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21. Mai 2021 – Mai-Plenum

Auflösung der Pflegekammer beschlossen

Gut drei Jahre nach ihrer Eröffnung ist das Aus für die Pflegeberufekammer eingeleitet. Massive Proteste gab es von Anfang an – jetzt sorgte eine Abstimmung für ein klares Meinungsbild.

Sozialausschuss Demonstration Pflegekammer Kalinka
Demonstration im November 2019 vor dem Landeshaus: Der Vorsitzende des Sozialausschusses, Werner Kalinka, spricht mit Gegnern der Pflegekammer. Foto: Landtag

Aktuell:
Am Freitag, 21. Mai, hat Landtag den vorliegenden Gesetzentwurf zur Auflösung der Pflegeberufekammer mit kleineren Änderungen einstimmig verabschiedet.

Die Debatte am Mittwoch, 19. Mai (Erste Lesung):

Nur drei Jahre nach ihrer Gründung steht die Pflegeberufekammer vor dem Aus. Die Auflösung ist bereits so gut wie besiegelt, einen entsprechenden Gesetzentwurf für die Umsetzung hat der Landtag nach Erster Lesung an den Sozialausschuss überwiesen. Die Entscheidung soll kommenden Freitag noch in dieser Mai-Tagung fallen. Hintergrund: 92 Prozent der Mitglieder der Pflegekammer, die von Beginn an in der Kritik stand, hatten sich in einer Befragung dafür ausgesprochen, die Interessenvertretung der Pflege wieder abzuschaffen.

In der Debatte gingen die Meinungen zu den Gründen des Scheiterns der Kammer auseinander. Birte Pauls (SPD) gab zu bedenken, dass es von Beginn an Unterstützung aus der Politik gemangelt habe. Ein weiterer „Geburtsfehler“, so Pauls: zu wenig Geld, Pflichtbeiträge und ein „erhebliches Informationsdefizit“. Die SPD-Politikerin zeigte sich enttäuscht darüber, dass bei der Befragung über eine mögliche Auflösung der Kammer weitere Fragestellungen zu Alternativen oder Wünschen der Pflegenden untersagt worden seien. Sie forderte außerdem, dass die Beträge der vergangenen zwei Jahre zurückerstattet werden und sagte an die Landesregierung gerichtet: „Sie haben die Zwangsbeiträge immer kritisiert. Es wäre nur konsequent, sie auch zurückzuzahlen.“

Grüne bedauern Umsetzungsdefizite

Dieser Forderung erteilte Katja Rathje-Hoffmann (CDU) eine Absage. „Heißt das, dass die Arbeit der Kammer nichts wert war?“, fragte sie. Für den Steuerzahler werde es ohnehin teuer, da nach drei Millionen Euro Anschubfinanzierung nun fünf Millionen zur Abwicklung der Pflegekammer gebraucht würden. Rathje-Hoffmann wies zudem darauf hin, dass es von Beginn an Zweifel an Akzeptanz, Finanzierbarkeit und Sinnhaftigkeit gegeben habe. Dem großen Wunsch der Pflege nach besseren Arbeitsbedingungen und besserer Bezahlung, habe die Kammer zu keiner Zeit nachkommen können.

Die Idee hinter einer Interessensvertretung für die Pflege sei gewesen, nicht nur über, sondern mit der Pflege zu sprechen und Vorschläge aus der Praxis aufzunehmen, so Marret Bohn (Grüne). Der Wunsch, bei politischen Entscheidungen mit am Tisch zu sitzen ‒ wie in anderen Kammern auch ‒, sei von Akteuren aus der Pflege gekommen. Dennoch gebe es nun einen klaren Auftrag zur Auflösung.

Garg bekundet "Respekt"

Gesundheitsminister Heiner Garg (FDP) betonte, die Landesregierung habe das Abstimmungsergebnis „mit Respekt zur Kenntnis genommen“ und stellte klar, dass für das laufende Jahr keine Mitgliedsbeiträge mehr entrichtet werden müssten. Für die Zukunft wünsche er sich eine „Neuformation aus der Mitte der Pflegenden“.

Das Kammergesetz hatten im Jahr 2015 die seinerzeit regierenden SPD, Grünen und SSW gegen den Widerstand von CDU und FDP durchgesetzt. Gegründet worden war die Pflegeberufekammer dann im April 2018.

Weitere Redner:
Dennys Bornhöft (FDP), Christian Dirschauer (SSW), Claus Schaffer (AfD)

Rund sechs Wochen nachdem die Pflegekräfte zu über 90 Prozent für die Abschaffung der Pflegeberufekammer gestimmt haben, liegt in Erster Lesung bereits ein Entwurf zur Auflösung der Kammer vor. Nach dem Willen der Koalitionsfraktionen soll die Einrichtung innerhalb von sechs Monaten ihre Tätigkeit einstellen. „Der Erfüllungsaufwand des Gesetzentwurfs zur Umsetzung der Auflösung der Pflegeberufekammer Schleswig-Holstein beträgt für das Land fünf Millionen Euro“, heißt es in dem entsprechenden Gesetzentwurf. An der Abstimmung hatten Ende Mai 17.747 der 23.579 stimmberechtigten Mitglieder teilgenommen. Nur 8,23 Prozent stimmten für eine Fortführung unter Beibehaltung von Pflichtmitgliedschaft und -Beiträgen.

Das Kammergesetz hatten im Jahr 2015 die seinerzeit regierenden SPD, Grünen und SSW gegen den Widerstand von CDU und FDP durchgesetzt. Gegründet worden war die Pflegeberufekammer dann im April 2018. Sie hat nach eigenen Angaben gut 26.000 Mitglieder. Nach der Mitgliederabstimmung sagte Kammerpräsidentin Patricia Drube: „Aus meiner Sicht war das Hauptproblem ein Geburtsfehler.“ Wegen fehlender finanzieller Ausstattung sei es nötig gewesen, Pflichtbeiträge zu erheben, bevor überhaupt Erfolge erzielt worden seien, so Drube. Im Haushalt 2020 hatten die Koalitionsfraktionen drei Millionen Euro bereitgestellt – verbunden mit einer verpflichtenden Urabstimmung über den Bestand oder die Abschaffung der Kammer im ersten Quartal 2021. Die Zweite Lesung des Auflösungsgesetzes soll bereits in dieser Tagung stattfinden.

Beiträge erstatten

Unterdessen hat die SPD-Fraktion die Landesregierung aufgefordert, die Mietgliederbeiträge für das Jahr 2020 und für 2021 zu übernehmen. Bereits bezahlte Beiträge für das letzte Jahr sollen zurückgezahlt werden und für 2021 nicht erhoben werden, heißt es in einem entsprechenden Antrag.

(Stand: 17. Mai 2021)

Vorherige Debatte zum Thema:
Januar 2020
Meldung zum Thema:
November 2019 (Demo/Sozialausschuss)

Erste Lesung / Zweite Lesung

Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Auflösung der Pflegeberufekammer Schleswig-Holstein
Gesetzentwurf der Fraktionen von CDU, B´90/Die Grünen und FDP – Drucksache 19/2987(neu)
Bericht und Beschlussfassung des Sozialausschusses – Drucksache 19/3036

Antrag

Beiträge für die Pflegeberufekammer übernehmen
Antrag der Fraktion der SPD – Drucksache 19/2967