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23.02.24
10:49 Uhr
SPD

Martin Habersaat zu TOP 28+43: Menschenrechte – Nur Worte auf Papier?

Heimo Zwischenberger Pressesprecher der SPD-Landtagsfraktion
Adresse Düsternbrooker Weg 70, 24105 Kiel Telefon 0431 988 1305 Telefax 0431 988 1308 E-Mail h.zwischenberger@spd.ltsh.de Webseite www.spd-fraktion-sh.de Es gilt das gesprochene Wort!

Hinweis: Diese Rede kann hier als Video abgerufen werden: http://www.landtag.ltsh.de/aktuelles/mediathek

LANDTAGSREDE – 23. Februar 2024
Martin Habersaat Menschenrechte – Nur Worte auf Papier? TOP 28+43: Inklusion an Schulen (Drs. 20/1882, AltA 20/1908, 20/122, 20/1754)
„Menschenrechte – nur Worte auf Papier?“ Das ist die Überschrift eines Artikels von Antonia Außerehl in der „Krabbe“. Die Krabbe ist die Schülerzeitung der Schule am Meer in Büsum. Für den Artikel bekam die Neuntklässlerin einen Sonderpreis beim aktuellen Schülerzeitungswettbewerb.
Der Artikel beginnt so: „Diese Rechte stehen jedem Menschen einfach nur aufgrund seines Menschseins zu und sollen vor allem die Menschenwürde bewahren. Eine Würde beschreibt im Allgemeinen, dass etwas immer den gleichen Wert besitzt. Somit ist jeder Mensch gleich wertvoll, egal, ob man arm oder reich ist, egal, welches Geschlecht, welche Religion, welche Herkunft man hat, welche Sprache man spricht oder welche Hautfarbe man besitzt. Wir sind alles Menschen, wir sind alle gleich und doch sind wir alle so verschieden und individuell. Erst durch die Menschenrechte ist es uns möglich, ein freies und selbstbestimmtes Leben führen zu können.“
Am 10. Dezember 1948 verkündete die Generalversammlung der Vereinten Nationen die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte. 1965 legte man die Anti-Rassismus-Konvention nach. Die besagt im Kern, dass die Menschenrechte auch für nicht-weiße Menschen gelten. 1979 folgte die Frauenrechtskonvention. Kernaussage: Auch Frauen sind Menschen und haben Menschenrechte. 1989 kam die Kinderrechtskonvention: Auch Kinder sind Menschen und haben Menschenrechte. Und 2006 schließlich besagte die Behindertenrechtskonvention, auch Menschen mit Behinderungen sind Menschen und haben Menschenrechte. Und Inklusion ist ein Menschenrecht.
Eigentlich war 1948 schon alles klar. Allein: Nicht alle wollten es wahrhaben.
Auf Antrag von SPD und SSW hat die Landesregierung einen Bericht zur Inklusion an den Schulen in Schleswig-Holstein vorgelegt. Es ist der vierte Bericht dieser Art nach 2011, 2014 und 2020. Dafür vielen Dank.

1 Bereits im Bericht 2020 wurde deutlich, dass die Bildungsministerin Prien das Leitbild der inklusiven Schule aufgegeben hatte. Das belegen nun auch die Zahlen: In Verantwortung der CDU steigt die Exklusionsquote, die Zahl der Schülerinnen und Schüler mit Förderbedarf, die nicht inklusiv beschult werden, kontinuierlich an. Lag deren Anteil 2017/18 noch bei 29,8 Prozent, waren es im Schuljahr 2022/23 bereits 33,1 Prozent. Das geht zwar nicht aus dem Bericht der Ministerin hervor, aber aus einer Kleinen Anfrage zum Bericht.
Es ist in Schleswig-Holstein seit vielen Jahren Konsens, dass es bei der Inklusion auf die Qualität ankommt und nicht auf die Quantität. Es war aber auch Konsens, dass das Ziel durchaus die Umsetzung der UN-Konvention ist, die Umsetzung eines Menschenrechts. Eine Steigerung der Exklusionsquote in einzelnen Jahren wäre deshalb keine Nachricht, wohl aber eine offenbar gewollte Umkehr des Trends. Hier vernachlässigt die Landesregierung ein Menschenrecht.
Mit dem Leitbild der Inklusiven Schule wurde auf das Bemühen der Landesregierung abgestellt, die Schulen Stück für Stück besser auszustatten, bis sie schließlich in der Lage wären, alle ihnen anvertrauten Schülerinnen und Schüler so gut wie möglich zu fördern. Bereits Bildungsministerin Ernst (SPD) gab eine Studie in Auftrag, was dazu an den Schulen nötig wäre. Dieser nunmehr acht Jahre alten Studie folgt Frau Prien noch heute, auf dem Papier gibt es einen Stellenzuwachs von 70 Lehrkräften für Sonderpädagogik im Jahr, in der Praxis können diese aber nicht alle besetzt werden. An anderen Stellen gibt es nicht einmal auf dem Papier Fortschritte. Bereits 2020 empfahl ein Gutachten der damaligen Landesregierung eine Ausweitung der Schulassistenz und Reformen bei der Schulbegleitung. Beides wird seit vier Jahren vorbereitet, ohne dass in der Praxis etwas verbessert wurde. Noch immer gibt es keinen Schlüssel für Schulsozialarbeit an unseren Schulen und Schulsozialarbeit nicht an allen Schulen in Schleswig-Holstein.
Von den 85 Förderzentren in Schleswig-Holstein sind nur 47 genehmigte Offene Ganztagsschulen. Mancherorts ist der Förderunterricht um 11:20 Uhr beendet. Für Eltern heißt das: Ein Kind mit Förderbedarf und die Ausübung eines Berufes schließen einander an vielen Orten in Schleswig-Holstein aus. Das gilt leider auch noch viel zu oft für inklusiv beschulte Schülerinnen und Schüler mit Förderbedarf, die Angebote wegen Schwierigkeiten bei der Schülerbeförderung oder mangels Schulbegleitung am Nachmittag nicht wahrnehmen können.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von CDU und Grünen, Sie stärken die Inklusion nicht kontinuierlich. Von „weiter stärken“ kann keine Rede sein, schon das ist Grund für einen Alternativantrag. Ich will das am ersten Punkt ihres Beitrages verdeutlichen: Da geht es um den Runden Tisch Inklusion. Dessen Wiederaufnahme wollen Sie „wie geplant fortsetzen“.
Der Runde Tisch tagt kaum noch. Den Beteiligten wird nicht einmal mehr eine Vorstellungsrunde gegönnt, bevor das Ministerium auf „Senden“ schaltet. Die Landesbeauftragte als Mit-Gastgeberin meldete sich zuletzt nicht



2 einmal zu Wort. Vom konstruktiven Diskursgremium zum Verkündungsorgan. Das ist doch traurig.
Allgemeinbildende Schulen wollten Sonderpadagog*innen als Koordinatoren in die Schulleitung holen. Sie durften nicht. Künftig vielleicht doch. Immerhin.
Die Besoldungsstruktur der Schulleitungen der Förderzentren wollen sie seit fünf Jahren ändern. Da wäre machen jetzt echt krasser als wollen. Antonia Außerehl beendet ihren Artikel zu den Menschenrechten mit einem Aufruf: „Kenne deine Rechte, setze dich für sie ein und bleibe Mensch!“



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