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19.03.15
11:07 Uhr
SSW

Die CDU fordert uns auf, ihre eigene verfehlte Hochschulpolitik zu korrigieren

Presseinformation Kiel, den 19.03.2015

Es gilt das gesprochene Wort



Jette Waldinger-Thiering TOP 29 Schleswig-Holsteins Hochschulen auf den Ansturm des doppelten Abiturjahrgangs vorbereiten Drs. 18/2814

„Die CDU fordert uns auf, ihre eigenen Fehler auszubügeln und die verfehlte Hochschulpolitik der vergangenen Jahre zu korrigieren“

Um ehrlich zu sein, musste ich die Überschrift des CDU-Antrags zweimal lesen, um
sicherzugehen, dass da wirklich von einem „Ansturm“ die Rede ist. Bei einer solchen Wortwahl
kann einem ja direkt angst und bange werden. Mittlerweile glaube ich, dass ich die Dramatik
und ihr Ausmaß verstanden habe: Es sind Abiturienten gemeint, die an unsere Universitäten
stürmen und dort doch tatsächlich studieren wollen. Genau wie viele Generationen vor ihnen
auch. Das ist so weit nichts Neues und ist für mich und meine Partei zuallererst eine erfreuliche
Tatsache. Aber die CDU hat natürlich recht: Es ist kein normaler Abiturjahrgang, sondern ein
Doppelter. Auch wenn natürlich nicht alle von ihnen studieren wollen, erwarten wir für 2016
bis zu 60 Prozent mehr Abiturientinnen und Abiturienten. Das ist ganz eindeutig eine
Herausforderung. Da kann man nun blind Alarm schlagen und mit Vorwürfen arbeiten, oder
sich an die Fakten halten und konstruktiv an Lösungen beteiligen. 2
Ein ganz wesentlicher Fakt ist jedenfalls, dass der anstehende Doppeljahrgang an den
Gymnasien schon mit der Entscheidung für den 8-jährigen Bildungsgang 2005 feststand. Nicht
alle unsere Vorgänger der vergangen 10 Jahre mögen hier mit absoluter Weitsicht gehandelt
haben. Und nicht immer stand eine verbesserte Ausstattung der Hochschulen so hoch oben auf
der Agenda wie heute. Es ist kein Geheimnis, dass für CDU und FDP neben allgemeinen
Kürzungen und der Streichung von Studiengängen unter anderem die komplette Abwicklung
von Universitäten im Vordergrund stand. Aber bei allen Versäumnissen der Vergangenheit
kann wirklich keiner ernsthaft behaupten, dass ihn diese Zunahme oder dieser „Ansturm“ der
Abiturienten urplötzlich und damit unvorbereitet trifft. Und im Übrigen haben Regierung und
Hochschulen dieses Thema schon 2013 im Rahmen der Zielvereinbarung verhandelt.


Ich habe es mehrfach erwähnt und wiederhole mich da trotzdem gerne: Der doppelte
Abiturjahrgang ist eine große Herausforderung und unsere Hochschullandschaft hat natürlich
auch unabhängig hiervon eine ganze Reihe von Problemen. Egal wo man hinschaut - der
Sanierungs- und Investitionsbedarf ist hoch. Und nicht nur im Vergleich zu anderen Ländern
wird deutlich, dass unsere Hochschulen strukturell unterfinanziert sind. Wer aber auch nur
geringste analytische Fähigkeiten oder zumindest einen Hauch von Anstand besitzt, wird
zugeben müssen, dass die Ursachen hierfür längst nicht nur in den vergangenen 2-3 Jahren
liegen. Wer selbst lange in Verantwortung war und uns heute auffordert, „alles Notwendige zu
veranlassen, damit unsere Hochschulen personell, räumlich und finanziell“ gut auf den
ominösen „Ansturm“ der Abiturienten vorbereitet sind, fordert nichts anderes, als eine
Korrektur seiner eigenen, verfehlten Hochschulpolitik!


Doch auch wenn Selbstkritik für manchen hier ein absolutes Fremdwort zu sein scheint, sind
sich heute zumindest alle der realen Probleme unserer Hochschulen bewusst. Das ist für sich
genommen ja auch schon mal ein Fortschritt. Da bietet es sich dann natürlich an, einfach mal
alles zu fordern, was geht: Da wäre die bessere personelle, räumliche und finanzielle
Ausstattung, die Erweiterung der Mensakapazitäten oder auch der Ausbau studentischer 3
Wohnmöglichkeiten. Und so weiter. Und im Übrigen fast alles Dinge, die noch vor wenigen
Jahren als Luxus dargestellt wurden, weil wir ja ein Konsolidierungsland mit strengen
Sparvorgaben sind. Ich will hier nicht missverstanden werden: SPD, Grüne und SSW wollen in
all diesen Punkten vorankommen. Gerade weil der Großteil dieser Dinge eben nicht erst mit
dem anstehenden Doppeljahrgang drängt. Und doch finde ich es bemerkenswert, wie schnell
sich hier so manche Haltung ändert.


Statt nur laute Töne zu spucken und sich gegenseitig die sträfliche oder sogar skandalöse
Vernachlässigung der Hochschulen vorzuwerfen, haben wir uns längst auf den Weg gemacht,
die Situation wirklich zu verbessern. Schon in der ersten Hälfte der Legislaturperiode ist hier
viel passiert: Wir unterstützen die Uni Flensburg tatkräftig bei ihrer Weiterentwicklung zur
Europauniversität. Und wir begleiten die Uni Lübeck auf ihrem erfolgreichen Weg zur
Stiftungsuni. Und weil wir eben nicht nur hier am Ball bleiben sondern allen
Hochschulstandorten zeigen, dass wir sie brauchen und sie unterstützen, lässt sich
mittlerweile zum Glück sagen, dass das Klima insgesamt wieder vertrauensvoll und konstruktiv
ist.


Auch wenn sich bestimmt nicht jedes Problem mit Geld lösen lässt, ist die verbesserte
finanzielle Ausstattung unserer Universitäten und Fachhochschulen natürlich ein ganz
wesentlicher Punkt. Deshalb hat diese Regierung in ihrer kurzen Amtszeit auch rein finanziell
schon vieles angestoßen: Die Sanierungsvereinbarung mit der CAU hat mit ihrem
Gesamtumfang von 165 Millionen zum Beispiel ein wirklich historisches Ausmaß. Etwas
Vergleichbares gab es in Schleswig-Holstein schlicht und einfach noch nie. Allein in diesem Jahr
stellt das Land über 50 Millionen Euro für Aus- und Neubauten an unseren Universitäten zur
Verfügung.


Daneben ist durch unsere Anstrengung auch die Auflösung des Sanierungsstaus am UKSH in
greifbare Nähe gerückt. Wie Sie wissen werden hier um die 1,7 Milliarden Euro investiert. Unser 4
Sondervermögen Hochschulbau stärkt die Hochschullandschaft insgesamt. Außerdem erhalten
unsere Universitäten 240 Millionen Euro an Landesmitteln im Rahmen des Hochschulpakts 3.
Und nicht zuletzt entlasten wir unsere Unis bei den Besoldungs- und Tarifsteigerungen. Ich
denke, nicht nur im Vergleich zu den Leistungen unserer Vorgänger ist hier in recht kurzer Zeit
sehr viel passiert.


Uns ist dabei völlig klar, dass noch sehr viel Arbeit vor uns liegt. Einige unserer Vorhaben haben
wir im vorliegenden Änderungsantrag aufgeführt: Wir wollen unseren Universitäten
langfristig Planungssicherheit geben. Ohne Wenn und Aber. Und weil zum Beispiel Elemente
der sozialen Infrastruktur wie Wohnheime oder Studienberatung nicht aus den Mitteln des
Hochschulpakts gedeckt sind, werden wir strukturell nachbessern. Wenn auch nicht per
Nachtrag, werden wir die Grundhaushalte der Hochschulen trotzdem zeitnah und vor allem
deutlich entlasten. Und auch in der langfristigeren Finanzplanung des Landes haben wir für die
Zeit nach der dritten Phase des Hochschulpakts 30 Millionen Euro jährlich für unsere
Hochschulen vorgesehen.


Ich habe mehrfach angedeutet, dass die strukturelle Unterfinanzierung unserer Hochschulen
vor allem durch jahrelange Vernachlässigung und damit durch Versäumnisse verschiedener
Regierungen entstanden ist. Um ehrlich zu sein, lässt sich so ein strukturelles Problem nicht
von jetzt auf gleich in den Griff kriegen. Es ist sogar so schwerwiegend, dass wir es vermutlich
weder durch den Hochschulpakt 2020 noch durch unsere Zusatzmaßnahmen gänzlich lösen
werden. Umso wichtiger ist es aus Sicht des SSW, dass wir dran bleiben und den Studierenden
wie den Beschäftigten an den Hochschulen eine echte Perspektive bieten. Einige Dinge haben
wir angestoßen, weitere - wie in unserem Antrag skizziert - werden folgen. Übergeordnetes
Ziel ist und bleibt es, für wirklich nachhaltige Verbesserungen zu sorgen. Dass wir dabei auch
die Herausforderungen eines doppelten Abiturjahrgangs im Blick haben, versteht sich von
selbst.