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10.07.14
12:09 Uhr
SPD

Martin Habersaat zu TOP 5 + 30: Lehrerbildung aus einem Guss

Es gilt das gesprochene Wort!
Kiel, 10. Juli 2014


TOP 5 + 30: Lehrkräftebildungsgesetz / Lehrereinstellungsbedarf und Lehrereinstellungsangebote sowie Lehrerausbildungskapazitäten (Drs. 18/1760, 18/2093, 18/2107)



Martin Habersaat:
Lehrerbildung aus einem Guss

- „Freude am Lernen wecken, um Leistungsbereitschaft zu erzeugen“ – das war das Motto der langjährigen Leiterin einer Grundschule in meinem Wahlkreis. Im letzten Jahr wurde sie nach 22 Jahren als Schulleiterin verabschiedet. Mit dabei war als Überraschungsgast auch ein Schüler aus ihrer ersten Klasse, die sie im Jahr 1979 übernommen hatte.
- „Wichtig ist, dass sich die Kinder ihrer Stärken bewusst werden. Dann können sie auch ihre Schwächen akzeptieren und an ihnen arbeiten.“ Von diesem Leitbild berichtete uns die Schulleiterin der Anne-Frank-Schule in Bargteheide. Das ist eine Gemeinschaftsschule mit Oberstufe. Sie hat den deutschen Schulpreis 2013 gewonnen und zählt zu ihren Stärken auch die Förderung besonders begabter Kinder.
- Zu den Preisträgern 2014 gehörte das RBZ Wirtschaft in Kiel. In der Laudatio wurde besonders die „Kultur des wechselseitigen Vertrauens“ gelobt, die es erlaube, die Talente der Schülerinnen und Schüler zu entdecken und zu entfalten.
- Vor einigen Wochen habe ich die Sachsenwaldschule in Reinbek besucht, das Gymnasium, an dem ich mein Referendariat absolviert habe. Derzeit laufen die Vorbereitungen zur Feier des 90jährigen Bestehens dieser Schule. Mit Schulleitungsrunde und Personalrat ging es einen ganzen Vormittag um verschiedene 2



Themenfelder der Bildungspolitik. Es gab in der einen oder anderen Sachfrage durchaus unterschiedliche Meinungen, aber immer war klar: Es geht uns allen um die bestmögliche Entwicklung unserer Kinder.
Vier Schlaglichter auf ein sich wandelndes Bildungswesen in Schleswig-Holstein und auf einen der wichtigsten und sinnvollsten Berufe, die eine Gesellschaft zu vergeben hat. Lehrerinnen und Lehrer bereiten die kommenden Generationen auf die Übernahme von Verantwortung für sich und andere vor. Was kann es wichtigeres geben?
Wenn nun die Lehrerbildung Gegenstand einer breiten öffentlichen Debatte wird und unsere Universitäten den Stellenwert der Lehrerbildung im eigenen Hochschulgefüge erkennen und herausarbeiten: umso besser!
Der Bildungsausschuss hat am vergangenen Donnerstag dem Änderungspaket der Koalitionsfraktionen zum Lehrkräftebildungsgesetz zugestimmt, das bis zum Schluss Anregungen und Änderungswünsche aufgenommen hat. Nach einem mehrstündigen Ringen an einem Sonntagnachmittag haben wir uns sogar darauf verständigt, „allgemein bildend“ in zwei Wörtern zu schreiben, weil das auch schon im Schulgesetz der Fall ist.
Allerdings konnten wir nicht alle Wünsche und Anregungen aufnehmen – natürlich nicht. Nicht jeder begrüßt Wandel im Bildungswesen, manch einer mag finden, das deutsche Bildungswesen habe in der Kaiserzeit seinen Zenit bereits erreicht gehabt. Ich glaube: Die besten Jahre kommen noch.
„Auf die Lehrkräfte kommt es an“ – das ist nicht nur eine Binsenweisheit, es ist auch ein mehrfach belegtes Forschungsergebnis und so lautete zudem der Titel des Workshops 2 bei der Bildungskonferenz, mit der diese Landesregierung 2012 ihren Bildungsdialog begonnen hat. Themen waren schon damals u.a. eine Ausweitung der praktischen Anteile der Ausbildung, das Zusammenwirken von Schulen, IQSH und Hochschulen in Aus- und Fortbildung und die – strittige – Frage, ob es nun Stufen-, Schulart- oder andere Lehrerinnen und Lehrer sein sollen.
Heute wird ein fast zweijähriger Diskussions- und Gesetzgebungsprozess abgeschlossen. Erstmals werden in Schleswig-Holstein alle drei Phasen der Lehrkräftebildung gemeinsam geregelt. Studium, Referendariat, Fort- und Weiterbildungen sind in diesem Gesetz gemeinsam gedacht – Lehrerbildung aus einem Guss. 3



Wir werden in Schleswig-Holstein künftig Lehrerinnen und Lehrer für Grundschulen, für Sekundarschulen – also Gemeinschaftsschulen und Gymnasien –, für Berufliche Schulen und für Sonderpädagogik ausbilden.
Kritik am Sekundarlehrer äußern vor allem die, die sich das dreigliedrige Schulsystem zurück wünschen. Jetzt mal frei von Zorn und Eifer: Die Idee, man müsse Schülerinnen und Schüler nur gut genug sortieren und dann jeder Sorte die richtige Sorte Lehrer an die Seite stellen – das ist nicht unser Bild von Schule. Wir wollen Schulen und Lehrkräfte, die ihre Schülerinnen und Schüler bestmöglich individuell fördern und zum bestmöglichen Schulabschluss führen, gerade weil sie alle unterschiedlich sind. Da ist die Aufgabenbeschreibung für Gymnasien und Gemeinschaftsschulen zunächst einmal dieselbe.
Am Gymnasium können Lehrerinnen und Lehrer seit jeher von der Sexta bis zur Prima, also von Klasse fünf bis dreizehn bzw. zwölf, Schülerinnen und Schüler ausbilden. Warum sollen sie das nicht auch an der Gemeinschaftsschule können? Die „Expertenkommission Lehrerbildung“ für das Land Berlin, neun angesehene Bildungsforscher unter der Leitung von Prof. Jürgen Baumert, schrieb zu den Herausforderungen an den zwei Schularten nach der Grundschule: „Hinsichtlich der fachlichen Durchdringung der Unterrichtsstoffe und des fachdidaktischen Handlungsrepertoires werden durchaus vergleichbare Kompetenzanforderungen gestellt. In der Regel sind die fachdidaktischen Herausforderungen im nichtgymnasialen Bereich sogar noch größer.[…] Es ist ein Irrtum zu glauben, dass fachdidaktisches Wissen und Können im unteren Leistungsbereich durch allgemeines pädagogisches Können ersetzt werden könnte.“
Große Zustimmung gab es für das neue Praxissemester. Im Interesse der Studierenden konnten wir die Frage der Fahrtkosten gut lösen. Zu weiteren Umsetzungsfragen sei erwähnt: In anderen Bundesländern klappt es, in Flensburg klappt es mit dem ersten Durchlauf, es wird auch in Kiel gelingen!
Wir wissen, dass der demographische Wandel auch vor dem Bildungswesen nicht halt macht und dass manche Fachkräfte schwerer zu finden sein werden als andere. Was wir allerdings nicht wollen, ist Planwirtschaft im Hochschulwesen. Wir wollen nicht, dass ein Gremium uns sagt, wie viele Germanisten wir in Deutschland brauchen, um dann entsprechend viele 4



Ausbildungsplätze zur Verfügung zu stellen. Wir wollen nicht, dass für 100 offene Stellen 2020 100 Lehrerinnen und Lehrer ausgebildet werden.
- Nicht alle Absolventinnen wollen nach dem Studium als Lehrkraft arbeiten.
- Die Schulen sollen möglichst eine Auswahl unter verschiedenen Bewerbern haben.
- Wir wollen einen Austausch mit den anderen Bundesländern. Natürlich wird die neue Ausbildung in Schleswig-Holstein KMK-kompatibel und von den anderen Ländern anerkannt sein.
Wir halten es für eine abwegige Idee, Lehrerinnen und Lehrer schlecht auszubilden, damit man sie hinterher schlecht bezahlen kann. Die Notwendigkeit, die Besoldungsstruktur für die Lehrerinnen und Lehrer in Schleswig-Holstein zu verändern, ergibt sich aus der gleichwertigen Ausbildung. Alle absolvieren in 10 Semestern Regelstudienzeit Bachelor- und Master, alle absolvieren ein 18monatiges Referendariat – geregelt von der letzten Landesregierung! Wieso die Opposition darauf kommt, man müsse Grundschullehrer und Gemeinschaftsschullehrer doch wieder schlechter ausbilden, damit man sie hinterher schlechter bezahlen kann, erschließt sich uns nicht. Der Koalition sind alle Schülerinnen und Schüler gleich viel wert. An allen Schulen im Lande!
Nun macht die FDP allerdings wenigstens einen eigenen Vorschlag – 8 Semester Studium für die einen, 10 für die anderen. Wir warten noch auf Vorschläge, wie die Christdemokraten mit den Folgen der Entscheidungen des Kabinetts Carstensen umgehen wollen. Statt konstruktiver Beiträge haben Sie sich bisher dazu entschieden, die Ideenfindung unserer Landesregierung zu diskreditieren, und waren sich nicht einmal zu schade, das Gerücht in die Welt zu setzen, Lehrerinnen und Lehrer in Schleswig-Holstein würden in ihrer Besoldung herabgestuft werden.
Statt konstruktiver Beiträge haben Sie sich zu einer persönlichen Kampagne gegen unsere Bildungsministerin entschieden.
Statt konstruktiver Beiträge haben Sie sich zu einem Weg entschieden, der sich mit Tippfehlern befasst und sich letztlich selbst richten wird.
Die Entscheidung, Lehrerinnen und Lehrer in Kiel und Flensburg ausbilden, stammt aus dem Jahr 1946. Hier und heute Doppelstrukturen zu bemängeln, wirkt da etwas aus der Zeit gefallen. 5



Wichtig heute scheint mir der Satz: Es werden keine Ressourcen von Kiel nach Flensburg verlagert und keine von Flensburg nach Kiel.
Viele Anzuhörende begrüßten die Zielrichtung des Gesetzes, bezweifelten aber, dass es mit den vorgesehen Ressourcen umzusetzen sei. Es wird an uns sein, die Besorgnisse zu zerstreuen. Der zwischenzeitlich gelaufene Wettbewerb um die höchste Zahl hatte den Boden der Realität jedenfalls deutlich verlassen. Unsere Zahlen orientieren sich an den Ausgaben anderer lehrerbildender Hochschulen und gehen nicht, wie die zwischenzeitlich genannten 50 Millionen, davon aus, irgendwo im Lande einen stillgelegten Acker zu erwerben und aus dem Nichts eine neue Exzellenzuniversität zu schaffen.
Die CAU und die Universität Flensburg erhalten mehr Ressourcen für die neue Lehrkräfteausbildung. Allerdings, das ist wahr, können wir mit diesem Gesetz die strukturelle Unterfinanzierung der Hochschulen in diesem Lande nicht beseitigen. Aber wir können die Lehrerausbildung in Schleswig-Holstein verbessern und damit eine Menge für die Zukunft Schleswig-Holsteins tun.