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03.11.23
11:58 Uhr
FDP

Christopher Vogt zu TOP 1 "Die Folgen der Sturmflut bewältigen und unseren Küstenschutz stärken"

03.11.2023 | Innen
Christopher Vogt zu TOP 1 "Die Folgen der Sturmflut bewältigen und unseren Küstenschutz stärken" In seiner Rede zu TOP 1 („Die Folgen der Sturmflut bewältigen und unseren Küstenschutz stärken“) erklärt der Vorsitzende der FDP-Landtagsfraktion, Christopher Vogt:
„Das Sturmtief vor zwei Wochen hat mit sehr starken Ostwinden unsere Ostseeküste vielerorts frontal getroffen. Es war eine Jahrhundertsturmflut – mit Blick auf die Pegelstände, aber auch angesichts der massiven Schäden. Auf Fehmarn ist eine junge Frau tödlich verunglückt. Wir sind in den Gedanken bei ihren Angehörigen und Freunden.
Eine solch verheerende Sturmflut an unserer Ostseeküste ist natürlich und zum Glück ein sehr seltenes Ereignis. Es könnte so oder so ähnlich aber in Zukunft öfter passieren. Und darauf muss sich unser Bundesland sehr zügig deutlich besser einstellen.
Ich bin sehr dankbar, dass sich die Fraktionen sehr schnell gemeinsam dazu entschieden haben, eine Sondersitzung des Landtages stattfinden zu lassen. Es ist das klare und gemeinsame klare Signal: Die Landespolitik steht an der Seite der Betroffenen – der betroffenen Kommunen, aber auch der vielen betroffenen Bürger, der Unternehmer, der Anwohner und nicht zuletzt auch der Camper oder Segler, die hier bei uns in Schleswig-Holstein oftmals schon seit Jahrzehnten mit ihren Familien zu Gast sind und deren oft langjähriges und geliebtes Feriendomizil massiv beschädigt oder zerstört wurde.
Ich fand es übrigens richtig und angemessen, dass verschiedene Mitglieder der Landesregierung sehr schnell mehrere betroffene Orte an der Küste besucht und mit den Betroffenen gesprochen haben. Sowas ist aus meiner Sicht viel mehr als nur PR, was dann ja manchmal kritisch angemerkt wird. Das ist ein wichtiges Signal, verschafft einen eigenen Eindruck und hat ein gutes Bild abgegeben.
Das habe ich auch bei meinen eigenen Vor-Ort-Terminen immer wieder gehört. Ich hätte mir auch sehr gut vorstellen können und eigentlich auch gewünscht, dass die zuständigen Minister der Bundesregierung zeitnah an die Küste gekommen wären. Aber nun gut…
Jetzt muss es erstmal weiterhin darum gehen, die Schäden zu beseitigen und zu begutachten, es muss aber eben auch darum gehen, schnell wieder aufzubauen und zu klären, wie man sich zukünftig besser schützen kann. Ich möchte aber zunächst etwas zum Thema Katastrophenschutz sagen: Wir haben bei der Sturmflut vor zwei Wochen und in den Tagen danach – wieder einmal einen unglaublichen Einsatz der Mitglieder unserer Blaulicht-Familie gesehen. Einige nehmen das immer so als selbstverständlich hin – vermutlich, weil ihnen gar nicht klar ist, wie hoch der Anteil der ehrenamtlichen Arbeit ist und wie viel von ihrer Freizeit Tausende Menschen in Schleswig-Holstein für das Gemeinwohl aufwenden. Natürlich nicht nur in der Blaulicht-Familie, aber hier eben ganz besonders. Das sollten wir alle immer wieder betonen und noch mehr anerkennen und wertschätzen. Allen Helferinnen und Helfern einen ganz herzlichen Dank!
Ein Beispiel möchte ich mal nennen: Ich habe mich mit dem Wehrführer der Freiwilligen Feuerwehr der Stadt Schleswig getroffen. Die Feuerwehr hat rund 120 aktive Mitglieder, die während und nach der Sturmflut in wenigen Tagen fast 200 Einsätze absolviert haben. Das ist eine unglaubliche Leistung, auch wenn bedenkt, dass es normalerweise knapp 400 im Jahr sind, was auch schon sehr viel ist. Das zeigt: Wir sollten also das Ehrenamt weiter stärken und attraktiver machen.
Was mich wirklich nachdenklich macht, ist die Tatsache, dass an verschiedenen Orten berichtet wurde, wie sehr die Schaulustigen und Gaffer die Arbeit der Einsatzkräfte gestört und massiv behindert haben. Da läuft etwas falsch in unserer Gesellschaft. Diesen Leuten möchte man zurufen: Lasst das zukünftig bitte und engagiert Euch lieber selbst, anstatt die wichtige Arbeit der Einsatzkräfte zu behindern!
Nach der Flutkatastrophe im Ahrtal vor etwa zwei Jahren haben wir den Katastrophenschutz auch in Schleswig-Holstein wieder erheblich gestärkt. So wurden vom Land neue Fahrzeuge beschafft und auf die Kreise verteilt. Es wurde neue Katastrophenschutzeinheiten gebildet, die jetzt erstmals im Einsatz waren und z.B. aus dem Lauenburgischen nach Schleswig-Flensburg gefahren sind, um dort den Deich zu sichern. Ein Anfang ist also gemacht, den Katastrophenschutz in Schleswig- Holstein wieder besser aufzustellen.
Das muss jetzt aber auch weitergehen. Das Engagement der Einsatzkräfte ist überwiegend ehrenamtlich. Ehrenamt braucht an bestimmten Stellen auch Hauptamt. Deshalb müssen die angekündigten 15 zusätzlichen Stellen für den Katastrophenschutz im Innenministerium zügig geschaffen und besetzt werden. Das war ja ein recht zähes Ringen, aber das muss jetzt trotz der sehr angespannten Haushaltslage wirklich losgehen. Der Wunsch nach besserer Koordinierung des Katastrophenschutzes ist gerade an der Ostseeküste schließlich vorhanden, er ist absolut nachvollziehbar und muss deshalb auch entsprechend erfüllt werden. Es geht hierbei um eine sehr wichtige Kernaufgabe des Staates.
Meine Damen und Herren! Zum Küstenschutz: Die Sturmflut hat gezeigt, dass der Küstenschutz an unserer Ostseeküste anders gedacht werden muss als in der Vergangenheit. Er muss in verschiedenen Bereichen deutlich ernster genommen werden. Es wird an verschiedenen Stellen, die jetzt auch besonders betroffen waren, mehr investiert werden müssen. Das Land wird mehr Verantwortung übernehmen müssen – nicht nur finanziell, sondern im Zweifel auch organisatorisch. Der Natur- und der Küstenschutz müssen in der Tat viel stärker zusammen gedacht werden und sollten nicht als Gegensatz betrachtet werden, wie es bisher – zumindest teilweise – leider der Fall gewesen ist. Es wird nicht nur darum gehen müssen, an verschiedenen Stellen Deiche zu verstärken. Ich denke, man wird auch darüber sprechen müssen, zum Beispiel Buhnen zu ermöglichen und zu unterstützen, wo dies bisher nicht möglich bzw. nicht gewollt gewesen ist.
Zwei Dinge, Herr Umweltminister, irritieren dann auch: Zum einen, wenn ich höre, dass gesagt wird von ihren Mitarbeitern ,Ihr könnte die Deiche reparieren und wieder aufbauen, aber erstmal nur auf dem alten Niveau‘. Ich denke, das reicht so nicht aus. Da braucht man schnelle Lösungen, damit Deiche auch möglichst unkompliziert verstärkt werden können, wo dies offenkundig nötig geworden ist.
Zum anderen bin ich irritiert, wenn ich höre, dass Schäden an Deichen bereits seit 2016 bekannt waren, aber offenbar nicht repariert wurden. Selbst wenn dies keine landeseigenen Deiche gewesen sind, frage ich mich, warum dort nichts geschehen ist!? Das Umweltministerium hat doch auch eine Aufsichtsfunktion und dieser muss es dann auch nachkommen!
Meine Damen und Herren! Es wurde schon gesagt: Wir haben an vielen Stellen ganz massive Schäden an der Ostseeküste. Straßen und Wege sind stark beschädigt oder sogar weggerissen. Privathäuser sind vollgelaufen. Ganze Strände sind größtenteils verschwunden, die oft ja auch wichtiger Bestandteil der touristischen Infrastruktur sind. Viele Campingplätze und Segelhäfen wurden verwüstet. Es ist unglaublich viel Müll und Schutt angefallen. Und ich denke, es wäre eine sehr hilfreiche und pragmatische Soforthilfe, wenn Land und Kommunen dessen Entsorgung unentgeltlich übernehmen würden. 
Zu den angekündigten Hilfen des Landes: Ein Wiederaufbaufonds ist aus unserer Sicht grundsätzlich richtig. Es geht dabei ja vor allem um die beschädigte öffentliche Infrastruktur (ausdrücklich auch die touristische wie Strände etc.). Die Höhe der Schäden muss weiterhin seriös ermittelt werden. Viele Schäden sind ja jetzt auch erst so richtig sichtbar geworden. Die Landesregierung hat erste Zahlen genannt. Diese scheinen mir auch realistisch zu sein.
Jetzt stellt sich natürlich die Frage: Wie soll das genau finanziert werden? Auch wir sind der Meinung, dass eine Unterstützung des Bundes angemessen wäre. So oder so wird die Landesregierung aber sehr schnell erklären müssen, wie der Landesanteil seriös finanziert werden kann.
Ich möchte dabei auch an Ihre Glaubwürdigkeit appellieren. Anders als hier gesagt, braucht es nicht monatlich oder alle drei Monate einen Notkredit. Aber ich glaube, hier an der Stelle ist es schon so, dass natürlich die Beseitigung von Schäden von Naturkatastrophen genau die Ausnahme sind, die auch die Schuldenbremse vorsieht. Doch ich sage auch mal mit Blick auf Northvolt und andere laufende Kosten und normale Aufgaben des Landes, die mittlerweile aus Notkrediten finanziert werden: Genau um die Beseitigung der Schäden muss es dann auch gehen bei einem solchen Notkredit. Und es gibt ja auch laufende Notkredite, die nicht ausgeschöpft sind und sich umschichten lassen, um die Schäden zu beseitigen. Darüber werden wir sprechen müssen. Was die Darlehen und Härtefallregelungen (z.B. für betroffene Unternehmer) angeht, ist mir noch nicht ganz klar, wie das genau ablaufen soll. Während der Pandemie hat das trotz der gewaltigen Menge an Anträgen gut geklappt. Es gab ja auch attraktive Angebote (niedrige Zinsen, attraktive Laufzeiten etc.). In der Energiekrise im letzten Jahr waren die Darlehen des Landes jedoch ein völliger Rohrkrepierer, weil sie eben überhaupt nicht attraktiv waren. Das darf sich nicht wiederholen, denn ansonsten würde das zu großem Frust und Unmut führen.
Zur Diskussion über eine mögliche Elementarschadenversicherungspflicht: Das ist ja die erneute Forderung des Ministerpräsidenten. Wir hatten dazu ja kürzlich auch eine Landtagsdebatte. Das klingt so einfach, wenn man sagt, dass müsse es jetzt geben, aber die Befürworter müssen dann auch einmal erklären, wie dies denn konkret funktionieren soll. Eine Pflicht für alle würde das Wohnen weiter verteuern. Und es drohen ganz enorme Belastungen für Menschen in den besonders gefährdeten Gebieten, auch darauf braucht man dann eine gute Antwort – und die höre ich bisher leider nicht!
„Schnelle und unbürokratische Hilfe“: klingt immer so gut, glauben aber leider viele Bürgerinnen und Bürger nicht mehr so recht. Und das hat leider auch Gründe. So einiges an dieser Sturmflut erinnert mich doch sehr an das Elbehochwasser in der Stadt Lauenburg. Dort gab es ja in diesem – ja noch sehr jungen Jahrtausend – bereits mehrere „Jahrhunderthochwasser“. Das letzte war im Jahr 2013. Und dort wartet man auch nach über zehn Jahren leider immer noch auf die vom Land versprochenen Hochwasserschutzmaßnahmen für die besonders gefährdete historische Altstadt.
Ich weiß, das ist komplex und auch sehr teuer, aber dennoch notwendig und deshalb möchte ich die Gelegenheit hier nutzen, auch daran noch einmal zu erinnern. 2013 hatte Lauenburg sogar noch Glück, es kann jedes Jahr weitere Hochwasserkatastrophen geben und deshalb ist auch hier deutlich mehr Tempo erforderlich.
Meine Damen und Herren! Wir sind auch als Opposition immer bereit, Verantwortung zu übernehmen. Das gilt in Krisenzeiten ganz besonders. Wir schauen aber natürlich auch sehr genau darauf, ob die angekündigten Hilfen am Ende auch wirklich sinnvoll gestaltet sind, ob sie schnell und zielgenau wirken und ob sie seriös finanziert werden. Da gibt es noch eine ganze Reihe an Fragezeichen, wo die Landesregierung sehr zügig konkreter werden muss.
Abschließend möchte ich noch einmal sagen: Der Katastrophenschutz im Land muss weiter gestärkt werden. Der Küstenschutz muss an verschiedenen Abschnitten der Ostseeküste verbessert werden – auch mit mehr Verantwortung des Landes. Die Hilfen des Landes müssen tatsächlich schnell und unbürokratisch sein. Große Hoffnung macht mir die enorme Hilfsbereitschaft und das Zusammenstehen in Katastrophenfällen!“
Sperrfrist Redebeginn!
Es gilt das gesprochene Wort. Christopher Vogt Vorsitzender


Kontakt: Till H. Lorenz, v.i.S.d.P. stv. Pressesprecher
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