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13.11.19
16:29 Uhr
SSW

Lars Harms: Der Arbeitsmarkt ist der beste Integrationsmotor

Presseinformation Kiel, den 27.09.2019
Es gilt das gesprochene Wort

Lars Harms TOP 28 Bericht zur Integration von Geflüchteten in den Arbeitsmarkt Drs. 19/1707
Lars Harms: „Es ist mir wichtig, dass wir bei diesem Thema geduldig bleiben.“
Wir beim SSW verstehen die Arbeitsmarktintegration als Teil eines integrierenden gesamtgesellschaftlichen Prozesses. Denn was wir ja immer wieder aufgezeigt bekommen ist, dass vor allem sprachliche und institutionelle Hürden die Integration geflüchteter Menschen erschweren. Ich habe das neulich erst wieder in einem Interview im Deutschlandfunk gehört, in dem es um die Ergebnisse einer Studie vom Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung geht. Darin wird zwischen mitgebrachten und institutionellen Hürden unterschieden. Die mitgebrachten Hürden wären dann mangelnde Sprachkenntnisse im Deutschen, mangelnde Fachkenntnisse für spezielle Berufe, fehlende Kenntnisse des deutschen Arbeitsmarktes und noch nicht entstandene Netzwerke. Von Traumata und psychischen Problemen, die auf der Flucht entstehen ganz zu schweigen. Institutionelle Hürden hingegen sind etwa hohe gesetzliche Auflagen, die die Anerkennung von Ausbildungen und Berufen erschweren, komplizierte Vorgänge zwischen den verschiedenen Behörden und nicht zuletzt eine bundesweit komplexe Gesetzeslage, die Verfahren verlängert und die Leute in der Warteschleife lässt. Und auch unsere Betriebe wollen die Sicherheit haben, dass die Auszubildenden oder Arbeitskräfte, die sie einstellen, nicht wieder abgeschoben werden.
Bundesweit lässt sich feststellen, dass 35% der Geflüchteten Jobs gefunden haben. Viele beginnen aber in der Leiharbeit und erledigen Helfertätigkeiten in der Gastronomie, im Reinigungsgewerbe, auf dem Bau. Sie arbeiten also im Niedriglohnbereich. Und diese Jobs sind einfach auch konjunkturgefährdet. In Schleswig-Holstein sieht das ähnlich aus: Im Dezember 2018 sprachen wir von 9.603 sozialversicherungspflichtig beschäftigten Geflüchteten. Ein Anstieg um fast 3.200 Menschen. Etwas über 3.000 Menschen zudem in geringfügiger Beschäftigung. Dieses Jahr haben von Januar bis August schon 3.364 Geflüchtete eine Beschäftigung auf dem 1. Arbeitsmarkt und 327 eine Ausbildung aufgenommen. Das sind, wie ich finde, erstmal tolle Zahlen. Die Anzahl steigt stetig und nach 3 1/2 Jahren ist das wirklich ein Erfolg, egal bei welchem Prozentsatz genau wir liegen. Und diesen Erfolg können wir wirklich allen Beteiligten 2
zuschreiben. Den Geflüchteten sowie den Ausbildungsbetrieben und Arbeitgebern, den staatlichen Strukturen und ehrenamtlich Engagierten. Und besonders unsere Berufsbildenden Schulen haben da wirklich eine super Arbeit geleistet. Wenn ich da daran denke, wie wir es in der Küstenkoalition hinbekommen haben, dort Strukturen mit freien Trägern wie den Wohlfahrtsverbänden und den Kreishandwerkerschaften aufzubauen, um den Spracherwerb zu fördern und die soziale Integration voranzutreiben, dann bin ich tatsächlich nachhaltig beeindruckt, dass wir das geschafft haben.
Was wir jetzt nach wie vor brauchen, sind Integrations- und Sprachkurse, fachliche Qualifizierungen, in einigen Fällen psychologische Begleitung und schlicht und einfach die Möglichkeit zur Begegnung. Und wir müssen faire und genaue aber zeitlich effektive Asylverfahren gewährleisten. Denn das ewige Warten, das macht etwas mit den Leuten. Sie bekommen keinen Job, keine Wohnung, verlieren die Motivation und die Perspektive. Wir brauchen außerdem weiterhin unsere DaZ-Klassen, VHS-Kurse und Alphabetisierungsprogramme. Wir müssen die Qualifizierungsmöglichkeiten für den beruflichen Einstieg weiterentwickeln. Und die Berufsschulen für Geflüchtete bis 27 zugänglich machen. Und dann kann man auch etwas eigennützig sagen: Wir brauchen endlich ein Verfahren zur Feststellung und Anerkennung von dem, was die Leute bereits können. Bestenfalls ein System, das bundesweit einheitlich angewandt werden kann. Die Kompetenzen der Leute, die müssen wir noch deutlich besser herausarbeiten. Denn die können wir für uns nutzbar machen.
Und es ist mir wichtig, dass wir bei diesem Thema geduldig bleiben. Der Weg der Arbeitsmarktintegration wird für Geflüchtete trotzdem noch ein langer bleiben. Das muss man sich ja nur einmal anders herum vorstellen. Wenn wir als Deutsche in ein anderes Land gehen müssten, deren gesprochene und geschriebene Sprache wir erst noch verstehen und lernen müssen. Wo wir uns auf Ungewohntes einstellen und andere Gepflogenheiten berücksichtigen müssten. Da müssen Sie beim durchzappen im Abendprogramm nur mal bei „Goodbye Deutschland“ hängen bleiben und Sie sehen, dass Deutsche das noch nicht mal in Spanien hinbekommen. Insofern kann man mit Fug und Recht sagen, dass wir das als Land gut angegangen sind, aber auch schon viele Geflüchtete es toll hinbekommen haben. So müssen wir weitermachen!
Hinweis: Diese Rede kann hier ab dem folgenden Tag als Video abgerufen werden: http://www.landtag.ltsh.de/aktuelles/mediathek/