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17.06.10
19:01 Uhr
SPD

Martin Habersaat zu TOP 26, 29, 32: Erst denken, dann handeln - ernsthaft und politisch legitimiert!

Presseinformation der SPD-Landtagsfraktion

Kiel, 17.06.2010 Landtag Es gilt das gesprochene Wort! Sperrfrist: Redebeginn aktuell
TOP 26, 29, 32, Hochschulgipfel für Schleswig-Holstein, Hochschulpolitisches Konzept der Lan- desregierung, Erhalt des Wissenschaftsraums Schleswig-Holstein (Drucksachen 17/597, 17/602 und 17/606)

Martin Habersaat:

Erst denken, dann handeln - ernsthaft und politisch legitimiert!

In Fortbildungsseminaren gibt es eine interessante Übung, die Kreativität und Denken in neue Richtungen fördern kann, vielleicht haben Sie schon einmal davon gehört: Man sammelt Ideen, um das Gegenteil dessen zu bewirken, was man eigentlich erreichen möchte. Zum Beispiel fragt man angehende Lehrer: „Was muss ich tun, damit niemand etwas lernt?“ Hinterher dreht man die Überlegungen dann um und hat eine gute Grundlage für künftiges Arbeiten.

Zu so einem Gedankenexperiment möchte ich meine fünf Minuten hier nutzen: Was muss man tun, um eine Hochschullandschaft kaputt zu machen und kaputt zu behal- ten?

Maßnahme 1: Rasur Ich schaue, wo Erfolge und Leistungsstärken sind und rasiere dann die entsprechen- den Bereiche. Platz 1 in nationalen Rankings? Nobelpreisträger? Leibnitzpreise? Schnell weg damit, sonst setzt sich der Erfolg noch fest! Am besten, man untersagt Wachstum und Gut-Sein präventiv, wie Staatssekretärin Andreßen das mit Lübecker Initiativen gemacht hat.



Herausgeber: Landeshaus SPD-Landtagsfraktion Postfach 7121, 24171 Kiel Verantwortlich: Tel: 0431/ 988-1305/1307 E-Mail: pressestelle@spd.ltsh.de Petra Bräutigam Fax: 0431/ 988-1308 Internet: www.spd.ltsh.de -2-



Maßnahme 2: Amputation Wenn ich mich nicht traue, ganze Einrichtungen sofort zu schließen, amputiere ich zu- nächst wichtige Teile. Lübeck: Eine der besten medizinischen Fakultäten Deutschlands soll geschlossen werden, die Uni Lübeck 1.100 von 2.600 Studenten verlieren, auf Ausgründungen und Drittmittel soll künftig verzichtet werden. (Um den Effekt zu erhöhen, könnte man im Koalitionsvertrag behaupten, seine „Ent- scheidungen hierzu in Abstimmung mit der Universität Lübeck insbesondere auf das Ziel ausrichten, die künftige Entwicklung dieser Universität finanziell und strukturell besser abzusichern“, FDP und CDU tun das auf S.29), und man könnte bis kurz vor Toresschluss Kappungspläne leugnen. Und noch eine schaurig-schöne Randnote: Während die Einen meinen, wegen der gu- ten Arbeit der Uni Lübeck komme das Fraunhofer Institut, stellt die Regierung fest, wegen des Kommens des Fraunhofer Instituts die Arbeit der Uni beenden zu können.

In Flensburg werden mit den Wirtschaftswissenschaften 800 Studienplätze und der Teil mit den Ausgründungen und den Drittmitteln dichtgemacht, in Kiel wird das Exzel- lenzcluster „Entzündungen an Grenzflächen“ durch Wegfall des Partners gefährdet, frei werdende Stellen werden blockiert werden müssen, um Einsparpotentiale auch wirklich zu realisieren.

Für diesen Teil der Strategie hat der zuständige Minister das Wort von den „sektoralen Einschnitten“ erfunden. Wer einen sektoralen Schnitt setzen will, sollte als Werkzeug aber nicht den Bulldozer wählen!

Maßnahme 3: Helfer abschrecken Damit niemand von Außen zu Hilfe eilt, muss ich natürlich auch Auswärtige abschre- cken: -3-



Beispiel Universitätsrat - ich stelle ein Team von hochrangigen auswärtigen Professo- ren und Wissenschaftsexperten zusammen, im ganzen Land anerkannt und vernetzt, ignoriere dessen Vorschläge und zerschlage dann das Hochschulsystem, ohne diese Experten noch einmal anzuhören. Zynisch könnte ich dann noch nachtreten. Ich gestehe, diese Idee stammt eigentlich nicht von mir, sondern von Frau Funke, die sagte, der Rücktritt des Rates sei für sie nicht nachvollziehbar, und den Experten nachrief „gerade jetzt wäre ihre Unterstützung für die Hochschullandschaft Schleswig-Holsteins außerordentlich hilfreich“. (Skurrile Idee: Ich schlage einem Freund ins Gesicht und beklage dann, dass er gera- de dann geht, wenn Leute geschlagen werden.)

Beispiel Wissenschaftliche Kommission Niedersachsen: Ich bestelle bei einem unab- hängigen Expertengremium erst ein Gutachten für die Entwicklung der Universität Flensburg, warte dann mit meinen Entscheidungen dessen Ergebnis nicht ab und ha- be weitere Hochschulexperten vor den Kopf gestoßen.

Gut im Sinne unseres Gedankenexperiments: Damit wird dann auch gleich die Repu- tation des Landes als Wissenschaftsraum zerstört.

Die Maßnahmen 4, 5 usw. könnten folgen, aber dafür reicht die Zeit leider nicht.

Meine Damen und Herren von CDU und FDP: Sie haben jetzt Kreativität angeregt und Denkprozesse angestoßen. Jetzt ist dann Umdrehen gefragt, wenn man nicht wirklich nachhaltig Schaden anrichten will.

Aus unserer Sicht stellen sich für die Zukunft unserer Hochschullandschaft vier Fra- gen: 1) Was wollen wir wissenschaftspolitisch? 2) Was wollen wir gesellschaftspolitisch? -4-



3) Was wollen wir regionalpolitisch? 4) Was wollen wir finanzpolitisch?

Diese Fragen müssen wir gemeinsam und ernsthaft debattieren. Nachdem die Haus- haltsstrukturkommission von Sachkenntnis unbeschwert ihre Vorschläge unterbreitet hat, ist es jetzt an der Zeit, ernsthaft und politisch legitimiert zu beraten!

Alle Anträge haben im Kern gemeinsam, dass jetzt erst gedacht und dann gehandelt werden soll, deshalb sind alle zustimmungsfähig. Wenn Frau Schavan jetzt auch noch mitdenkt – umso besser!

Aber zunächst: Umdrehen! Einhalten! Nachdenken!