Thomas Losse-Müller zu TOP 8,11,24+28: Ein gutes Leben fängt mit einem sicheren und bezahlbaren Zuhause an
Heimo Zwischenberger Pressesprecher der SPD-Landtagsfraktion Adresse Düsternbrooker Weg 70, 24105 Kiel Telefon 0431 988 1305 Telefax 0431 988 1308 E-Mail h.zwischenberger@spd.ltsh.de Webseite www.spd-fraktion-sh.de Es gilt das gesprochene Wort!Hinweis: Diese Rede kann hier als Video abgerufen werden: http://www.landtag.ltsh.de/aktuelles/mediathekLANDTAGSREDE – 10. Mai 2023Thomas Losse-Müller Ein gutes Leben fängt mit einem sicheren und bezahlbaren Zuhause an TOP 8+11+24+28: Schleswig-Holsteinisches Wohnraumschutzgesetz sowie „Junges Wohnen“ in Schleswig-Holstein umsetzen, Herausforderungen für den Wohnungsbau gemeinsam meistern und EU-Gebäuderichtlinie sozial gerecht ausgestalten (Drs. 20/899, 20/681, 20/747, 20/909, 20/944)„Es gibt zwei Zahlen, die brutal ehrliche Gradmesser dafür sind, wie ernst wir es mit dem sozialen Zusammenhalt in unserem Land meinen. Die erste Zahl: 11.000 Menschen haben in Schleswig-Holstein keinen festen Wohnsitz - 11.000 Menschen sind wohnungslos oder gar obdachlos! 11.000 Menschen. Das entspricht der Einwohnerzahl von Niebüll. Die zweite brutale Zahl ist: Wir hatten mal über 200.000 Sozialwohnungen in Schleswig-Holstein. Davon sind nur noch rund 45.000 übrig und es werden jedes Jahr weniger.Wir leben da, wo andere Urlaub machen. Wir sind das nette Land mit den glücklichen Menschen zwischen den Meeren. Der echte Norden. Gelbe Rapsfelder, blauer Himmel und frische Luft. Hier kann man gut leben und wohnen. Aber wir müssen uns klar machen, dass es da diese ganz andere harte und bittere Seite unseres Heimatlandes gibt, für die Sie als Regierung ebenfalls die Verantwortung tragen. Wir müssten eine ganze neue kleine Stadt von der Größe Niebülls bauen, um jedem im Land ein Dach über dem Kopf zu geben. Wir müssten zweimal Neumünster oder Norderstedt voller Sozialwohnungen bauen, um wieder für ausreichend günstigen Wohnraum zu sorgen. Und schon jetzt ist klar: Die Lage wird schlimmer werden.Die Landesregierung hat gerade selber festgestellt, dass es in Schleswig-Holstein 67 Wohnungsmärkte mit angespannter Wohnlage gibt. Dazu zählen unsere großen Städte Kiel, Lübeck, Norderstedt, so ziemlich alle Städte im Hamburger Rand und die Küstenorte und Inseln. Wenn man mal zusammenzählt lebt heute schon jede dritte Schleswig-Holsteinerin, jeder dritte Schleswig-Holsteiner in einer Stadt mit angespannter Wohnlage. 1 Wer heute eine Mietwohnung baut, muss mehr als 16 Euro Miete pro Quadratmeter nehmen, um die Baukosten wieder reinzuholen. Eine normale Drei-Zimmer Wohnung mit 85qm kostet dann 1400 Euro Miete, kalt! Auch die Mitte der Gesellschaft kann sich so eine hohe Miete nicht mehr leisten. Eine dreiköpfige Familie Mutter-Vater-Kind mit guten Jobs und dem Durchschnittseinkommen von 2.500 Euro muss in Pinneberg mehr als die Hälfte des Einkommens für die Miete zahlen… Deshalb baut die Wohnungswirtschaft aktuell auch keine neuen Wohnungen mehr. Die wissen, dass sie die nicht vermietet bekommen. Steigende Zinsen, steigende Baukosten. Familien geben ihre Baugrundstücke zurück, selbst bei uns auf dem Land. Diese Familien können sich den Traum vom Eigenheim nicht mehr leisten können. Wenn noch jemand Grundstücke kauft, dann sind das meistens Menschen von außerhalb, die genug Geld mitbringen. Sie müssen anerkennen: Wir haben eine Wohnungskrise!Und auf diese Krise müssen wir bessere Antworten liefern, als dass was Ihre Landesregierung bisher macht. Es kann doch nicht sein, dass die einzige Antwort des Ministerpräsidenten auf Wohnungslosigkeit ein Besuch bei der Stadtmission und der Verkauf einer Obdachlosenzeitung vorm Famila ist. Und gleichzeitig verhindert Ihre CDU in den Gemeindevertretungen und Stadtparlamenten den kommunalen Wohnungsbau – das einzige Instrument, das hier wirklich helfen würde.Es kann doch nicht sein, dass die Hilfe für die Mieter in den verrottenden Wohnblocks wie den Hölk-Hochhäuser in Bad Oldesloe jahrelang nicht kommt. Wir haben Ihnen hier schon vor einem Jahr ein Wohnraumschutzgesetz vorgelegt, damit Kommunen im ganzen Land diese Zustände beenden können. Sie haben es ein Jahr lang im Ausschuss versauern lassen, nur um jetzt ganz genau die gleichen Regelungen vorzulegen. Damit haben die Mieterinnen und Mieter ein Jahr verloren. Es war ein Fehler, dass Sie dieses wichtige Gesetz für viele Monate auf die lange Bank geschoben haben! Aber auch Ihre weitere Politik zeigt, dass Sie den Ernst der Wohnungskrise nicht erkannt haben. Zinsen und Baukosten steigen immer weiter. Trotzdem werden junge Familien von Ihnen werden weder bei der Grunderwerbsteuer noch mit der im Koalitionsvertrag angekündigten Eigenheimzulage entlastet. Und kann doch nicht sein, dass ihre Antwort auf steigende Mieten Nichtstun ist! Sie haben im Koalitionsvertrag bereits eingestanden, dass Jamaika beim Schutz von Mieterinnen und Mieter einen Fehler gemacht hat. Sie hätten die wenigen Regelungen gegen Mietpreissteigerungen niemals abschaffen dürfen!Angeblich wollen Sie das korrigieren. Trotzdem haben Sie immer noch keine Kappungsgrenzenverordnung vorgelegt, obwohl sie sie schon lange angekündigt haben. Worauf warten Sie eigentlich? Und wenn Sie sich auf den Weg machen, erledigen sie gleich den 2 ganzen Job. Jede teure Neuvermietung zieht die Vergleichsmieten nach oben und schwächt die Kappungsgrenzenverordnung. Deshalb: Kappungsgrenzenverordnung und Mietpreisbremse. Jetzt!Das Recht auf eine gute und bezahlbare Wohnung ist einer der Grundpfeiler unserer sozialen Marktwirtschaft. Gutes und günstiges Wohnen ist die Voraussetzung für sozialen Frieden und Zusammenhalt. Das Vertrauen der Menschen in die Handlungsfähigkeit von Politik hängt davon ab, dass wir Ihnen ein gutes Leben in einem schönen, bezahlbaren Zuhause ermöglichen. Warum sollten die Menschen uns – der Politik – denn vertrauen, dass wir das mit dem Wandel zu einem klimaneutralen Industrieland hinkriegen, wenn wir noch nicht mal für gute und günstige Wohnungen sorgen können? Die Akzeptanz einer humanen Flüchtlingspolitik, die uns allen hier im Saal am Herzen liegt ist durch den Mangel an Wohnraum ernsthaft bedroht. Und zwar viel mehr als durch die abstrakte Frage, wer was bezahlt. Herr Ministerpräsident, da müssen Sie Ihre Priotitäten dringend neu justieren. Und: Die Schaffung von Wohnraum ist die Voraussetzung für gutes und faires Wachstum.Um Zuwanderung gerecht zu organisieren und den Fachkräftemangel zu bekämpfen, müssen wir vorher die Wohnungen und Kitas und Schulen bauen, die wir brauchen. 10.000 neue Fachkräfte pro Jahr. Das heißt, 10.000 neue Wohnungen – jedes Jahr. Wenn wir diese Wohnungen nicht bauen, werden die Menschen Zuwanderung nicht akzeptieren. Die Unternehmen und Betriebe im Land wissen das. Bei uns in Eckernförde ist es mittlerweile üblich, dass Betriebe Wohnungen mieten, um neue Fachkräfte, die sonst keine Wohnung finden, unterzubringen. Die würden sonst gar nicht kommen. Die Klinikbetriebe in Damp bauen aus dem gleichen Grund viele Dutzend neue Wohnungen für Pflegerinnen und Köche aus Indonesien und den Philippinen. Wohnen ist Beides: eine Soziale Frage und eine Frage der Sicherung unserer Wirtschaftskraft!Wir wissen alle, dass die Wohnungskrise uns vor sehr schwere Aufgabe stellt. Es gibt keine einfachen Antworten. Ja, Schleswig-Holstein hat viel getan für die Förderung des sozialen Wohnungsbaus. Das galt für alle Landesregierungen. Küste, Jamaika und jetzt Schwarz-Grün. Die Förderlandschaft in Schleswig-Holstein ist gut entwickelt. Zumindest besser als anderswo. Und ja, der Bund hat sich verpflichtet zu helfen und er muss liefern. Aber am Ende wird es nur gehen, wenn wir hier im Land buchstäblich die Ärmel hochkrempeln. Der Kieler Nachkriegsbürgermeister Andreas Gayk, der in einer Zeit aktiv war, in der die Wohnungskrise noch größer war, hat einmal festgehalten: „Die Tatsache, dass eine Aufgabe schwer ist, ja dass sie möglicherweise erst nach wiederholten Anläufen erreicht werden kann, beweist noch nicht ihre Unlösbarkeit.“ Wir haben schon mal gezeigt, dass man eine 3 Wohnungskrise lösen kann. Der soziale Wohnungsbau wurde hier in Schleswig-Holstein in der Nachkriegszeit erfunden. Mit dem ERP-Sonderprogramm Flüchtlinge wurden allein 1949/50 10.000 zusätzliche Wohnungen gebaut, in 2 Jahren! – zum Beispiel die Böckler Siedlung in Neumünster. Wir brauchen wieder diesen Willen.Unsere Vorschläge als SPD sind klar: Wir sind davon überzeugt, dass wir die Not am Wohnungsmarkt nur mit Hilfe des kommunalen Wohnungsbaus lösen können. Der freie Markt wird den Wohnungsraum für die vielen Wohnungslosen, für Flüchtlinge und andere Gruppen in besonderer Not nicht lösen. Der Markt wird auch in den Ferienorten und auf den Inseln nicht genug Wohnungen für Fachkräfte, öffentliche Bedienstete und andere Menschen mit normalen Einkommen bauen, wenn er die gleiche Wohnung an wohlhabende Best-Ager verkaufen kann. Deshalb ist unsere Lösung, dass das Land die Kommunen beim kommunalen Wohnungsbau unterstützt und selbst mit einer Landesgesellschaft aktiv wird. Wir schlagen ein neues Bündnis für bezahlbares Wohnen vor, um alle Kräfte im Land zu bündeln. Wir fordern die Landesregierung, auf, die Mietpreisbremse und Kappungsgrenzenverordnung endlich wieder einzuführen. Wir sind bereit mit Ihnen zusammen die vielen bürokratischen Vorgaben und Regeln für den Bau zu ändern und alles dafür zu tun, dass Planungen beschleunigt werden. Damit schneller und günstiger gebaut werden kann.In diesem Sinne wünsche ich mir, dass wir nicht aufgeben. Dass wir nicht mit den Achseln zucken, wenn wir lesen, dass die Zahl der Wohnungslosen wieder gestiegen ist. Oder dass die Zahl der Sozialwohnungen wieder mal zurückgeht. Es ist unsere Verpflichtung, allen Menschen in unserem Land ein gutes Leben zu ermöglichen. Das fängt mit einem sicheren und bezahlbaren Zuhause an. Sorgen wir also dafür.“ 4