhältnis der Studierenden zu seinem Studium und sie ändern seinen Status der Hochschule gegenüber ganz erheblich. Ich bin mir sicher, dass mit Erhebung von Studiengebühren der einzelne Studierende kürzer und intensiver studieren wird.
Vor allem aber wird der Studierende durch die Gebühren zu einem zahlenden Kunden seiner Hochschule. Dabei geht es nicht darum, dass das Verhältnis zwischen Lehrenden und Lernenden reduziert wird auf eine Geschäftsbeziehung, sondern es geht vielmehr darum, dass ein Studierender, wenn er für sein Studium einer jeweiligen Hochschule Gebühren zahlt, ganz andere Ansprüche an die Einrichtung setzen kann. Die Hochschule ihrerseits muss sich stärker um den Studierenden bemühen, weil er nämlich Geld bei ihr lässt und jeder Studierende, der mit einer Hochschule unzufrieden ist und abwandert, ein Verlust für diese Hochschule darstellt.
Deshalb glaube ich nicht, dass die Einführung von Studiengebühren zum Nachteil der Studierenden ist. Im Gegenteil: Ich glaube, dass sich die Studienbedingungen nachhaltig verbessern werden. Keine Studiengebühren zu erheben, mag der politisch einfache Weg sein. Er wird aber unsere Hochschulen im internationalen Vergleich ins Abseits führen. Das wollen wir als CDU-Fraktion verhindern.

Lassen Sie mich auf den Gesetzentwurf der Landesregierung zurückkommen, der nicht nur das Verbot von Studiengebühren beinhaltet, sondern auch die Abschaffung der Habilitation.

Denn ab dem Jahr 2010 ist hier in Schleswig-Holstein die Juniorprofessur in der Regel die einzige zulässige Eingangsvoraussetzung für eine Berufung auf einen Lehrstuhl. Die Habilitation ist damit ein Auslaufmodell. Technisch formuliert dürfen ab dem 01.01.2005, das ist in anderthalb Jahren, keine neuen Dienstverhältnisse als Oberassistenten mehr begründet werden, was de facto bedeutet, dass ab diesem Zeitpunkt keine Habilitationsverfahren mehr begonnen werden können. Damit wird schließlich und endlich auch hier in Schleswig-Holstein ein seit 1 ½ Jahrhunderten bewährtes Qualifizierungsverfahren für die Berufung auf einen Lehrstuhl in die Tonne gedrückt.

Und das ohne Not. Wir haben uns als Union von Anfang an für ein gleichwertiges Nebeneinander von Habilitation und Juniorprofessur ausgesprochen. Denn es ist ja unbestritten, dass in einer Reihe von Fachrichtungen die Habilitation in den vergangenen Jahren bereits immer weniger eine Rolle gespielt hat und in diesen Fächern auch gar nicht der beste Weg war, wissenschaftliche Leistung zu erlangen und zu dokumentieren. Dies gilt insbesondere für die naturwissenschaftlichen Fächer.

Nur in vielen anderen Fächern gilt dies eben nicht. In den Geisteswissenschaften, aber auch ganz dezidiert im Fach Jura ist die Habilitation eigentlich unverzichtbar. Und seitdem sind eine Reihe von Fragen offen geblieben, übrigens auch in dem vorliegenden Gesetzentwurf. So steht zu befürchten, dass die durchgehende Einführung der Juniorprofessur zu einer Verschlechterung der Verhältnisse für Forschung und Lehre an den Hochschulen führen wird.

Allein an der CAU sollen voraussichtlich 112 Juniorprofessuren eingerichtet werden. Nur reden wir hier nicht über zusätzliche Stellen, die geschaffen werden. Sondern wir reden davon, dass die bisherigen Oberassistentenstellen umgewandelt werden sollen in Juniorprofessuren, die im Unterschied zu den Oberassistenten allerdings vom Lehrstuhl unabhängig sind. Und damit geht den Lehrstühlen Personalausstattung verloren. Und das bei ohnehin ungeklärten Kosten. Der Gesetzentwurf und sein Begründungsteil, genauso wie der Bericht zum neuen Dienstrecht der Landesregierung vom Januar 2002 gehen davon aus, dass durch die Einführung der Juniorprofessuren zusätzlicher Mittelbedarf für Forschung und Lehre entstehen. Dies ist auch der Grund, weshalb die Bundesregierung ein auf 4 Jahre befristetes Programm aufgelegt hat, aus dem pro Juniorprofessur ein Pauschalbetrag von 60.000 € in die Hochschulen gegeben wird.

Was passiert allerdings, wenn diese Mittel auslaufen? Woher sollen diese zusätzlichen Mittel für die Juniorprofessuren kommen, ohne dass es insgesamt zu einer Verschlechterung der Ausstattung, der einzelnen Lehrstühle kommt. Nach dem vorliegenden Gesetzentwurf müssen sich die Lehrstühle die Mittel für die Juniorprofessuren aus den Rippen schneiden.
In beiden Punkten – den Studiengebühren wie die Juniorprofessuren – konzentriert sich Rot- Grün lieber die Ideologien vergangener Tage als auf die Modernisierung der Hochschulen.