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23.01.15
12:27 Uhr
SSW

Flemming Meyer: Tarif geht vor! Das Ehrenamt darf nicht zu einem Ersatz für tarifgebundene Arbeitsplätze verkommen

Presseinformation Kiel, den 23. 01. 2015

Es gilt das gesprochene Wort



Flemming Meyer TOP 17 Bürgerbusse in Schleswig-Holstein Drs. 18/2623

Tarif geht vor! In der Begründung weisen die Piraten darauf hin, dass die Bürgerbusse das Angebot des ÖPNV nicht verdrängen, sondern ergänzen sollen

Vor einer Entscheidung sollte man erst einmal die Menschen befragen, die davon profitieren
sollen. Das hat 2010 auch die Aktivregion Nordfriesland Nord so gehalten. Sie hat mit Hilfe von
Wissenschaftlern untersuchen lassen, was sich die Menschen in den kleinen Dörfern des Amtes
Südtondern bezüglich ihrer Mobilität wünschen. Der Titel der Untersuchung lautete „Mobile
Daseinsvorsorge“, also genau das Thema, für das uns die Piraten die Unterstützung von
Bürgerbussen durch das Land vorschlagen.
Die Bewohner im ländlichen Raum haben sich ganz gut organisiert. Nicht immer optimal, aber
doch zufriedenstellend. Die Familie hilft sich untereinander. Aber auch Freunde und Nachbarn
organisieren Fahrdienste oder übernehmen ab und zu den Einkauf. Das gilt im besonderen Maße
für die älteren, oftmals mobilitätseingeschränkten Frauen und Männer. Im Dorf hilft man sich
gegenseitig. Ergänzend wünschen sich vor allem die älteren Befragte mobile Angebote, also, dass 2
ein Bäckerbus mehrmals in der Woche für frisches Brot sorgt oder ein rollender
Lebensmittelmarkt ins Dort kommt.
Die Wissenschaftler haben sich einerseits die Strukturen und andererseits die Wünsche der
Nordfriesen angeschaut. Sie empfehlen flexible Bedienformen im Nahverkehr. Dies sollte
ausdrücklich über den Einsatz von Bürgerbussen hinausgehen; kann man im Ergebnisbericht
nachlesen. Diese Empfehlung ist ein ganz klares Plädoyer für den Ausbau des bestehenden und
gegen den Aufbau eines neuen Systems. Mit den NVB hat man in Niebüll einen regional
ansässigen Anbieter, dem offenbar zugetraut wird, sein Angebot zu verdichten und die Dörfer im
Amt besser zu verbinden. Ich verstehe das als einen interessanten Hinweis in unserer Debatte.
Allerdings muss man einräumen, dass das bislang noch nicht umgesetzt wurde.
In Nordfriesland gibt es allerdings schon einen Bürgerbus, und zwar in Ladelund. Die
Anstrengungen des Ladelunder Bürgerbusvereins waren riesig und zogen sich über Jahre hin. Die
Initiatoren berichten von einem regelrechten Marathon, bis die Finanzierung für den Bus und das
Training der Fahrer gesichert war. Aber jetzt fährt der Bus. Seit einem halben Jahr konnten die
ersten Erfahrungen gemacht werden. Wir sollten nachfragen, wie es gelaufen ist, wie der Bus
angenommen wird und ob das Angebot läuft. Bevor wir im Landtag zu einem Beschluss
kommen, sollten wir die vorliegenden Erfahrungen aus Ladelund unbedingt auswerten.
Aber es gibt auch grundsätzliche Einwände gegen einen flächendeckenden Einsatz von
Bürgerbussen.
Erstens: Im Bereich der Daseinsvorsorge ist der Staat und nicht der Bürger in der Pflicht. Wir
sollten prüfen, inwieweit das Land eine Verdichtung des Fahrplans oder neue Buslinien
bezuschussen kann. Inwieweit können Anbieter beim Ausbau ihrer Takte oder der Aufnahme
neuer Haltestellen durch das Land unterstützt werden? Und wie ist das Interesse bei den
Anbietern? Warten die nur auf entsprechende Programme? Das Wirtschaftsministerium hat
gezeigt, dass durch gute Ausschreibungen im Bereich der Schiene handfeste
Komfortverbesserungen für die Nutzer herausspringen können. Ich frage mich, ob nicht der
Ausbau der Linienbusse die bessere, eventuell auch zuverlässigere Alternative zum
flächendeckenden Bürgerbus ist. 3
Zweitens. Tarif geht vor! In der Begründung weisen die Piraten darauf hin, dass die Bürgerbusse
das Angebot des ÖPNV nicht verdrängen, sondern ergänzen sollen. Papier ist geduldig, denn das
ist eine blauäugige Annahme. Gerade beim Bürgerbus besteht die Gefahr, dass das Ehrenamt zu
einem Ersatz für tarifgebundene Arbeitsplätze verkommen könnte. Das ist mit dem SSW nicht zu
machen. Wir kämpfen nicht auf der einen Seite für existenzsichernde Löhne im ÖPNV, um sie
dann hinterrücks wieder einzukassieren.
Drittens. Ist nicht ein Taxi die bessere Alternative? Fahrtdienste werden inzwischen von vielen
Kommunen durch Verträge mit den hiesigen Taxiunternehmen abgewickelt; ob es sich dabei um
die Versorgung mit Mittagessen für die Kitas dreht wie zum Beispiel in Flensburg, oder um die
Fahrt zur Schule für Schüler mit Behinderungen. Ich denke, dass wir den Einsatz von Sammeltaxis
oder Ruftaxis im ländlichen Raum prüfen sollen. Das wäre eine durchaus realistische und
kostengünstige Möglichkeit.


Zusammenfassend schlage ich die Beratung im Ausschuss vor. Es sind noch zu viele offene
Fragen, für die noch Antworten ausstehen. Erst wenn wir genau wissen, welche Optionen
bestehen, können wir über den vorliegenden Antrag in der Sache abstimmen.