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10.10.14
13:38 Uhr
SSW

Jette Waldinger-Thiering: Eine Grundschule ohne Noten ist nicht leistungsfeindlich sondern motivierend

Presseinformation Kiel, den 10.10.2014

Es gilt das gesprochene Wort



Jette Waldinger-Thiering TOP 33 Landesweit einheitliche Standards für Entwicklungsberichte von Kompetenzen in Grundschulen Drs. 18/2212

„Eine Grundschule ohne Noten ist nicht leistungsfeindlich sondern motivierend“

Wir haben im Frühjahr große Diskussionen und eine umfangreiche Presseberichterstattung
zum Sinn und Unsinn von Notengebung in Grundschulen erlebt. Auslöser war ein
entsprechender Vorstoß der ehemaligen Bildungsministerin und der regierungstragenden
Fraktionen. Unser Ziel war es, und unser Ziel ist es, das vor allem in Grundschulen weniger auf
Noten und mehr auf Berichts- und Tabellenzeugnisse gesetzt wird. Für die Klassen drei und vier
haben wir diese Möglichkeit zwar eröffnet, letztlich liegt die Entscheidung aber bei der
Schulkonferenz. Und auch wenn davon in sehr unterschiedlichem Umfang Gebrauch gemacht
wird, gelten für die weiterführenden Schulen ähnliche Regelungen. Diese Punkte dürften
eigentlich allgemein bekannt sein. Warum die Opposition nun aber weiterhin mit Forderungen
kommt, die vom Grundsatz her schon umgesetzt werden, verwundert dann doch ein wenig. 2
Wie erwähnt, sind Berichts- und Tabellenzeugnisse längst Realität. Und die Forderung, dass
diesen Zeugnissen zur besseren Vergleichbarkeit landeseinheitlich Standards zugrunde liegen
müssen, ist natürlich richtig. Doch auch hier haben wir uns nach meinem Wissen längst auf
den Weg gemacht. Verstehen Sie mich nicht falsch: Bei einer so tiefgreifenden Veränderung
bei der Beurteilung unserer Kinder müssen wir natürlich sehr gründlich arbeiten. Anregungen
und Verbesserungsvorschläge sind uns deshalb sehr willkommen. Es nützt in meinen Augen
nur wenig, wenn in erster Linie Dinge gefordert werden, die wir eben schon auf den Weg
gebracht haben oder wo zumindest schon ein erster Aufschlag vorliegt.


Losgelöst von Detailfragen freut mich natürlich, dass auch ein Teil der Opposition die Vorteile
von Entwicklungsberichten gegenüber Ziffernnoten sieht. Denn solche Kompetenzraster
vermitteln einen deutlich differenzierteren Blick auf Fähigkeiten, Kenntnisse und Leistungen
der Schülerinnen und Schüler, als schlichte Schulnoten. Das Aneignen von Wissen und
messbaren Kompetenzen ist zwar ein wichtiger Teil der schulischen Bildung. Aber er ist eben
nicht der einzige. Daneben stehen auch die Förderung von künstlerischen oder emotionalen
Fähigkeiten und die Vermittlung von sozialen Kompetenzen. Dinge, die sich nun mal schwer in
eine Skala von eins bis sechs zwängen lassen. Und dies gilt ganz besonders vor dem
Hintergrund von zunehmend heterogenen Grundschulklassen in einem inklusiven
Schulsystem.


Doch die Abkehr von Ziffernnoten macht nicht nur eine viel detailliertere Beschreibung der
Entwicklung unserer Kinder möglich. Sie gibt unseren Lehrerinnen und Lehrern auch mehr
Freiräume. Durch Zeugnisse in Berichts- oder Tabellenform können Stärken und Schwächen
und eben auch individuelle Lernerfolge aufgezeigt werden. So wird zum Beispiel Kindern, die
im Verhältnis zum Durchschnitt vielleicht eher schwächer abschneiden und sich trotzdem
entwickeln, nicht sofort die Motivation genommen. Wo bisher am Anfang wie am Ende des
Schuljahres vielleicht die Note fünf stand, werden jetzt Lernerfolge und Fortschritte genauso
sichtbar, wie bestehende Defizite. Das halte ich für eine klare Verbesserung. 3
Meine Damen und Herren: Ohne Zweifel haben wir es hier mit einer gravierenden
Veränderung zu tun. Es liegt in der Natur der Sache, dass auch an den Grundlagen und
Standards für die Entwicklungsberichte weiter gefeilt werden muss. Wie bei so vielen neuen
Dingen, ist nicht alles von Beginn an fehlerfrei und komplett ausgereift. Aber auch hier, auf
diesem sinnvollen Weg in Richtung Entwicklungsbeurteilung anstelle von reiner Bewertung,
werden wir immer besser. Um das Ziel einer inklusiven Schule zu erreichen, sehe ich kaum eine
Alternative. Inklusive Schule - und hier gebe ich den Piraten völlig Recht - erfordert nun einmal
neue Standards der Leistungs- und Lernfortschrittsanalyse. Dass wir im Laufe dieses Verfahrens
auch auf einheitliche Standards und auf die Vergleichbarkeit achten müssen, versteht sich in
meinen Augen von selbst.