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21.03.24
12:09 Uhr
SPD

Martin Habersaat zum TOP 39: Wenn den Fachkräfteausbildern Fachkräfte fehlen

Heimo Zwischenberger Pressesprecher der SPD-Landtagsfraktion
Adresse Düsternbrooker Weg 70, 24105 Kiel Telefon 0431 988 1305 Telefax 0431 988 1308 E-Mail h.zwischenberger@spd.ltsh.de Webseite www.spd-fraktion-sh.de Es gilt das gesprochene Wort!

Hinweis: Diese Rede kann hier als Video abgerufen werden: http://www.landtag.ltsh.de/aktuelles/mediathek

LANDTAGSREDE – 21. März 2024
Martin Habersaat Wenn den Fachkräfteausbildern Fachkräfte fehlen TOP 39: Fachkräfteversorgung für Regionale Bildungszentren und Berufliche Schulen (Drs. 20/1158 20/1842)
„Auf Antrag der SPD-Landtagsfraktion (Drucksache 20/1158) hat die Landesregierung einen Bericht über die Fachkräfteversorgung der berufsbildenden Schulen in Schleswig-Holstein vorgelegt (Drucksache 20/1842). Dafür vielen Dank an alle Beteiligten.
46,8 Prozent der Lehrkräfte an unseren berufsbildenden Schulen sind über 50 Jahre alt. Und es gibt gute Gründe für die Annahme, dass die 2017 alle sieben Jahre jünger waren.
In der Agrarwirtschaft sind 27,4 Prozent der Lehrkräfte über 60, in der Textiltechnik und Bekleidung sogar 29,2 Prozent. Über alle Fachrichtungen gilt: Eine Pensionierungswelle steht bevor. Diese trifft dann zusammen mit prognostizierten steigenden Schülerzahlen ab dem Ende der 2020er-Jahre.
Interessant ist, dass die Teilzeitquote der Lehrkräfte an Beruflichen Schulen bei rund einem Drittel liegt und damit deutlich niedriger als bei den allgemeinbildenden Schulen (45,1 Prozent) – näherte sich die Teilzeitquote dem allgemeinbildenden Bereich, würde sich die Lage weiter verschärfen.
Momentan befinden wir uns in einer Spirale nach unten: Weniger Auszubildende, weniger Lehrkräfte, weniger Stellen für fertig ausgebildete Lehrkräfte. Die gehen dann in andere Bundesländer. 227 Lehrkräfte im Vorbereitungsdienst helfen uns nur, wenn sie hinterher auch in den Schuldienst in Schleswig-Holstein übernommen werden. Und ein Moratorium hilft nur, wenn es echt ist.
Auch die regionale Verteilung der Lehrkräfte im Vorbereitungsdienst bereitet Grund zur Sorge: Durchschnittlich zwei Einstellungen im Jahr werden der Fachkräfteversorgung der Kreise Plön, Herzogtum-Lauenburg und Schleswig-Flensburg kaum helfen. Es gibt Hinweise auf weitere regionale Unwuchten, aber leider keine Hinweise, wie die behoben werden sollen.
Große Probleme haben die Schulen derzeit, die gewerblich-technischen Disziplinen zu bedienen, bei denen gleichzeitig die Zahl der Studienanfänger eingebrochen ist (von 14 im Herbstsemester

1 2021/22 auf 4 im Herbstsemester 2023/24). Aber auch qualifizierte Lehrkräfte für Sozialpädagogik sind schwer zu finden. Und die werden gebraucht, um die Fachkräfte auszubilden, die an unseren Kitas fehlen und künftig verstärkt auch in den Angeboten der Ganztagsschulen.
Bis 2035 ist mit einer Lücke von mindestens 180.000 Fachkräften in Schleswig-Holstein zu rechnen. Die berufsbildenden Schulen und die duale Ausbildung sind ein zentraler Schlüssel zur Bekämpfung dieses Fachkräftemangels – soweit ihnen vorher nicht selbst die Fachkräfte ausgehen. In die Bedarfsprognosetools zur Lehrkräfteversorgung wollte die Landesregierung die berufsbildenden Schulen lieber nicht mit aufnehmen. Hätte sie es mal lieber getan, und sei es nur wegen der 400 allgemeinbildenden Lehrkräfte, die hier beschäftigt sind.
Jetzt müssen wir uns um die vorhandenen Lehrkräfte kümmern. Das sind Fachkräfte, die auch für andere Arbeitgeber attraktiv sind. Auf Seite 27 des Berichts erfährt der geneigte Leser von einer „Prüfung möglicher Entlastungen für Lehrkräfte“. Nach sieben Jahren im Amt darf man da auch mal konkret werden, Frau Prien.
Die Statuserhebung zur Gesundheit scheint eindeutig zu zeigen, dass die Lehrkräfte hohen Belastungen ausgesetzt sind. Dem Landtag wurden bisher keine Ergebnisse mitgeteilt, aber die Diskussion an den Schulen läuft. Mein Eindruck: Es wird in den Kollegien als Affront wahrgenommen, dass das Bildungsministerium keine Maßnahmen aus der Statuserhebung ableitet und auch keine Ressourcen bereitstellt.
Unsere derzeitigen Ausbildungskapazitäten und deren Strukturen müssen schließlich so aufgestellt werden, dass sie helfen, den Bedarf zu decken. Es darf nicht ewig dauern, in Kiel neue Studiengänge in Sozialpädagogik einzurichten. Die starken Fachhochschulen in Schleswig- Holstein müssen umfangreicher und systematischer in diese Aufgaben einbezogen werden. Die Allianz für Lehrkräftegewinnung muss endlich zu einer Einrichtung mit strukturellen Mitteln werden. Ich verstehe die Zurückhaltung der Hochschulen, jetzt Strukturen zu schaffen, die mit Ablauf des Jahres 2025 vielleicht wieder eingestellt werden müssen.
Es darf nicht mehr passieren, Lehrkräften aus dem Vorbereitungsdienst kein Übernahmeangebot zu machen.
Manche dieser Maßnahmen kosten Geld. Aber wie viel Geld kostet es, sich Jugendliche ohne Berufsausbildung oder eine Wirtschaft mit 180.000 fehlenden Fachkräften zu leisten?"



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