Navigation und Service des Schleswig-Holsteinischen Landtags

Springe direkt zu:

Diese Webseite verwendet ausschließlich für die Funktionen der Website zwingend erforderliche Cookies.

Datenschutzerklärung

Pressefilter

Zurücksetzen
23.01.04
13:08 Uhr
CDU

Johann Wadephul: Keine Verfassungsänderung für Gesetze durch Volksentscheid

Nr. 51/04 23. Januar 2004
IM SCHLESWIG-HOLSTEINISCHEN LANDTAG
PRESSEMITTEILUNG PRESSESPRECHER Torsten Haase Landeshaus, 24100 Kiel Telefon 0431-988-1440 Telefax 0431-988-1444 E-mail: info@cdu.ltsh.de Internet: http://www.cdu.ltsh.de

Innenpolitik TOP 2 Johann Wadephul: Keine Verfassungsänderung für Gesetze durch Volksentscheid
Die CDU-Landtagsfraktion trägt die vom Innen- und Rechtsausschuss vorgeschlagenen Änderungen der Verfassung und des Volksabstimmungsgesetzes mit einer Ausnahme mit:
Wir lehnen das geplante „Haltbarkeitsdatum“ für Gesetze, die durch Volksentscheid zustande gekommen sind, ab. Wir teilen dabei die vom Innenminister in den Ausschusserörterungen vorgetragenen Bedenken:
1. Es gibt keine Notwendigkeit zur Änderung unserer Verfassung. Ein Blick auf die Verfassungssituation älterer Demokratien wie das Vereinigte Königreich und die Vereinigten Staaten von Amerika zeigt, dass Weniger meistens Mehr ist. Angesichts unserer Regulierungsdichte (eine Bundes- und 16 Landesverfassungen) sollten wir Änderungen auf das absolut Notwendige beschränken und auf Verfassungsbeständigkeit setzen. Die rot/grüne Argumentation zum vorliegenden Änderungsvorschlag überzeugt nicht. Denn: Wenn der Landtag in der Tat entschlossen wäre, ein innerhalb der letzten zwei Jahre durch Volksentscheid zustande gekommenes Gesetz zu ändern, dann müsste er sich das genau überlegen. Denken Sie nur an die von uns erlebte öffentliche Situation bei der Rechtschreibreform. Ich behaupte: Eine solche Korrektur wird ohnehin nur mit den Stimmen mindestens der beiden großen Fraktionen, also de facto mit 2/3 Mehrheit, zustande kommen. Eine Verfassungsänderung ist überflüssig.
2. Mehr noch: Die von Ihnen vorgeschlagene Verfassungsänderung erweckt nur den Eindruck, „Haltbarkeit“ zu gewährleisten. Tatsächlich wird sie gar nicht gewährleistet. In Ihrem dramatischen Appell vom Dienstag an uns, doch bitte zuzustimmen, nehmen Sie noch einmal auf die Rechtschreibreform Bezug. Es sei damals, so die Kollegen Fröhlich und Puls, der Eindruck entstanden, das Parlament können sich jederzeit und ohne weiteres über einen Volksentscheid hinwegsetzen. Dem wolle man mit dieser Initiative entgegenwirken. Doch weit gefehlt: Der Landtag hob damals den Volksentscheid mit Zustimmung aller auf; die von Ihnen vorgeschlagene Änderung hätte nichts bewirkt.
Deshalb halten wir Ihnen entgegen: Unsere Verfassung taugt für Placebo-Politik nicht. Unsere Glaubwürdigkeit bei den Bürgerinnen und Bürgern erhöhen wir auf diese Weise übrigens auch nicht.

3. Eine „nachhaltige Haltbarkeit“ erreichten Sie also allein, wenn man Volksentscheid-Gesetze generell der Änderungsbefugnis des Landtages entzöge. Damit wird jedoch deutlich, dass die vorgeschlagene Änderung verfassungssystematisch und verfassungspolitisch problematisch ist. Denn sie führte zu Gesetzen höherer Qualität – nämlich solchen mit „Haltbarkeitsdatum“ – und zu solchen minderer Qualität. Die letzteren dürften wir, das Parlament, meine sehr verehrten Damen und Herren, dann noch verabschieden. Parlamentsgesetze wären dann solche 2. Klasse. Denken Sie an unsere ruhmreichen Beschlussfassungen zu der „Diätenstrukturreform“. Dort haben wir das gesetzgeberische Kunststück vollbracht, ein Gesetz wieder aufzuheben, bevor es – juristisch gesehen – das Licht der Öffentlichkeit erblickte.
Dieses Beispiel zeigt in krasser Form die unterschiedliche Wertigkeit, die Rot/Grün Gesetzen geben will. Parlamentsgesetze können noch nach Beschlussfassung im Landtag und Unterzeichnung durch die Ministerpräsidentin noch „kassiert“ werden und Volksentscheid-Gesetze sollen eine „Haltbarkeit“ von zwei Jahren bekommen. Das degradiert das parlamentarische System. Sie hängen damit einem Ideal der Volksgesetzgebung an, welches schon in der griechischen Polis so nicht mehr angehimmelt oder praktiziert wurde.
Abschließend: Wenn Sie mehr Demokratie wollen, dann fangen Sie doch in Ihren eigenen Parteien an: In der CDU Schleswig-Holstein darf jedes Mitglied sofort mitbestimmen und –wählen.
Davon ist die Funktionärspartei SPD noch weit entfernt.
Die CDU-Landtagsfraktion wird der Verfassungsänderung nach Einführung eines sogenannten Haltbarkeitsdatums nicht zustimmen und damit ihren unausgegorenen Plänen Einhalt gebieten.