Lars Harms: Konkrete Maßnahmen statt Verfassungsdebatte um Wohnraum
Presseinformation Kiel, den 04. Juli 2018Es gilt das gesprochene WortLars Harms TOP 8+9+39 Recht auf angemessenen Wohnraum in Landesverfassung aufnehmen Drs. 19/695 „Wir finden konkrete Schritte zur Wohnraumförderung sinnvoller.“Die Vereinten Nationen haben das Recht auf Wohnung rechtlich verankert, wonach der Staateine Grundversorgung bestimmter öffentlicher Güter zugänglich machen muss, und diesunabhängig vom Einkommen. Schleswig-Holstein hat dieses Ziel umgesetzt mit einemProgramm für die soziale Wohnraumförderung. Ich möchte an dieser Stelle ausdrücklich auf dieWohnungslosen hinweisen, die in dem Programm besondere Berücksichtigung finden. DieWohnungslosen sind nämlich die schwächste Mietergruppe, die sich auf dem derzeitig sehrangespannten Markt für bezahlbaren Wohnraum mit weitem Abstand hinten anstellen muss.Sie haben aber ein Anrecht auf eine moderne Wohnung. So wie auch Alleinerziehende oderFamilien.Dabei rede ich nicht von irgendeiner Wohnung, sondern von qualitativem Wohnraum. 2Dieses Thema haben wir ja in der letzten Landtagssitzung schon besprochen, als das von unseingebrachte Wohnraumschutzgesetz beraten wurde.Bereits hier zeigt sich, dass konkrete Maßnahmen einer erneuten Verfassungsdebattevorzuziehen sind. Diese Erkenntnis habe ich durch die Arbeit in der Verfassungskommission derletzten Wahlperiode gewonnen. Dort haben wir im Jahre 2014 ausführlich über einen Vorschlagder Piraten, dem Recht auf Wohnraum Verfassungsrang einzuräumen, debattiert. So verlockendein Grundrecht oder Staatsziel klingt, so wenig ist damit in der Wirklichkeit zu bewegen. Schafftman ein Staatsziel, so ist dessen Umsetzung unverbindlich. Schafft man ein Grundrecht, so mussder Staat Zugriff auf allen Wohnraum haben. Das eine ist unbefriedigend und das andereillusorisch. Darum hat sich die Verfassungskommission damals gegen den Antragausgesprochen.Dem Recht auf angemessenen Wohnraum Verfassungsrang einzuräumen, suggeriert vielleichteine Kehrtwende, faktisch wird damit aber keine einzige Wohnung geschaffen.Was soll denn in der Praxis aus diesem Recht resultieren? Menschen, die eine ungenutzteWohnung sehen, dürfen sie besetzen? So ist das in Spanien derzeit der Fall; mit denentsprechenden Nebenwirkungen. Dieser Möglichkeit will die spanische Regierung jetzt einenRiegel vorschieben. Diesen Weg wollen wir erst gar nicht beschreiten.Und noch eine ungeklärte Frage: Wie sieht es mit der regionalen Verteilung aus? Einer Studentinin Flensburg ist sicherlich nicht geholfen, wenn ihr eine Wohnung in Heide angeboten wird. DerHamburger Rand als auch Kiel und Flensburg haben andere Probleme als ländliche RegionenSchleswig-Flensburgs. Wir müssen die regionalen Angebotslücken, vor allem das nach wie vorungelöste Mietwohnungsproblem auf der Insel Sylt mit möglichst passgenauen Maßnahmenverbessern. Nur konkrete Maßnahmen - das heißt Wohnungsbau - können die Nachfrage nachWohnungen befriedigen. Dabei muss es nicht zwangsläufig Neubau sein, sondern es kann auchdie Instandsetzung vernachlässigter Häuser oder die Erleichterung des Ausbaus vonDachgeschoßwohnungen sein. In vielen dörflichen Ortskernen stehen Häuser leer, weil sie 3erheblichen Renovierungsbedarf haben oder weil sie nicht altersgerecht gebaut sind. Hier kanndie Landesregierung mit Förderprogrammen Bauherren unterstützen, Wohnraum zu schaffenoder zu erweitern. Und wir brauchen Mieterschutz durch das von uns eingebrachteWohnraumschutzgesetz.Alles das kann eine Aufnahme in die Verfassung nicht leisten. Deshalb sind wir grundsätzlich füreine entsprechende Diskussion offen, uns sind jedoch konkrete Schritte deutlich lieber.Hinweis: Diese Rede kann hier ab dem folgenden Tag als Video abgerufen werden:http://www.landtag.ltsh.de/aktuell/mediathek/index.html