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12.10.23
12:50 Uhr
B 90/Grüne

Catharina Nies zur Eröffnung von Taschengeldkonten

Presseinformation

Es gilt das gesprochene Wort! Landtagsfraktion Schleswig-Holstein TOP 23 – Taschengeldkonten auch bei gemeinsamem Sorgerecht alleinig eröffnen können Pressesprecherin Claudia Jacob Dazu sagt die familienpolitische Sprecherin der Landeshaus Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Düsternbrooker Weg 70 24105 Kiel Catharina Nies: Zentrale: 0431 / 988 – 1500 Durchwahl: 0431 / 988 - 1503 Mobil: 0172 / 541 83 53
presse@gruene.ltsh.de www.sh-gruene-fraktion.de
Nr. 293.23 / 12.10.2023


Alleinerziehende müssen gestärkt und Regeln vereinfacht werden
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Abgeordnete,
ich bedanke mich bei meiner FDP-Kollegin für diesen Antrag, weil er ein Anlass ist, die Situation Alleinerziehender genauer anzuschauen.
Das Thema „Taschengeldkonto“ erscheint vielleicht auf den ersten Blick klein, aber schauen wir genauer hin, ist es nur ein Beispiel von vielen Herausforderungen in der Alltagssituation alleinerziehender Elternteile, die das Sorgerecht mit dem anderen Eltern- teil teilen.
Im Jahr 2022 gab es laut Statistischem Bundesamt rund 1,57 Millionen Alleinerziehende- Familien in Deutschland. Von den rund 13 Millionen Kindern unter 18 Jahren leben inzwi- schen 18 Prozent mit nur einem Elternteil im Haushalt. 85 Prozent der alleinerziehenden Elternteile sind Mütter. Auf ihnen lag und liegt auch heute noch die Hauptlast der Erzie- hung.
Kindschaftsrecht, Sorgerecht und Umgangsrecht sind wichtige aber eben auch sehr kom- plexe Rechtsbereiche. Bei nicht wenigen sind die Familienverhältnisse herausfordernd und aktuelle Regelungen passen nicht unbedingt zu der Lebenswirklichkeit.
Dass Eltern nach einer Trennung weiterhin verantwortungsvoll und fair miteinander um- gehen können, wäre gut und wünschenswert, und ist oftmals so - aber es ist aus unter- schiedlichen Gründen leider nicht immer der Fall.
Dabei geht es nicht um Eltern, die trotz Trennung einen partnerschaftlichen Umgang Seite 1 von 3 miteinander pflegen. In diesen Fällen wird es einfacher sein, sogenannte. „einvernehmli- che Lösungen“ zu finden - sowie es das Sorgerecht ja vorschreibt - und die Unterschrift beider Elternteile zum Beispiel für die Eröffnung eines Kontos zu organisieren.
Schwierig wird es aber für jene Alleinerziehende, die kaum Kontakt zu dem anderen El- ternteil haben, weil dieses weit weg lebt oder für jene, die diesen Kontakt bewusst mei- den, weil die Vergangenheit von häuslicher Gewalt geprägt war.
Es ist zum einen wichtig, dass häusliche Gewalt in den sorge- und umgangsrechtlichen Entscheidungen der Familiengerichte künftig stärker als bisher berücksichtigt wird. Zum anderen müssen wir derzeitige Regelungen bei einem geteilten Sorgerecht aber auch daraufhin überprüfen, ob und wie praktikabel sie für Alleinerziehende sind und wie kind- gerecht.
Nicht nur die Eröffnung eines Kontos für das eigene Kind, sondern auch eine Reise in das Ausland, medizinische Entscheidungen oder auch die Frage der Änderung des Nach- namens des Kindes nach erneuter Heirat des alleinerziehenden Elternteils, das alles kön- nen immer wieder echte Herausforderungen für Kinder und für Alleinerziehende werden.
Denn hierzu braucht es jeweils die Zustimmung beider Elternteile im Fall eines gemein- samen Sorgerechtes, beziehungsweise des gemeinsamen Aufenthaltsbestimmungs- rechtes.
Das Namensrecht wird derzeit auf Bundesebene überarbeitet und hierbei sollen die Rechte des Kindes in der Bestimmung seines Nachnamens beziehungsweise bei einer Namensänderung künftig gestärkt werden. Das halte ich für richtig.
Aber auch in anderen Bereichen könnte nachjustiert werden, um Regelungen an Lebens- realitäten anzupassen.
Im gemeinsamen Sorgerecht wird zwischen Angelegenheiten von „erheblicher Bedeu- tung“ und Angelegenheiten des „täglichen Lebens“ unterschieden. Bei ersterem sollen die Eltern einvernehmliche Entscheidungen treffen.
Die Frage ist, ob ein eigenes Konto mit einer eigenen Bankkarte wichtig für den Alltag Jugendlicher ist. Ist zu lernen, mit Geld umzugehen, eine Frage des täglichen Lebens?
Taschengeld ist wichtig für Kinder, denn es eröffnet eigenständige Handlungsspielräume und es lehrt den Umgang mit Geld. Eltern müssen ihren Kindern kein Taschengeld zah- len, aber sie sollten dies tun, wenn sie es können.
Unsere Welt ist digital und ein großer und steigender Anteil von Bezahlvorgängen läuft mit Karte. Auch im Supermarkt, beim Bäcker oder am Kiosk wird mit Karte bezahlt. Es ist wichtig, dass Kinder auch dies lernen und verstehen.
Taschengeld gehört zu den „alltäglichen Dingen“, die der Elternteil allein entscheiden darf, bei dem das Kind überwiegend lebt. Aber eine Kontoeröffnung fällt unter „Angele- genheiten mit erheblicher Bedeutung“ und kann nur mit Unterschrift beider Elternteile er- öffnet werden. Das passt nicht wirklich zusammen.
Auch die Vollmacht und damit die Verfügungsgewalt über das Taschengeldkonto eines nicht volljährigen Kindes haben dann beide Elternteile. Selbst wenn das Geld nur von einer Person einbezahlt wird.
2 Um dies anders handzuhaben, würde es derzeit rechtlich nur eine Lösung geben. Näm- lich den Weg zum Gericht und ein langwieriges Verfahren zum Sorgerechtsentzug. Das ist kompliziert und kann Elternteile und Kinder sehr belasten.
Es wäre wünschenswert, einen anderen Weg zu ermöglichen, und dem alleinerziehen- den Elternteil die Option zu eröffnen, trotz gemeinsamer Sorge alleinverantwortlich ein Taschengeldkonto zu eröffnen.
Aus meiner Sicht ergibt es Sinn, sich einzelne Beschränkungen Alleinerziehender ge- nauer anzuschauen und dazu im Sozialausschuss detaillierter zu beraten. Deshalb bitte ich um Überweisung des Antrags.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
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