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10.06.16
20:29 Uhr
SSW

Lars Harms: Nur einzelne Posten herauspicken, um Vorurteile bedienen zu wollen, ist billiger Populismus

Presseinformation Kiel, den 10. Juni 2016

Es gilt das gesprochene Wort



Lars Harms TOP 2 Gesetz zur Angleichung der Regelaltersgrenze von Ministern und Beamte Drs. 18/2621


„Nur einzelne Posten herauspicken, um Vorurteile bedienen zu wollen, ist billiger Populismus.“

Nach intensiven Anhörungen im Ausschuss liegt uns heute ein Gesetzentwurf der
Piraten vor, zu dem es keine neuen Erkenntnisse gibt und der schon in der ersten
Lesung ausführlich beraten wurde. Es geht hier um wenige Regelungen zur
Altersversorgung von Ministern und um den Wunsch der Piraten hier wieder einmal
etwas zu skandalisieren. Aber gerne trage ich die schon in der ersten Lesung
vorgetragenen Argumente noch einmal vor. Grundsätzlich lässt sich im Sagen, dass
man das Gehalt und auch die Versorgung von Personen in leitenden Funktionen auch
vor dem Hintergrund der Attraktivität der jeweiligen Position sehen muss. Und hier
gibt es einen Punkt, der die Stellung als Ministerin oder Minister für manch einen doch 2
eher unattraktiv macht. Wenn man nach der persönlichen Einschätzung, aber
möglicherweise auch nach der Einschätzung von außen, eine gute Leistung abliefert,
bedeutet das in einem normalen Unternehmen, dass die Chancen hier längerfristig
beschäftigt zu sein, doch relativ hoch sind. In der Politik ist das anders. Ministerinnen
und Minister sind zuallererst abhängig vom jeweiligen Wahlergebnis. Die persönliche
Arbeitsleistung oder auch die fachliche Kompetenz spielen hierbei also maximal nur
mittelbar eine Rolle. Für jemanden, der nicht aus dem öffentlichen Dienst kommt,
bedeutet das, dass er oder sie relativ schnell und ohne eigene persönliche
Einflussmöglichkeiten, die Funktion wieder verlieren kann und das ohne ein
Rückkehrrecht in den früheren Job zu haben. Nun mag man mit Recht sagen, dass das
ja das persönliche Risiko sei, aber genau deshalb muss eine Funktion, wie die eines
Ministers oder einer Ministerin eben auch finanziell attraktiv gehalten werden, damit
jemand dieses Risiko auch eingeht. Und das gilt sowohl für die aktiven Bezüge als auch
für die Versorgung.



Ich habe dies vorangestellt, weil ich darauf aufmerksam machen will, dass es nicht
immer nur isoliert um einen Punkt im Ministergesetz gehen kann, sondern immer auch
viele andere Faktoren eine Rolle spielen. Und gerade auch für Menschen, die aus der
freien Wirtschaft kommen, müssen wir Regelungen haben, die es attraktiv machen, als
Minister oder Ministerin tätig zu sein. Deshalb macht es nach unserer Auffassung
wenig Sinn, sich einzelne Punkte aus dem Ministergesetz herauszupicken – es sei denn,
man will populistische Kritik gegen die Politik allgemein lancieren. 3
Betrachten wir aber nun die Vorschläge der Piraten im Einzelnen. Es soll die
Regelaltersgrenze auf 67 Jahre erhöht werden und für bestimmte Jahrgänge soll ein
früherer Pensionstermin gelten. Man hält sich hierbei im Groben an die bisherige
Gesetzessystematik, die dem Beamtenrecht entlehnt ist. Schwierig wird es allerdings,
wenn es um die Anrechnung von anrechnungsfähigen Zeiten gilt. Nach § 15 Absatz 2
des Landesministergesetzes, der ja laut Piraten-Gesetzentwurf nicht geändert werden
soll, wird das Ruhegehalt aus einem Dienst- oder Amtsverhältnis auf die
Ministerpension angerechnet. Nach 5 Ministerjahren erhält man knapp 3.000 Euro
Pension, mit der dann aber die beamtenrechtliche Versorgung wieder verrechnet wird.
Ein Beamter A 10 erhält zum Beispiel mit 67 Jahren rund 2.500 Euro Pension. Am Ende
bleiben 500 Euro zusätzliche Pension für den Minister. Das ist nun wirklich nicht
attraktiv, weil das erhält der besagte Beamte auch, wenn er es noch auf einen
Dienstposten mit A 11 schafft. Für Beamte, die eine höhere Vergütung als A 11 haben,
würde sich das Ministeramt dann in Bezug auf die Pension überhaupt nicht mehr
lohnen, weil deren Pension ohnehin schon höher ist. Dieser Effekt wird natürlich
derzeit dadurch verhindert, dass die beamtenrechtlichen Dienstzeiten bei der
Ministerpension angerechnet werden und deshalb haben diese Anrechnungszeiten
durchaus im bestehenden System ihre Berechtigung.



Im Übrigen hat aber auch die Berücksichtigung von anrechnungsfähigen Zeiten einen
positiven Effekt in Bezug auf die Attraktivität des Ministerpostens für Menschen aus
der freien Wirtschaft. Studienzeiten und ähnliches würden beamtenrechtlich auch bei
Pensionen von Ministerinnen und Ministern, die ehemals aus der freien Wirtschaft
kommen, berücksichtigt werden. Somit erhöht sich die Pension und entspricht somit in 4
der Wirkung dem, was hochqualifizierte Personen in der freien Wirtschaft als
zusätzliche Alterssicherung durch ihre Betriebe gewährt bekommen. Und auch diese
Alterssicherungen der Betriebe werden oft vertraglich zu einem früheren
Pensionstermin gewährt. Auch hier ist also kein Skandalisierungspotential zu sehen,
zumal die späteren normalen Renten auch hier mit der Ministerpension verrechnet
werden.



Was also auf dem ersten Blick wie eine massive Besserstellung von Ministerinnen und
Minister aussieht, hat in Wirklichkeit weit weniger Skandalisierungspotential als es die
Piraten meinen. Wir können gerne das Ministergesetz überarbeiten. Allerdings reicht
es dann nicht, nur einzelne Posten herauszupicken, um so wieder nur Vorurteile
bedienen zu wollen. Das ist billiger Populismus und keine sachgerechte Politik.


Hinweis: Diese Rede kann hier ab den folgenden Tag als Video abgerufen werden:
http://www.landtag.ltsh.de/aktuell/mediathek/index.html