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14.12.22
17:39 Uhr
B 90/Grüne

Jan Kürschner zur Änderung medienrechtlicher Staatsverträge

Presseinformation

Landtagsfraktion Schleswig-Holstein Es gilt das gesprochene Wort! Pressesprecherin Claudia Jacob TOP 7 – Änderung medienrechtlicher Staatsverträge Landeshaus Düsternbrooker Weg 70 Dazu sagt der medienpolitische Sprecher 24105 Kiel der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Zentrale: 0431 / 988 – 1500 Durchwahl: 0431 / 988 - 1503 Jan Kürschner: Mobil: 0172 / 541 83 53
presse@gruene.ltsh.de www.sh-gruene-fraktion.de
Nr. 303.22 / 14.12.2022


Die Medienstrategien des letzten Jahrtausends müssen auf den Prüfstand gestellt werden
Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist ein wichtiger Bestandteil unserer demokratischen Grundordnung - so sieht es das Grundgesetz vor. Aus meiner Sicht ist der öffentlich- rechtliche Rundfunk in einer tiefen Krise, weil eine bedeutende strukturelle Reform zu lange nicht stattgefunden hat. Die aktuellen Skandale sind hierfür Alarmsignale. Soll der öffentlich-rechtliche Rundfunk eine Zukunft haben, müssen wir jetzt handeln.
Es gab gravierende Fälle von Vetternwirtschaft, Korruption und Bereicherung im Bereich des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, wenn auch nicht beim NDR. Es gibt auch Fälle, in denen manche völlig das Maß zu verlieren scheinen, was mir nicht nur an individuellen Fehlern zu liegen scheint, sondern am System der Öffentlich-Rechtlichen selbst. Das be- stimmt die aktuelle Diskussion. Und diese Diskussion verdeckt derzeit die Bedeutung der Sender für die Gesellschaft.
Das muss sich alles ändern, damit der öffentlich-rechtliche Rundfunk weiter eine unver- rückbare Größe bleibt im Kampf gegen gezielte Desinformation, Falschnachrichten sowie Hass und Hetze.
Der vorliegende Staatsvertrag geht in die richtige Richtung, aber kann nur ein Wegweiser sein. Die Bundesländer müssen fernab von Partikularinteressen eine grundsätzliche Re- form auf den Weg bringen.
Mit dem neuen Staatsvertrag werden die Aufgaben nochmals geschärft: Information, Bil- dung, Kultur, Beratung und auch Unterhaltung. Er soll sich noch stärker von den privaten Anbietern abheben: er muss nicht marktwirtschaftlichen Anreizen folgen und hat damit mehr Möglichkeiten der Programmgestaltung, so die Begründung des Staatsvertrages. Damit kommt der Aufgabe höhere Bedeutung zu, innovative und überraschende Seite 1 von 2 Programminhalte zu schaffen. Ich als grundsätzlicher Fan des öffentlich-rechtlichen Rundfunks freue mich darauf.
Es muss aber insgesamt eine neue Justierung erfolgen. Ein immer größerer Teil der Be- völkerung schaut kein lineares Fernsehen mehr, ich selten. Auch wenn bislang noch mehr als die Hälfte der Zuschauer*innen lineares Fernsehen schaut: Darauf muss sich der ÖRR einstellen. ZDF-Zuschauer*innen sollen durchschnittlich 65 Jahre alt sein, der Durchschnitt der ARD-Zuschauer*innen soll mit 64 Jahren knapp darunter, der Durch- schnitt beim NDR soll sogar höher liegen. Daher bedarf es einer Fokussierung auf die Kernaufgaben, einer langfristigen Modernisierung als multimediale Plattform.
Die Medienstrategien des letzten Jahrtausends müssen auf den Prüfstand gestellt wer- den. Was wir brauchen, ist definitiv mehr Innovationsbereitschaft und mehr Transparenz. Was passiert in den Funkhäusern? Warum werden bestimmte Programmentscheidungen getroffen?
Die Forderung nach Transparenz gilt wegen der Finanzierung durch im internationalen Vergleich nicht zu geringe öffentliche Mittel auch für die Gehaltsstruktur, der Höhe der Altersbezüge und die Praxis einer Zwei-Klassen-Gesellschaft unter den Festangestellten und den freien Mitarbeiter*innen. Und explizit auch für die Tätigkeit der vielzähligen kom- merziellen Tochterfirmen der Sender.
Die Stärkung der Aufsichtsgremien ist dringend nötig und ein Ziel des Staatsvertrages, das wir vollumfänglich unterstützen: Transparenz und Controlling muss einen höheren Stellenwert bekommen. Die Gremien sollen Richtlinien aufstellen, die Qualitätsstandards festlegen. Die Haushalts- und Wirtschaftsprüfung muss stärker im Fokus der Gremien stehen. Die Gremien müssen in die Lage versetzt werden, sich ein eigenes Bild zu ver- schaffen. Dafür benötigen Sie Möglichkeiten zur Einbindung von wirtschaftlicher Kontroll- kompetenz.
Auch die Zusammensetzung des Rundfunkrates muss sich ändern, um die Veränderung in der Gesellschaft widerzuspiegeln. Und um mit dem nötigen Abstand die nötige Fach- kompetenz für eine effektive Aufgabenwahrnehmung zu erhalten.
Zum Schluss nochmal: Wir erwarten von allen Beteiligten, dass sie die Möglichkeiten durch die Änderung des Staatsvertrages nutzen, um den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zukunftsfest aufzustellen.
Schließen möchte ich heute mit Worten von Adolf Grimme, damals bei der Gründung des Funkhauses in Flensburg: „Grenzland muss immer auch Brückenland sein!“. Möge sich der NDR selbst eine Brücke in die Zukunft bauen.
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