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15.11.17
12:01 Uhr
B 90/Grüne

Eka von Kalben zu den Paradise Papers

Presseinformation

Landtagsfraktion Es gilt das gesprochene Wort! Schleswig-Holstein TOP 1 – Aktuelle Stunde zum Thema „Konsequenzen aus Pressesprecherin Steuerskandalen wie den „Paradise Papers“ – Position der Claudia Jacob Koalition zum Umgang mit Steuervermeidungsstrategien und Landeshaus Steuerehrlichkeit Düsternbrooker Weg 70 24105 Kiel
Zentrale: 0431 / 988 – 1500 Dazu sagt die Vorsitzende der Landtagsfraktion von Bündnis Durchwahl: 0431 / 988 - 1503 90/Die Grünen, Mobil: 0172 / 541 83 53
presse@gruene.ltsh.de www.sh-gruene-fraktion.de Eka von Kalben: Nr. 325.17 / 15.11.2017



Eine gerechte Gesellschaft braucht Steuergerechtigkeit
Eingangs möchte ich meinen herzlichen Dank aussprechen an die investigativen Jour- nalist*innen, NGOs und Whistleblower*innen, die uns einmal mehr einen umfassenden Einblick in die Welt der Offshore-Industrie, der Briefkastengesellschaften und der Steu- eroasen verschafft haben.
Nun könnte man sagen, Offshore-Leaks, Lux-Leaks, Panama Papers, Paradise Papers, schön und gut, doch nie ändert sich was. Die Überraschung über die neuesten Enthül- lungen ist eigentlich überraschend. Denn im Prinzip wurde nichts Neues bekannt, außer wieder neuen Beweisen, neuen Namen und vielleicht neuen Briefkästen.
Allein Transparenz herzustellen ändert noch nicht die Gesetze. Transparenz ist aber wichtig, um den notwendigen Veränderungsdruck auf die politisch Aktiven aufzubauen. Transparenz ermöglicht außerdem der Öffentlichkeit, sich eine Meinung zu bilden und halbwegs nachzuvollziehen, welche Wege das Geld nimmt.
Uns als Verbraucher*innen führt das vor Augen, wie auch wir zu dem bestehenden Sys- tem beitragen. Wir können ja immerhin entscheiden, ob wir unsere nächsten Weih- nachtsgeschenke bei Amazon kaufen, das hier so gut wie keine Steuern bezahlt, oder beim Laden um die Ecke.
Das Problem ist alt und es ist offensichtlich hartnäckig: Die EU-Kommission schätzt, den EU-Staaten entgehen jährlich eine Billion Euro durch Steuerhinterziehung und Steuervermeidung, vornehmlich durch große multinationale Konzerne. Ich denke, ich muss jetzt nicht aufzählen, was man alles Wichtiges und Gutes damit tun könnte: Für Seite 1 von 3 Bildung, für soziale Gerechtigkeit, für Klimaschutz und sanierte Straßen.
Für das Vertrauen in eine gerechte Gesellschaft ist Steuergerechtigkeit essentiell. Alle Menschen und Unternehmen müssen nach ihren Verhältnissen angemessen zum Ge- meinwohl beitragen. Andersherum riskieren wir unsere Demokratie, wenn wir nicht den Eindruck vermitteln und immer weniger Leute glauben können, dass es fair zugeht.
Das bedeutet, dass die Gesetze so gemacht werden müssen, dass sie als gerecht emp- funden werden. Und sie müssen durchgesetzt werden, was angesichts uneinheitlicher Regelung in der Welt schwierig ist. Das bedeutet aber auch, dass wir eine Atmosphäre schaffen, in der es eben nicht oberstes Erfolgserlebnis ist, das Gemeinwesen zu über- listen und man nicht durch jedes Loch schlüpft, dass die Gesetzeslage lässt.
Lieber Kollege Kubicki, Sie wehren sich gegen das Diskreditieren derjenigen, die die gesetzlichen Möglichkeiten ausschöpfen und nennen es moralisch, ihnen dieses Ver- halten vorzuwerfen. Das halte ich teilweise für eine Nebelkerze. Denn wir reden hier nicht über Lieschen Müller, die die Tipps aus dem Buch „1000 ganz legale Steuertricks“ anwendet. Sondern über hochgradig ausgefeilte und komplexe grenzüberschreitende Steuervermeidungsmodelle, die sich ein nationaler Gesetzgeber wohl kaum so ausge- malt hat und die dem gesetzgeberischen Willen einigermaßen offensichtlich widerspre- chen.
Das als Politikerin kritisieren und diskutieren zu dürfen, finde ich wichtig und richtig. Da darf es aber nicht aufhören. Sie haben insofern Recht, als dass wir als Politiker*innen nicht in eine fade und folgenlose „nicht alles was legal ist, ist auch legitim“-Debatte ab- gleiten dürfen. Denn wir sind es ja schließlich, die verpflichtet wären, einen offenbar un- zureichenden Ordnungsrahmen so zu verändern, dass das Ergebnis zufriedenstellend ist.
Die Positionen von FDP und Grünen, beziehungsweise die Äußerungen von Frau Hein- old und Herrn Kubicki, lesen sich ein wenig unterschiedlich. Aber vollkommen einig sind wir uns darin, dass wir etwas tun wollen und werden und die Handlungsleitlinie dafür ist unser Koalitionsvertrag.
Der besagt: „Steuerschlupflöcher führen nicht nur zu immensen Einnahmeausfällen, sondern beschädigen auch das Vertrauen in die Steuergerechtigkeit. Zu deren Beseiti- gung werden wir entsprechende Bundesratsinitiativen unterstützen. Dazu dient unter anderem unsere Initiative zur Anzeigepflicht von Steuergestaltung.“
An der Stelle sehe ich keine inhaltlichen Differenzen, so sehr Sie sich das auch herbei- sehnen, liebe Opposition. Die genannte Initiative für eine Anzeigepflicht von Steuerge- staltung hat unsere Finanzministerin jetzt bereits auf den Weg gebracht. Bis zum nächs- ten Sommer werden die Finanzstaatssekretär*innen der Länder unter Federführung von Schleswig-Holstein und Rheinland-Pfalz für eine entsprechende gesetzliche Regelung Eckpunkte erarbeiten.
Diese Initiative ist ein wichtiger erster Schritt. Denn um gegen Steuergestaltungsmodel- le vorgehen zu können, müssen diese dem Staat erst einmal bekannt werden, ohne dass er dafür auf Whistleblower*innen und NGOs angewiesen ist. Wir werden als klei- nes Bundesland in Deutschland und gar in der EU alles tun, um Schlupflöcher zu schließen und für Steuergerechtigkeit zu kämpfen.

2 Liebe SPD, lieber Herr Stegner,
nach etlichen Regierungsjahren im Bund müssten Sie doch so ehrlich sein, dass Ihnen selbst nichts Durchschlagendes in der Frage gelungen ist. Wirksame Gesetze gegen Steuervermeidung: Fehlanzeige. Schwarz-Rot ist hier genauso wenig vorangekommen wie davor Schwarz-Rot und davor Schwarz-Gelb und hat im Wesentlichen den Status quo bewahrt.
Angesichts dessen hat eine Jamaika-Koalition, finde ich, eine Chance verdient und Sie sollten sich mit ihrem Spott wahrlich zurückhalten. Transparenz- und Antilobbyismusge- setze sind Ihre Herzensanliegen ohnehin eher weniger. Das haben wir in der letzten Wahlperiode gesehen.
Ich erinnere mich, dass in der Küstenkoalition Transparenzvorhaben in aller Regel von uns Grünen kamen und nicht unbedingt bei der SPD auf große Freude gestoßen sind. Auch der Grüne Gesetzentwurf im Bundestag für ein „Whistleblower-Schutzgesetz“ wurde von CDU und SPD abgelehnt.
Ersatz gab es nicht, obwohl das Thema sogar im Schwarz-roten Koalitionsvertrag stand. Es kann nicht sein, dass die Menschen, denen Staaten diese hochrelevanten und skandalösen Informationen verdanken, sich dafür vor Gericht wiederfinden. In den aktuellen Jamaika-Sondierungen spielt das Thema jetzt wieder eine Rolle.
Was das mediale Getöse zwischen Herrn Kubicki und Herrn Stegner angeht, scheint es mir, als ob zwei Herren am Rande einer ihrer Weinwetten die Verabredung getroffen haben, sich hier noch ein letztes Mal einen Schlagabtausch zu bieten.
Unsere Jamaika-Koalition in Schleswig-Holstein wird ihren Beitrag zur Lösung des Problems Steuergestaltung leisten. Weiter wird es jetzt darauf ankommen, dass es ei- ner nächsten Bundesregierung gelingt, wirksame Schritte einzuleiten. Nicht nur in Deutschland, sondern vor allem auch auf europäischer Ebene.
Das wird schwierig und dazu muss sie entschlossen ihren ganzen Einfluss geltend ma- chen. Es muss Schluss sein mit dem elenden Steuerwettbewerb zwischen den Mit- gliedsstaaten, der am Ende allen schadet. Die EU kann sich keine Steueroasen in ihren eigenen Reihen leisten. Hier dürfen grundlegende Reformen nicht gescheut werden, die der EU die notwendige Schlagkraft verleihen, um endlich voranzukommen.
Vielen Dank!
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