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25.01.18
13:03 Uhr
B 90/Grüne

Aminata Touré zum Kirchenasyl

Presseinformation

Landtagsfraktion Es gilt das gesprochene Wort! Schleswig-Holstein TOP 30 – Aktuelle Fälle des Kirchenasyls auf den Prüfstand Pressesprecherin stellen Claudia Jacob Landeshaus Dazu sagt die flüchtlingspolitische Sprecherin der Landtags- Düsternbrooker Weg 70 fraktion von Bündnis 90/Die Grünen, 24105 Kiel
Zentrale: 0431 / 988 – 1500 Aminata Touré: Durchwahl: 0431 / 988 - 1503 Mobil: 0172 / 541 83 53
presse@gruene.ltsh.de www.sh-gruene-fraktion.de
Nr. 023.18 / 25.01.2018

Mit dem Instrument des Kirchenasyls wird sehr behutsam umgegangen
Es gibt in der Flüchtlingspolitik weitaus wichtigere Themen als das Kirchenasyl. Wir ha- ben es bereits kritisiert als der Innenminister den Tagesordnungspunkt auf die Innenmi- nisterkonferenz (IMK) gesetzt hat. Es gibt eine Einigung zwischen den Kirchen und dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF). Daran sollen sich alle Seiten halten. So auch der Beschluss der IMK. Punkt.
Es wird oft kritisiert, dass ständig über Menschen auf der Flucht diskutiert wird. Sei es in Talkshows, in der Politik oder in den Medien. Das Problem ist aber, dass zu oft über die falschen Dinge diskutiert wird. Zu oft darüber gesprochen wird, was alles nicht geht. Zu wenig darüber, was wir machen können, um die Menschen dazu zu befähigen, hier selbstbestimmt leben zu können.
Über 60 Millionen Menschen sind auf der Flucht. Das Thema wird sich nicht über eine exzessive Abschottungs- und Abschiebepolitik lösen lassen. Das ist so. Ich bin mir ab- solut im Klaren darüber, dass es Menschen gibt, die weder politisches Asyl noch die Flüchtlingseigenschaft zugesprochen bekommen. Ich bin mir auch im Klaren darüber, dass es deshalb auch negative Bescheide vom BAMF gibt. Und ich bin mir auch im Kla- ren darüber, dass einige das Land auch wieder verlassen werden.
Aber, liebe Kolleg*innen, es gibt ein Spektrum, das sich zwischen dem Geschildertem befindet. Weil das Recht, so klug die Menschen auch sein mögen, die sich das alles ausdenken, nicht auf alle Fragen eine Antwort geben kann. Es gibt auch im Rechtsstaat atypische Fallkonstellationen. Dort greifen dann Mechanismen wie die Härtefallregelung oder das Kirchenasyl.


Seite 1 von 2 Und mein Kollege Burkhard Peters hat im Dezemberplenum deutlich skizziert, dass es kaum ein Verwaltungsverfahren gibt, das so fehleranfällig ist wie das Asylverfahren, und dass es deshalb solcher Leitplanken bedarf.
Als Ultima Ratio, um in begründbaren, außergewöhnlichen Einzelkonstellationen noch einmal an die Behörden zu appellieren, einen Aufschub zu verschaffen und die Behör- den zu einer erneuten Überprüfung der Entscheidung zu bewegen. Das Kirchenasyl stellt übrigens kein eigenes Rechtsinstitut dar. Über den Anspruch auf Asyl und Aufenthaltsrechte entscheiden in Deutschland unverändert Behörden und Ge- richte. Auch darüber sind sich Kirchen und das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge einig.

Mit dem Instrument des Kirchenasyls wird sehr behutsam umgegangen. Es ist unfair diejenigen in Verruf zu bringen, die sich für humanitäre Anliegen stark machen. Nämlich die Kirchen.
Ich finde es übrigens ziemlich schäbig, Herr Schaffer, die christliche Ethik immer dann vor sich her zu tragen, wenn es in die eigene Argumentationslogik passt und dann von sich weg zu weisen, wenn es aber einen Moslem, eine Nicht-Christin oder einen Flücht- ling betrifft.
Und Abgeordnete der AfD-Fraktion, ich weiß wohl, dass es Ihre Strategie ist, mit Aus- grenzung Politik zu machen. Aber daran müssen und daran sollten wir anderen uns nicht beteiligen.
Wir haben extrem viel zu tun in der Migrationspolitik. Einige Menschen werden das Land wieder verlassen müssen. Andere werden hier bleiben. Liebe Kolleg*innen, man vergisst nicht, welche Debatten über und selten mit einem einen geführt wurden. Das war vor 25 Jahren, als meine Eltern hier nach Deutschland herkamen und wir damals noch als Asylanten beschimpft wurden, nicht anders.
Mein Ziel, nein, eigentlich sollte es unser gemeinsames Ziel sein, ist, irgendwann nicht mehr von Flüchtlingen, nicht mehr von Flüchtlingskindern zu sprechen. Sondern sie als Teil unserer Gesellschaft zu verstehen.
Von Schüler*innen, von Arbeitnehmer*innen, von Arbeitgeber*innen, von Arbeitssu- chenden, von Rentner*innen oder was auch immer sie sein werden zu sprechen. Ohne, dass es nötig ist, sie als das zu brandmarken, was sie einst waren: Auf der Flucht vor dem, vor dem wir alle hier in diesem Raum auch fliehen würden, lebten wir nicht in einer funktionierenden Demokratie.
Ja, Abgeordnete der AfD-Fraktion, ich weiß, das schmeckt Ihnen wahrscheinlich gar nicht, aber einige dieser Menschen werden vielleicht auch eines Tages hier stehen, als Abgeordnete, und von diesem Pult aus für Demokratie und den Zusammenhalt unserer Gesellschaft kämpfen.
Wir werden ihren Antrag ablehnen.
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