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18.06.13
16:06 Uhr
SPD

Kirsten Eickhoff-Weber zu TOP 9, 12, 20: Landesplanung aktiv gestalten

Es gilt das gesprochene Wort!
Kiel, 18. Juni 2013



TOP 9, 12 und 20, Gesetzentwürfe zur Landes- und Raumordnungsplanung, Antrag zu einer gemeinsamen Landesplanung mit Hamburg (Drucksache 18/885, Drs. 18/898, Drs. 18/821 Drs. 18/874)



Kirsten Eickhoff-Weber :
Landesplanung aktiv gestalten



Ich freue mich sehr, dass unser Parlament der Landesplanung heute so großen Raum gibt. Wir wollen ein gutes soziales Umfeld, wollen gute Arbeit, wertschöpfende Wirtschaft, nachhaltige Innovationen, eine zeitgemäße Infrastruktur, wir wollen natürliche Ressourcen sichern und die Natur schützen, wir brauchen langfristige Perspektiven und wir wollen im Blick behalten, wie wir alle in der Welt von morgen miteinander leben wollen. Dafür brauchen wir Planung. Das ist für uns keine Beschränkung, für uns ist es das zentrale Gestaltungsinstrument.
Landesplanung braucht heute eine stärkere Strategieausrichtung, Zukunftsbilder und Visionen. Wir dürfen nicht nur reagieren und hinterherrennen, wir müssen agieren und vorausschauen. Dafür schafft die Neufassung des Landesplanungsgesetzes die Voraussetzungen. Große Sympathien habe ich dafür, diese Planung in Regionen zu denken.
Dass es uns ernst ist mit Planungen, die über den Tellerrand hinausgehen, dass wir das Kirchturmdenken überwinden wollen, sehen Sie auch daran, dass wir die Kommunalisierung der Regionalplanung wieder zurückgenommen haben. Wir wollen Schleswig-Holstein in starken Regionen denken. Regionen, in denen die Kommunen offensiv gestalten können. 2



Mit dem neuen Landesplanungsgesetz, Ministerpräsident Albig hat es vorgestellt, wird die Zahl der Planungsräume auf künftig 3 festgelegt. Den fachlichen Ansatz der Landesregierung teilen wir: Regionen und funktionierende Verflechtungen werden ebenso abgebildet wie die großen Entwicklungsachsen.
Lassen sie mich hier ein paar Worte zu der besonderen Situation Neumünsters sagen. Neumünster ist und bleibt Teil der Metropolregion und das ist gut so! Durch das regionale Entwicklungskonzept für die Region im Bereich der Landesentwicklungsachse A7 zwischen Hamburg und Neumünster (kurz: REK A7 Süd) und die Städtepartnerschaft Nordgate ist die Einbindung in diesen Entwicklungsraum gesichert und niemand stellt das in Frage.
Neumünster ist auch ein Oberzentrum in der Mitte des Landes mit viel Verantwortung für die Menschen in der Region. Daher ist es nur konsequent, Neumünster auf der Regionalplanebene im Planungsraum 2 einzubinden. Das spiegelt die tatsächlichen Verflechtungen in der Region wider. Verwaltungsgemeinschaften, interkommunale Gewerbegebietsentwicklung, Schul- und Bildungsangebote in der Region und und und. Dass die Landesregierung der Stadt diese Scharnierfunktion zutraut, ist ein Vertrauensbeweis. Neumünster ist gut beraten, diesen als Herausforderung und Chance anzunehmen. Entspricht es doch dem historisch gewachsenen Selbstverständnis der Stadt und ihrer Bürgerinnen und Bürger, Oberzentrum in der Mitte des Landes zu sein. Die Spinne im Netz – wie die Neumünsteraner es gerne beschreiben.
Die vernünftige und sachgerechte Vergrößerung der Planungsräume ist keine Einschränkung der regionalen Entwicklungsmöglichkeiten, im Gegenteil. In der Zukunft wird Schleswig-Holstein regional unterschiedliche Veränderungen erleben. Diese Veränderungen können wir gestalten, wenn wir wollen. Ich meine: Wir sollten es wollen und wir sollten es tun. Gute Beteiligungsprozesse, echte Partizipation und der klare Blick darauf, wie wir morgen leben wollen, ermöglichen es, unsere Regionen zu stärken und attraktiv zu gestalten.
In Zeiten des demografischen Wandels und des damit einhergehenden Fachkräftemangels wird es einen zunehmenden Wettbewerb der Regionen und Städte um Mitbürger und Mitbürgerinnen geben. Wirtschaft wird nur da florieren, wo ausreichend Arbeitskräfte leben. Menschen folgen nicht nur den harten Fakten, sondern suchen sich ihren Lebensort vor allem nach den weichen Standortfaktoren aus: Bildung, Kultur, Sport, Freizeit, gesunde Umwelt und lebendige Natur in 3



schöner Landschaft sind die Merkmale attraktiver Regionen. Und eine Chance für Schleswig- Holstein.
Gute Planungsinstrumente engen nicht ein, sie schaffen stattdessen Freiräume. Wir werden diese Freiräume brauchen, wenn wir mit unseren Stärken mit und neben Hamburg bestehen wollen. Wenn unser ländlicher Raum mit seinen zentralen Stärken, eine selbstbewusste Alternative zur Re-Urbanisierung sein soll und wenn es unsere Städten gelingt, mit ihren Aufgaben und Kompetenzen lebendige Orte zu sein, in denen Menschen miteinander leben und arbeiten möchten, dann sind wir gut aufgestellt.
Vor allem kommt es aber auf Öffentlichkeitsorientierung und Mitwirkungsmöglichkeiten auch für Bürgerinnen und Bürger an. Es kommt darauf an, Modernisierungsprozesse zu moderieren, Beteiligung nicht nur möglich zu machen sondern wirklich zu wollen, Stärken herausarbeiten und die solidarische Gesellschaft fördern – in der Stadt ebenso wie im ländlichen Raum.
Seit einigen Jahren erleben wir in Deutschland eine Fortschreibungswelle von Plänen und Programmen auf Landesebene. Sie können sich vorstellen, dass es mir da gefällt, dass Landesplanung in Schleswig-Holstein Chefsache ist. Es macht deutlich, dass in unserem ambitionierten Fortschreibungsverfahren die Top-Themen ganz oben Raum bekommen: darunter der demografische Wandel, die großen Linien der Landesentwicklung und das Zusammenspiel zwischen der Entwicklung unseres Landes und der unserer Nachbarn.
Schleswig-Holstein und Hamburg arbeiten ausgezeichnet zusammen:  grenzüberschreitende Zusammenarbeit bei Feuerwehr und Rettungsdiensten,  das Hanse-Office als gemeinsame Auslandsvertretung in Brüssel, St. Petersburg und Danzig,  die Landesmedienanstalt  Verwaltungskooperationen wie Dataport, ein gemeinsames Statistisches Amt, Eichdirektion Nord, oder  bald die Angleichung im Bereich von fairem Wettbewerb und Korruptionsbekämpfung, 4



zeugen davon, wie ernst es uns mit der Zusammenarbeit ist. Nicht zuletzt die Enquete- Kommission „Chancen und Risiken einer norddeutschen Kooperation“ hat deutlich gemacht: Ein enger Verbund im Norden kann die Wirtschaft ankurbeln, Haushalte entlasten, den Bürgerinnen und Bürgern unmittelbar nützen, den gesamten Standort stärken und die Durchsetzung gemeinsamer Interessen im Bund und in Europa erleichtern.
Ja, Hamburg ist eine pulsierende Metropole, Hamburg ist eine Stadt mit Sogwirkung. Nachbar von Hamburg zu sein, ist Chance und Herausforderung, die es zu gestalten gilt. Wir wollen Hamburg und Schleswig-Holstein als eine Region denken und gestalten und zu einer gemeinsamen Wirtschafts- und Verwaltungsregion entwickeln und ausbauen.
Schleswig-Holstein ist dabei nicht der Hamburger Rand, wir stehen nicht am Rand. Und wir haben auch keinen Hamburger Speckgürtel, den man nach Bedarf absaugen kann. Schleswig- Holstein ist in der zukünftigen Entwicklung ein Partner, ein Nachbar auf Augenhöhe. Wir haben unsere eigenen Stärken, die wir einbringen können.  Wenn wir auf die Potentiale und Innovationskraft unserer Wirtschaft setzen,  wenn wir dafür sorgen, dass bei uns im Norden die Fachleute ausgebildet werden, die moderne, innovative Wirtschaft und Forschung leisten wollen und können,  wenn wir im Tourismus, in der Gesundheitswirtschaft, bei der Wohnqualität und bei vorbildlicher Infrastruktur einen Zahn zulegen,
dann können wir im Verbund mit Hamburg unseren eigenen, gleichwertigen Teil zur Kooperation beitragen. Und das sollten wir auch tun.
Ganz sicher gehört zu all dem auch eine gute Kooperation in der Landesplanung. Ein gemeinsames Koordinierungsgremium, das sich regelmäßig trifft und Planungsansätze austauscht, wäre dafür eine gute Plattform. Als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten ist es uns ein Anliegen, eine solidarische Gesellschaft zu gestalten. Ein wichtiger Aspekt ist dabei die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse. Worauf wir in Schleswig-Holstein dabei vor allem blicken sollten, ist die Zukunft des ländlichen Raums. Die enge Zusammenarbeit mit Hamburg ist das eine, die Regionalplanung in Schleswig-Holstein etwas anderes. Beides werden wir im Blick behalten. 5



Den Antrag der Piraten möchte ich zum Anlass nehmen, noch einmal die Stärken von Partizipation und offenem Dialog zu betonen. Wir sind gerade dabei auszuloten, was mit Teilhabe und Beteiligung alles möglich ist. Ich bin überzeugt davon, dass wir damit noch längst nicht am Ende sind, im Gegenteil: Wenn wir weiter in die Dialogprozesse einsteigen, werden wir darin Chancen finden, an die wir jetzt noch gar nicht denken.
Ich glaube, dass wir aus diesen Prozessen lernen können, auch für die Partizipation an Planungsprozessen, an gesellschaftlicher Zukunftsgestaltung. Daher bin ich skeptisch, wenn es darum geht, sich nicht nur sklavisch an früher getroffene Entscheidungen zu klammern, sondern dies auch noch gesetzlich zu betonieren. Im Detail können wir das gern im Ausschuss weiter diskutieren.
Ich beantrage Überweisung aller vier Drucksachen in den Wirtschaftsausschuss und in den Innen- und Rechtsausschuss.