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30.09.22
11:33 Uhr
SPD

Martin Habersaat zu TOP 7: Schwimmunterricht: Der Staat muss sich selbst ernst nehmen!

Heimo Zwischenberger Pressesprecher der SPD-Landtagsfraktion
Adresse Düsternbrooker Weg 70, 24105 Kiel Telefon 0431 988 1305 Telefax 0431 988 1308 E-Mail h.zwischenberger@spd.ltsh.de Webseite www.spd-fraktion-sh.de Es gilt das gesprochene Wort!

Hinweis: Diese Rede kann hier als Video abgerufen werden: http://www.landtag.ltsh.de/aktuelles/mediathek

LANDTAGSREDE – 30. September 2022
Martin Habersaat: Schwimmunterricht: Der Staat muss sich selbst ernst nehmen! TOP 7: Verbindlichen Schwimmunterricht in der Schule sicherstellen (Drs. 20/129, AltA 20/182) „ In den Fachanforderungen Sport für die Grundschule heißt es: „Ziel des Sportunterrichts ist es, zum sicheren Schwimmen zu befähigen. (…) Hinsichtlich einer jahrgangsstufen- bezogenen Zuordnung des Schwimmens gilt die Grundregel ‚Je früher, desto besser‘, spätestens jedoch ab Jahrgangsstufe 3.“ Das ist deutlich. Allein: Es passiert nicht überall. Diesen Umstand greifen die Fachanforderungen für die Sekundarstufe I betrübt auf, wenn es dort in der Beschreibung der Ausgangslage heißt: „Je nach Möglichkeiten der Grundschule gibt es schon Erfahrungen im Schwimmen.“
Aber man kann ja auch für die Sek. I Dinge festlegen, also legt man fest: Der Schwimmunterricht soll so früh wie möglich verbindlich angeboten werden. „Jede Schülerin und jeder Schüler erwirbt spätestens am Ende von Jahrgangsstufe 6 mindestens das Schwimmabzeichen in Bronze.“
Das ist auch deutlich. Allein: Es passiert auch nicht überall. Wie glaubwürdig aber ist ein Staat, wenn öffentliche Schulen sich nicht an Vorgaben halten oder nicht in die Lage versetzt werden, diese einzuhalten? Die Schulen sagen ja deutlich, was fehlt. Wollen Sie warten, bis der Bund sich dieser Probleme annimmt? Zuletzt hat der Landtag über den Schwimmunterricht im Frühjahr 2019 debattiert. Damals hatte die Landesregierung einen Bericht vorgelegt, der die Jamaika-Fraktionen zu einem ihrer wuchtigsten Anträge inspirierte: „Wir befürworten den umfassenden Bericht der Landesregierung, der eine erstmalige und breite Datengrundlage zur Schwimmsituation in Schleswig-Holstein geschaffen hat.“ (Antrag 19/1168). In dieser Legislaturperiode lernen wir, dass CDU und Grüne auch ohne FDP zu solcher Wucht in der Lage sind.
Zu den Inhalten des Berichts 2019: 18 Prozent aller Schulen in Schleswig-Holstein verweigerten eine Aussage darüber, ob und in welchem Umfang sie Schwimmunterricht anboten. 13 Prozent aller Schulen meldeten, dass sie keinerlei Schwimmunterricht anboten und nannten als Gründe fehlende Schwimmstätten,

1 fehlende Hallenzeiten, zu hohe Transportkosten und fehlende Lehrkräfte. Das sind die Probleme, die gelöst werden müssen. Ein weiser Mann hat einmal gesagt, die Lösungen sollten so groß sein wie die Probleme. Jede zweite Schule im Kreis Segeberg bot keinen Schwimmunterricht an. Jede dritte Grundschule im Kreis Herzogtum Lauenburg ebenfalls nicht. Leider auch die Hälfte der Förderzentren nicht, aber das in ein Problem jenseits der zitierten Fachanforderungen. 89 weiterführende Schulen teilten mit, dass sie in Klasse 5 und 6 auf Schwimmunterricht verzichteten und erst in späteren Jahrgängen damit anfingen. Immerhin das soll abgestellt sein, schreibt das Ministerium in Drucksache 20/202. Offenbar war das ein so großer Erfolg, dass der Runde Tisch Schwimmunterricht nun schon seit zweieinhalb Jahren nicht mehr tagen musste.
2019 kündigte die Landesregierung an, über die Schulaufsichten sicherzustellen, dass jährlich festgestellt wird, wie viele Schülerinnen und Schüler der 6. Klassenstufe über sichere Schwimmfähigkeiten verfügen. Fragt man die Landesregierung 2022, auf wie viele Schülerinnen und Schüler dies 2019, 2020 und 2021 zutraf, erhält man zur Antwort: „Zuletzt wurden Daten im Jahr 2019 erhoben.“ Nehmen Sie sich selbst eigentlich ernst, meine Damen und Herren auf der Regierungsseite? 2019 war es ein Fünftel der Kinder, das nicht sicher schwimmen konnte. Ein Fünftel, gemessen an den rückmeldenden Schulen. Das Ministerium schrieb im Bericht selbst, dass wohl von einer höheren Dunkelziffer auszugehen sei. Das fand sich deutlich im Bericht, leider gar nicht in den Ausführungen der Bildungsministerin zum Thema.
Ein weiteres Problem machte der Bericht deutlich: An 6,2 Prozent der Schulen mussten sich die Eltern an den Kosten für den Schwimmunterricht beteiligen. Das Thema Kosten erinnert daran, dass ein Großteil der Kinder, die sicher schwimmen können, dies kostenpflichtigen Schwimmkursen verdanken, für die ihre Eltern sie vor oder während der Grundschulzeit angemeldet haben. Am 4. April teilte die Innenministerin mit: Fast 10.000 Kinder haben durch die Jamaika-Schwimmern-Offensive Schwimmen gelernt. Allerdings mussten im selben Zeitraum 30.000 Kinder während der Corona-Pandemie ohne adäquate Schwimmausbildung auskommen. Auf die Schulen angewiesen sind die Eltern, die sich das nicht leisten können. Das Fünftel der Kinder, die nicht schwimmen können, wohnt vermutlich in den Häusern 9 und 10, um im Bild meines Fraktionsvorsitzenden zu bleiben. Um die müssen wir uns kümmern. Die sind darauf angewiesen, dass das staatliche Bildungswesen funktioniert.
Der Staat muss liefern. Und sich selbst ernst nehmen. Dabei hilft der FDP-Antrag, den wir deshalb unterstützen.“



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