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26.09.13
15:12 Uhr
SSW

Jette Waldinger-Thiering: Brüssel - wir haben ein Problem

Presseinformation Kiel, den 26. September 2013

Es gilt das gesprochene Wort


Jette Waldinger-Thiering



TOP 36 Minderheiten bei der Europäischen Kommission,
Unterstützung von europäischen Bürgerinitiativen und
Arbeit der FUEV in Schleswig-Holstein
Drs. 18/1147


,,Brüssel – wir haben ein Problem“


Jeder siebte EU-Bürger gehört einer autochthonen Minderheit an oder spricht eine
Regional- oder Minderheitensprache. Ist das etwa keine Angelegenheit für die EU-
Kommission? Die Regierungen in Griechenland und Frankreich verweigern ihren
Minderheiten ein Recht auf Anerkennung, Schutz und Gleichbehandlung. Auch keine
Angelegenheit für die EU-Kommission? Eine institutionalisierte Minderheitenpolitik
auf EU-Ebene – Fehlanzeige. Dass die Kopenhagener Kriterien auch entsprechend für
alteingesessene EU-Mitgliedsstaaten gelten – kein Thema. 2



Die so-genannte Minority-Safepack-Initiative will eine Million Unterschriften sammeln,
um in einer gigantischen Bürgerinitiative mehr Minderheitenrechte auf europäischer
Ebene einzufordern. Dies wurde vor einigen Tagen in Brüssel abgelehnt. Hier geht es
nicht um den genormten Krümmungsgrad einer EU-Banane, sondern um die Wahrung
fundamentaler Menschenrechte. Wenn das keine Angelegenheit für die EU-
Kommission ist, dann muss ich wirklich festhalten: Brüssel – wir haben ein Problem!


Doch jetzt die Köpfe in den Sand zu stecken bringt die Sache nicht nach vorn. Die
Initiatoren von der FUEV sind gestern mit dem gesamten Präsidium zu Gesprächen
nach Brüssel gereist. Die rechtlichen Debatten sind im vollen Gange. Jetzt ist
Durchhaltevermögen gefragt. Das sind wir nicht nur den anderen autochthonen
Minderheiten in Europa schuldig, sondern auch uns selbst. Keine Frage, die Kulturelle-
und Sprachenvielfalt im deutsch-dänischen Grenzland ist etwas ganz besonderes. Die
Minderheitenpolitische Infrastruktur gehört zweifelsohne dazu. Für uns als SSW ist das
FUEV-Büro in Flensburg nicht mehr wegzudenken. Wir schätzen die Zusammenarbeit
mit der FUEV sehr und deswegen unterstützen wir sie auch wenn es nötig ist. Die rot-
grün-blaue Koalition hat der JEV, die Jugendorganisation der FUEV, einen Zuschuss
gewährt. Gerade auch vor dem Hintergrund der schwierigen finanziellen Situation der
JEV, auch weil es immer schwieriger wird Förderung aus EU-Mitteln zu bekommen. Die
Arbeit der Jugendlichen und jungen Erwachsenen ist ein Mehrwert für unser
Grenzland, gerade auch weil sich die jungen Nord- und Südschleswiger sowie
Nordfriesen sehr aktiv an der Arbeit der JEV beteiligen. Der frühe Blick über den
Tellerrand ist prägend - und das beispiellos. 3
Für den Blick über unseren eigenen Tellerrad gilt, dass Schleswig-Holstein noch weit
vom Standard entfernt ist, wenn es darum geht, dass die verschiedenen Sprachen im
Alltag auch wirklich präsent sind. Heute ist der Europäische Tag der Sprachen. Dieser
wird seit 2001 jährlich gemeinsam von Europarat und Europäischer Union ausgerichtet.
Wenn wir heute also einmal das Radio anmachen und die Zeitung aufschlagen und uns
die Sprachenvielfalt einmal genau ansehen, werden wir dort auf keine besonders große
Vielfalt stoßen. Das finde ich bedauerlich. Sprachliche Vielfalt hat nicht nur etwas mit
Fremdsprachenkenntnis oder einen glänzenden Lebenslauf zu tun. Sondern es geht
auch darum, dass ich - beispielsweise - als Friesin im Alltag auch meine Sprache
nutzen, hören und lesen kann. Die Europäische Kommission kann da wenig machen.
Diese Sache können und müssen wir selbst angehen. Minderheitenpolitik ist eine
Querschnittsaufgabe und gerät gerade deshalb allzu oft unter die Räder. Für uns als
SSW, und das gilt auch für unsere Kollegen der Küstenkoalition, ist es ganz wesentlich,
dass Minderheitenpolitik bei allen Initiativen und politischen Vorhaben mit gedacht
wird. Für viele ist diese Denkweise sicherlich neu, für uns jedoch gehört sie schon
immer zum politischen Leben dazu.


Abschließend möchte ich noch etwas zur Bürgerinitiative sagen. Ich möchte bei dieser
Gelegenheit ein Zitat vom FUEV-Präsident Hans Heinrich Hansen einbringen, der sich
zur Nachricht der EU-Kommission wie folgt äußert: ,,Die Minderheiten in Europa sind
loyale Bürger und wir werden nicht akzeptieren, dass die Europäische Kommission uns
wie Kleinkinder behandelt.“ Wer Minderheitenrechte lädiert, darf sich nicht wundern,
wenn sich die Menschen irgendwann davon abwenden. Das gilt auch für die EU.