Navigation und Service des Schleswig-Holsteinischen Landtags

Springe direkt zu:

Diese Webseite verwendet ausschließlich für die Funktionen der Website zwingend erforderliche Cookies.

Datenschutzerklärung

Pressefilter

Zurücksetzen
23.02.23
15:22 Uhr
SPD

Thomas Losse-Müller zu den TOP's 34+37: Industriepolitik: Wir brauchen ambitioniertere Ziele und konkrete Umsetzung vor Ort

Heimo Zwischenberger Pressesprecher der SPD-Landtagsfraktion
Adresse Düsternbrooker Weg 70, 24105 Kiel Telefon 0431 988 1305 Telefax 0431 988 1308 E-Mail h.zwischenberger@spd.ltsh.de Webseite www.spd-fraktion-sh.de Es gilt das gesprochene Wort!

Hinweis: Diese Rede kann hier als Video abgerufen werden: http://www.landtag.ltsh.de/aktuelles/mediathek

LANDTAGSREDE – 23. Februar 2023
Thomas Losse-Müller: Industriepolitik: Wir brauchen ambitioniertere Ziele und konkrete Umsetzung vor Ort TOP 34+37: In wirtschaftlich schwierigen Zeiten braucht es eine entschlossene Industriepolitik sowie die maritime Wirtschaft als Bestandteil der ökologischen Transformation fördern (Drs. 20/720, AltA 20/743, 20/724) „In den Konzernzentralen der großen Industrieunternehmen wird gerade die nächste industrielle Revolution geplant. Weg von Öl und Gas als Rohstoff und Energiequelle hin zu Kreislaufwirtschaft und grünem Wasserstoff. Wir haben hier in Schleswig-Holstein lange auf diesen Moment gehofft. Endlich haben wir die Chance, unsere Idee eines grünen Industriestandorts Wirklichkeit werden zu lassen. Windstrom wird zum Standortvorteil. So wie es damals die Kohle im Ruhrgebiet war. Leider spielt es bei den Investitionsentscheidungen der Industrie keine große Rolle, was wir uns wünschen. Mittlerweile hat die ganze Welt begriffen wie der Hase läuft. China und die USA sind entschlossen, die neuen grünen Industrien zu sich zu holen – koste es was es wolle. China macht das schon seit vielen Jahren: Windindustrie, Solarindustrie, E-Mobilität, Batterieproduktion.
Jetzt haben die USA mit dem IRA nachgelegt: Aufbau einer nationalen e-mobilen Automobilwirtschaft „made in America“ und - mindestens genauso wichtig: Herrschaft über die globalen Märkte für grünen Wasserstoff. Die Subventionen sind so hoch, dass grüner Wasserstoff billiger als grauer Wasserstoff - also dem aus Erdgas - werden soll. Mit anderen Worten: Die USA sorgen gerade dafür, dass der komplette grüne Wasserstoff-Boom nur noch ein Ziel kennt: Amerika. Alle Konzernstrategen richten ihren Blick jetzt gen USA.
Beim Thema Industriepolitik geht es nicht nur um ein vermeintliches „Nice-to-Have“ wie Northvolt. Es geht hier um den Erhalt bestehender Arbeitsplätze vor allem auch in der chemischen Industrie. Allein am Standort Brunsbüttel sind 12,000 Arbeitsplätze darauf angewiesen, dass es schnell ein glaubhaftes Signal gibt, dass Schleswig-Holstein der Standort für grünen Wasserstoff in Europa ist. Die Warnung der Industriegewerkschaften sind eindeutig: Wir brauchen ambitioniertere Ziele und konkrete Umsetzung vor Ort. All das wird nicht ohne zusätzliche Mittel und Personal vom Land gehen.
1 Es reicht nicht, dass jetzt 100 Mitarbeitende in Teilzeit in Projekten und AGs nebenbei die Ansiedlung von Northvolt organisieren. Herr Ministerpräsident, wir sprechen ja auch mit Northvolt und es ist doch peinlich, was das Northvolt-Team alles selbst erledigen und koordinieren muss. Es kann doch nicht der Job eines Unternehmens sein, das sich hier Ansiedeln will, sich um den Aufbau von Internationalen Schulen, Freizeitwert für die Mitarbeiter, Wohnungsbau und Flächen für die Zulieferer zu kümmern. Wir brauchen eine neue, dauerhafte Agentur mit spezialisierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die Großprojekte wie den Umbau von Brunsbüttel oder eben Ansiedlungsprojekte begleiten. Und was machen Sie stattdessen? Sie schaffen 50 zusätzliche Stellen im Landwirtschaftsministerium. Es geht hier doch um den Wandel vom Agrarland zum Industrieland und nicht umgekehrt! Es soll ins Jahr 2050 gehen und nicht 1950.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von schwarz-grün, wir teilen Ihre Auffassung, dass der maritime Sektor eine wichtige Rolle in der industriellen Transformation haben kann und Teil neuer industriepolitischer Initiativen in Europa und Deutschland sein sollte. Aber es wäre schon gut, wenn die Union dann nicht gegen diese Strategie stimmt. Gerade in der vergangenen Woche haben Sie Ihre eigene Kommissionspräsidentin von der Leyen im Europäischen Parlament blamiert und dem grünen Industrieplan nicht zugestimmt. Die Lage unserer Industrie hat sich drastisch verändert. Industriepolitik muss unter krass neuen Rahmenbedingungen neu formuliert werden.
Ich bin der FDP sehr dankbar für ihren Antrag. Weil so auch klar wird, wo die Gegensätze und Alternativen in dieser Diskussion liegen. Wir sind hier grundsätzlich anderer Auffassung. Das ist keine Überraschung. Ich glaube nicht dass wir den Standort Schleswig-Holstein mit einer Rückkehr zum den ideologischen Hits der 80er und 90er weiterentwickeln können. Insbesondere deshalb nicht, weil unsere Konkurrenz in den USA und China das auch nicht tut. Es muss einem doch zu denken geben, wenn selbst die USA - die Verteidiger des Freihandels, die Heimat des Neoliberalismus und der Reagonomics - jetzt genau das Gegenteil tun. Yanet Yellen die US Finanzministerin hat das letzte Woche nochmal sehr deutlich gemacht: Europa, Du musst selber für Dich sorgen.
Es ist ernst. Wir alle haben das gleiche Ziel. Wir wollen die industriepolitischen Chancen für Schleswig-Holstein nutzen. Wir müssen die industriepolitischen Strategien dieses Landes an eine neue Situation anpassen. Lassen Sie uns das gemeinsam hier und mit Industrie und Gewerkschaften tun. Dazu stehen wir bereit.“



2