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18.03.15
17:24 Uhr
SSW

Die Zusammensetzung des ZDF-Fernsehrats muss staatsferner werden und sich an der gesellschaftlichen Realität orientieren

Presseinformation Kiel, den 18. März 2015

Es gilt das gesprochene Wort



Lars Harms
TOP 27 Gesellschaftliche Vielfalt im ZDF – Fernsehrat verbessern
Drs. 18/2811


„Die Zusammensetzung des ZDF-Fernsehrats muss staatsferner werden und
sich an der gesellschaftlichen Realität orientieren“


Die Zeiten, als das Rundfunkprogramm allein von einigen Herren im Zweireiher gestaltet
wurde, sind vorbei. Das mag man bedauern. Ich tue es nicht. Deutschland verändert sich und
die Medienlandschaft sollte diese Veränderungen widerspiegeln. Tatsächlich tut sie das aber
nur mit enormer Langsamkeit und oftmals erst nach starkem politischem Druck. Ein Beispiel ist
die Feststellung der Quote. Die Arbeitsgemeinschaft Fernsehforschung untersucht und
protokolliert das Fernsehverhalten in so genannten installierten Haushalten. Erst seit dem Jahr
2001 wurden erstmals auch die Haushalte berücksichtigt, deren Mitglieder keinen deutschen,
aber einen EU-Pass haben. Letzte Woche wurde nun gemeldet, dass ab 2016 die Quote auch bei
Zuschauerinnen und Zuschauern erfasst werden wird, die weder einen deutschen noch einen
europäischen Pass haben, aber trotzdem deutsches Fernsehen sehen. 2
Stellen wir uns das vor: erst 2016 werden mehr oder weniger alle Zuschauerinnen und
Zuschauer erfasst werden – 53 Jahre nach Beginn der Quotenberechnung. Es hat ein halbes
Jahrhundert gedauert, bis sich die Verantwortlichen eingestanden haben, dass die
Sehgewohnheiten nicht von Pass abhängen. Ein halbes Jahrhundert, bis die tatsächliche
Vielfalt in Deutschland erfasst wird.
So lange können wir beim ZDF-Fernsehrat nicht warten. Die Vielfalt unserer Gesellschaft muss
in diesem zentralen Gremium verbessert werden. Das gebietet nicht nur die aktuelle
Rechtsprechung, sondern auch die gesellschaftliche Verantwortung der öffentlich-rechtlichen
Medien. Das heißt konkret: mehr Mut zur Vielfalt.
Der Gedanke hinter dieser Forderung ist, dass die Vielfalt im Fernsehrat einen Niederschlag in
einem möglichst vielfältigen Programm finden muss. Wer zur Gesellschaft in Deutschland
gehört, soll sich auch in den entsprechenden Programmen des öffentlich-rechtlichen
Rundfunks wiederfinden können. In Deutschland werden mehrere Sprachen gesprochen, ganz
unterschiedliche Lebensstile gepflegt und ungleiche Kulturen gelebt. Sie sind im aktuellen
Angebot des ZDF unterrepräsentiert. Das muss sich umgehend und nachhaltig ändern. Der
Anfang wäre die Berücksichtigung dieser Vielfalt im Fernsehrat.
Das ZDF dient der demokratischen Meinungsbildung. Aus dieser Verantwortung heraus fordert
der Landtag das ZDF auf, seine Struktur zu ändern. Dabei fordern wir eine umfassende Reform
unter anderem der Zusammensetzung der Gremien.
Die Gremien sollten aber nicht übergroß werden. Der 77köpfige Fernsehrat hat meiner
Meinung schon eine kritische Größe erreicht, bei der man überhaupt miteinander ins Gespräch
kommen kann. Wir sollten uns vor diesem Hintergrund überlegen, dass die angestammten
Vertreter Plätze räumen; also wir nicht einfach mehr neue Vertreter zusätzlich berufen. Nur auf
diese Weise bleibt der Fernsehrat überhaupt noch entscheidungsfähig. Ansonsten droht er zu
einem Debattierclub und zur Schaufensterveranstaltung zu verkümmern. Und genau das
wollen wir ja gerade nicht.
Politikerinnen und Politiker sind keine guten Programmgestalter. Im ZDF-Verwaltungsrat, dem
anderen Entscheidungsgremium des ZDF, sitzen darum ausdrücklich in der Mehrheit 3
Mitglieder, die keiner Regierung angehören und auch die Vertreter der Länder im Rundfunkrat
gehören nicht ausschließlich der Politik an. Durch Schleswig-Holstein haben zum Beispiel die
Minderheiten einen Sitz im Fernsehrat. Dass allerdings im Verwaltungsrat nur 3 von 14
Mitgliedern Frauen sind, ist allerdings ein ganz anderes, ärgerliches Thema. Aber es muss
gelten: wie im Verwaltungsrat muss auch im Fernsehrat der Anteil der Politikerinnen und
Politiker reduziert werden. Das hat das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes zweifelsfrei
vorgegeben. Die Staatsferne, die das Gericht ernster zu nehmen anmahnt, muss sich in einer
großen Nähe zur gesellschaftlichen Realität ausdrücken. Das bedeutet, dass die
Mitgliedsstruktur vielfältiger sein muss. Genau deshalb wollen wir, dass beispielsweise die
Schwulen- und Lesbenverbände, Menschenrechtsorganisationen und
Bürgerrechtsorganisationen einen Sitz bekommen. Ich bin davon überzeugt, dass der
vorliegende Antrag ein guter Anstoß in der anstehenden Gremienreform des ZDF ist.