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25.09.13
11:19 Uhr
B 90/Grüne

Eka von Kalben zum Landeshaushalt 2014

Presseinformation

Landtagsfraktion Schleswig-Holstein Es gilt das gesprochene Wort! Pressesprecherin Claudia Jacob TOP 8, 9, 16, 17, 18, 52 – Haushaltsplan 2014 Landeshaus Düsternbrooker Weg 70 24105 Kiel Dazu sagt die Vorsitzende Telefon: 0431 / 988 - 1503 der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Fax: 0431 / 988 - 1501 Mobil: 0172 / 541 83 53 Eka von Kalben: presse@gruene.ltsh.de www.sh.gruene-fraktion.de
Nr. 354.13 / 25.09.2013

„Mit dem Landeshaushalt 2014 meistert die Landesregierung den Spagat zwischen Schuldenbremse und Aufbruch“

Herr Präsident/Frau Präsidentin, meine Damen und Herren,
Wir haben heute schon viel über Zahlen gehört, über die Höhe der Nettoneuverschul- dung, Zensusmittel und Personalabbau. Hinter all diesen Zahlen aber steht konkrete Politik:
Ein Zuschuss zum Kindergartenplatz Die Finanzierung eines Ausbildungsplatzes in der Altenhilfe Die Sanierung der Landesstraße in Lauenburg
Haushaltspolitik ist Gestaltungspolitik, ist eine Mischung aus Sachzwang, Pflichtaufga- ben und möglicher eigener Schwerpunktsetzung. Wir gestalten und wir gestalten nach dem Prinzip der Nachhaltigkeit.
Das zeigt sich sowohl bei der Frage, wie die Schuldenbremse umgesetzt wird, als auch bei der Frage, wo Schwerpunkte gesetzt werden.
Für meine Fraktion liegen die Schwerpunkte auch beim Haushalt 2014 auf Investitionen in Bildung und Klimaschutz. Uns geht es bei Investitionen um die Zukunft in Schleswig- Holstein - und nicht nur um das Hier und Heute zwischen den Wahlen.
Wir üben Solidarität mit den zukünftigen Generationen. Wir wollen, dass auch spätere Generationen in Schleswig-Holstein noch die Freiheit haben, so zu leben wie sie wollen, die Möglichkeit haben, zu gestalten.
Seite 1 von 5 Albert Camus formulierte es einmal wie folgt: Die Freiheit besteht in erster Linie nicht aus Privilegien, sondern aus Pflichten.
Ja, unser Haushalt ist in der Tat ein Haushalt der Pflichten und der Altlasten: Schulden in Höhe von 23 Milliarden Euro, Zinsen, Pensionszahlungen, die Instandsetzung maro- der Infrastruktur. All das frisst den Großteil unserer Steuergelder auf.
Aber daneben steht die Herausforderung, den Haushalt und das Land zu sanieren, um der nächsten Generation weniger Pflichten und mehr Gestaltung zu ermöglichen, als es zurzeit der Fall ist. Ein Mehr an Freiheit.
Meine Damen und Herren wir danken Frau Ministerin Monika Heinold und all ihren MitarbeiterInnen für den vorge- legten Haushaltsplan. Ein Haushaltsplan, der den Geist der Küstenkoalition atmet, den Geist von Nachhaltigkeit und Modernisierung.
In der vergangenen Legislaturperiode hat eine sogenannte Haushaltsstrukturkommissi- on in Zusammenarbeit mit dem Landesrechnungshofpräsidenten Altmann, Eckpunkte für einen Haushalt ausgeklüngelt.
Das war Hinterzimmerpolitik vom Feinsten. Nicht nur die Opposition, auch die gesell- schaftlichen AkteurInnen bleiben vor der Tür. Dialog? Das war nicht ihr Ding. Wir wollten das anders machen und wir machen das anders.
In der Bildungspolitik, beim kommunalen Finanzausgleich, bei der Energiewende. Diese Regierung führt allerorten Gespräche wie keine andere. Und das bieten auch wir als Fraktion zu den Haushaltsberatungen an.
Mit dem Landeshaushalt 2014 meistert die Landesregierung den Spagat zwischen Schuldenbremse und Aufbruch.
Und: Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Ab heute steht dieser Haushalt zur Diskus- sion, wir sind sehr gespannt auf die konstruktiven Vorschläge der Opposition.
Liebe Opposition, Der Wahlkampf ist vorbei, bis zur nächsten Wahl ist es noch lange hin. Wie wäre es, wenn sie mitmachten und uns nicht nur Fundamentalopposition und billigen Populismus anbieten?
Was wir als Grüne Landtagsfraktion in Oppositionszeiten geschafft haben, muss doch auch für eine große Volkspartei wie die CDU machbar sein: Die Erarbeitung eines alter- nativen Haushaltsentwurfes, der konstruktiv, kreativ und finanzierbar ist!
Ich fordere Sie auf: Nennen Sie uns Ihre Ideen, Ihre durchgerechneten Konzepte, die das Land voranbringen. Lassen Sie uns in der Sache miteinander streiten, denn das tut unserer Demokratie gut.
Meine Damen und Herren, die konjunkturellen Rahmenbedingungen sind unzweifelhaft günstig, die Steuereinnah- men sind höher als wir noch zu Regierungsantritt der Küstenkoalition hoffen durften.
Zusätzlich geben uns die Zensusergebnisse die nötige Beinfreiheit, deutliche Akzente zu setzen und die Ziele unseres Koalitionsvertrages mit Leben zu erfüllen.
Bei uns stehen Bildung, Klimaschutz und Schuldenabbau im Mittelpunkt, und immer, 2 wenn wir finanziellen Spielraum haben, werden wir diese Zielsetzung mit Beschlüssen unterstützen. So haben wir es mit den Zensusmitteln gemacht, so werden wir es beim Haushaltsabschluss 2013 machen, und so werden wir es in den nächsten Jahren ma- chen.
Deshalb investieren wir mehr Mittel als geplant in den Erhalt unserer maroden Infra- struktur. Erhalt statt Neubau, das ist unser Credo.
Mit unserem Sondervermögen für die Hochschulen können Klimaschutzmaßnahmen an der häufig maroden Bausubstanz der Hochschulen endlich in Angriff genommen wer- den. Das spart Betriebskosten in der Zukunft. Das hilft dem Klimaschutz. Das schafft Aufträge für den Mittelstand. Und es schafft bessere Studienbedingungen in Kiel, in Lü- beck, in Flensburg und an den Fachhochschulen im Land.
Denn eines ist auch klar: Wir müssen in die Köpfe investieren, nur so kann unser Land zukunftsfähig werden. Wenn wir jungen Menschen gute Studienbedingungen in Schles- wig-Holstein bieten und sie sich hier beheimaten, ist das eine gute Chance für uns, dem drohenden Fachkräftemangel etwas entgegen zu setzen.
Auch deshalb ist Bildung die entscheidende Antwort auf die Herausforderungen der Zu- kunft.
Bildung fängt aber bereits bei den Kleinsten an. Die Kita, wie wir sie verstehen, ist kein Aufbewahrungsort, sondern ein Bildungsort. Wo wäre das wenige Geld, das wir zu ver- teilen haben, also besser aufgehoben als hier, in den Kindertagesstätten? Für eine Un- terstützung der Kommunen bei der Finanzierung des Betreuungsangebotes für die Kin- der unter drei Jahren werden im Jahr 2014 bereits zusätzlich 30 Milo. mehr als von der alten Landesregierung geplant zur Verfügung gestellt. Der Betrag wächst bis zum Jahr 2017 auf 80 Mio. Euro auf. Jeder Euro, den wir heute in die Bildung investieren, wird sich in Zukunft mehrfach amortisieren.
Neben den Schwerpunkten Bildung und Klimaschutz sind wir zum Abbau unserer Schul- den und der Sanierung der Landesfinanzen verpflichtet.
Wir halten geraden Kurs auf dem Abbaupfad. Unsere Finanzministerin hat uns einen Haushaltsplan vorgelegt, nach dem wir mit Sicherheit im Jahr 2020, wenn die Konjunk- tur gut läuft sogar schon früher, einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen werden.
Das ist schon weit mehr als Licht am Ende des Tunnels. Wir sind auf einem sehr guten Weg. Die Anstrengungen, die wir BürgerInnen zumuten müssen, lohnen sich.
Denn wir haben nicht nur die Altschulden und Pensionsverpflichtungen der letzten Jahr- zehnte im Gepäck, wir haben auch noch die Schulden an der Infrastruktur und die Her- ausforderungen des demographischen Wandels zu meistern.
Auch Straßen, Brücken und der Nord-Ostsee-Kanal, genauso wie öffentliche Gebäude die man jahrzehntelang nicht oder unzureichend gepflegt hat, sind Schulden. Diese Schulden stehen nicht in Bilanzen, stehen weder im Landes- noch im Bundeshaushalt.
„Erhalt statt Neubau“ ist die Maxime Grüner Verkehrspolitik. Wir können uns nicht bei- des leisten.
Richtig wäre es gewesen, für jeden Neubau in öffentlicher Hand – Straße, Brücke, Tun- nel oder Kanal eine Rückstellung zum Erhalt einzuplanen, die der natürlichen Abnut- 3 zung entspricht. Dieses wurde versäumt, und wir werden noch mehrere Jahre brau- chen, bis wir den finanziellen Rückhalt haben, um dieses mit Hilfe der Doppik sicher zu stellen. Nur wenn diese Kosten von vornhinein eingepreist werden, werden die Kosten auf lange Sicht transparent und manche Wirtschaftlichkeitsrechnung wird anders – wahrscheinlich ehrlicher und realistischer aussehen.
Den Diskussionen zu Generationenbilanzen, die wir dazu auf Anregung der FDP im Fi- nanzausschuss führen wollen, schaue ich mit Spannung entgegen.
Meine Damen und Herren, Die Koalition aus SPD, Grünen und SSW hat es sich zum Ziel gesetzt, eine Haushalts- und Wirtschaftspolitik zu entwickeln, die Lebensqualität für alle schafft, ohne Umwelt, Natur und unsere natürlichen Lebensgrundlagen zu zerstören.
Wir wollen gemeinsam eine gerechte Gesellschaft schaffen, in der niemand ausge- schlossen ist von Bildung und Arbeit und einem Leben in Würde.
Mit der Energiewende übernehmen wir eine weltweite Vorreiterrolle. Damit können wir in Schleswig-Holstein zeigen, dass es möglich ist, den Umbau zu einer klimafreundli- chen Energieversorgung zu schaffen. Wir können dem stockenden internationalen Kli- maschutz so ganz neue Impulse geben und die drohende Klimakatastrophe noch ab- wenden.
Gleichzeitig können innovative UnternehmerInnen mit diesen politischen Rahmenbedin- gungen tausende neue Jobs schaffen und alte Abhängigkeiten vom Import teurer Roh- stoffe wie Kohle, Öl und Gas werden beseitigt.
Die Wirtschaft, die wir brauchen, soll Wohlstand für alle schaffen. Und deshalb investie- ren wir mit unseren Haushaltsmitteln in nachhaltige Wirtschaft und Energiewendepro- jekte. Wie z.B. in Speichertechnologie in Itzehoe und in Windenergie an der Westküste
Wir setzen auf eine nachhaltige Wirtschaft als Leitbild. Bisher wird unsere Wirtschaft fast ausschließlich anhand ihres Wachstums beurteilt. Die Fixierung von Politik und Medien allein auf das Bruttoinlandsprodukt hat uns in die Irre geführt.
Über die wichtigsten Dinge, die das Leben lebenswert machen, sagt das BIP nichts aus. Was ist mit Gesundheit? Was ist mit Kultur? Was ist mit einer intakten Natur? Ist Wachstum mit Umweltzerstörung und Ungerechtigkeit erkauft, kann es uns unterm Strich sogar ärmer machen.
Ich kenne viele Menschen, denen die Summe auf dem Gehaltsscheck weniger wichtig ist als das Arbeitsklima. Menschen, denen die Qualität ihrer Arbeit, ihres Handwerkes mehr wert ist, als die Summe, die sie dafür erhalten.
Deshalb brauchen wir einen neuen Gradmesser für Wohlstand und Lebensqualität – ei- nen neuen Wohlstandsindikator, der die soziale und ökologische Dimension des Wohlstandes mit umfasst. Wir wollen eine Wirtschaft, die den Menschen und nicht Märkte in den Mittelpunkt stellt.
Meine Damen und Herren, Neben diesen großen Rädern, die wir zu drehen haben, setzen wir im Landeshaushalt auch ganz kleine, spürbare, Akzente. Akzente von Humanität.
Ich danke der Gesundheitsministerin, dass sie ein uns wirklich wichtiges Anliegen in 4 den Entwurf aufgenommen hat. Die medizinische Versorgung von Menschen per ano- nymen Krankenschein.
Der anonyme Krankenschein soll Menschen, mit ungeklärtem Aufenthaltsstatus Zugang zu medizinischer Versorgung geben. Dies sind kleine Maßnahmen in einem Landes- haushalt, aber existenzielle Maßnahmen für die betroffenen Menschen.
Wenn dies auch als „Grüne Spielwiese“ abgetan wird, ist dies an Zynismus nicht zu ü- berbieten. Menschen haben, unabhängig von ihrem Aufenthaltsstatus, ein unveräußer- liches und unabdingbares Menschenrecht auf Gesundheit. Kranke Menschen ohne Pa- piere sind abhängig von inzwischen etablierten Parallelsystemen, wie zum Beispiel der medizinischen Flüchtlingshilfe, die jedoch nicht allerorts vorhanden sind.
Nichtstaatliche Organisationen zur medizinischen Versorgung dieser Gruppe können keine verlässliche und ausreichende Versorgungsstruktur bieten, da sie größtenteils eh- renamtlich und auf Basis privater Spenden operieren. Wir können diese wichtige Aufga- be nicht dem Ehrenamt allein überlassen. Darum bin ich so froh, dass wir uns mit unse- ren Koalitionspartnern auf eine neue und humane Regelung verständigen konnten.
Meine Damen und Herren, Ich möchte zum Schluss noch einmal zum Zusammenhang von Nachhaltigkeit und Freiheit zurückkehren. Freiheit ist für uns Grüne nicht der Verzicht auf Spielregeln, und es ist mehr als der Verzicht auf staatliche Regulierungen.
Freiheit im grünen Sinne bedeutet, für künftige Generationen die Freiheitsrechte zu be- wahren: Die Freiheit, gesundes Wasser zu trinken und saubere Luft zu atmen, die Frei- heit, seinen eigenen Weg zu gehen, ohne den oft erwähnten Schuldensack tragen zu müssen. Die Freiheit, sicher zu leben, ohne Angst zu haben, dass der Klimawandel für vermehrte Sturmfluten sorgt oder die Ernte hinweg fegt. Die Freiheit von giftigen Altlas- ten in unseren Böden und atomar verseuchtem Müll in den Zwischenlagern.
Freiheit bedeutet für uns auch die Freiheit der nachfolgenden Generationen. Das ist der große Unterschied zwischen dieser Küstenkoalition und denjenigen in der Opposition, die heute ihr Freiheitsfähnchen in den Wind hängen und den Verzicht auf Spielregeln mit Freiheit verwechseln.
Mit dem heutigen Tag beginnt die parlamentarische Beratung. Meine Fraktion freut sich darauf. Und ich sage „Herzlich Willkommen“ zu allen, die spannende Ideen haben, um den guten Entwurf der Landesregierung noch besser zu machen!
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