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23. März 2023 – März-Plenum

Landtag streitet über die Schulkosten

Bildungsministerin Prien verweist in einer Debatte zu den Bildungskosten darauf, dass der Staat nicht alles leisten könne. Wie Redner von CDU und Grüne sieht sie auch Eltern in der Pflicht.

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Digitale Medien sind inzwischen Standard im Schulunterricht. Sie werden aber immer mehr ein Kostenfaktor. Foto: dpa, Uli Deck

Wie viel Eigenverantwortung haben Eltern bei der Bildungsgerechtigkeit? Wie viel Schulkosten sind ihnen zuzumuten? Über diese Fragen hat der Landtag am Donnerstagmorgen in einer fast 90-minütigen Debatte emotional diskutiert. Bildungsministerin Karin Prien (CDU) sagte in ihrer Antwort auf eine Große Anfrage von SPD und SSW, die Eltern hätten selbst Einfluss auf Bildungskosten. Denn: Am Ende entscheide über Ausstattung oder Klassenreisen die Schulkonferenz mit Eltern, Schülern und Lehrern, erklärte sie. „Hier besteht Drittelparität. Die Opposition zeigte sich empört – auch über die schriftlichen Antworten zu der Großen Anfrage.

Der am häufigsten vorkommende Satz dort laute: „Zu den Kosten der Eltern liegen der Landesregierung keine Erkenntnisse vor“, beklagte der Bildungsexperte der SPD, Martin Habersaat. Er geht davon aus, dass Eltern pro Jahr durch den Schulbesuch ihrer Kinder derzeit mindestens 1200 Euro zahlen müssen. Und sogar 1600 Euro, wenn auch ein digitales Endgerät zu finanzieren ist. Selbst Familien mit mittlerem Einkommen und schulpflichtigen Kindern blieben auf der Strecke, pflichtete Jette Waldinger-Thiering (SSW) bei. Sie nannte eine durchschnittliche Kostenbeteiligung der Eltern pro Jahr von 1400 Euro.

Geringe Rückmeldequote auf Abfrage

Seit 2016 habe es „erhebliche Preissteigerungen“, etwa bei Schulmahlzeiten oder Klassenreisen gegeben, daher müssten Familien mit schulpflichtigen Kindern mehr unterstützt werden, zeigte sich die Opposition einig. Vor sieben Jahren untersuchte das Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik (IPN) die Lernmittelfreiheit in Schleswig-Holstein und erhob die Kostenanteile der Eltern an den schulischen Bildungskosten ihrer Kinder sowie der Schulträger pro Schüler und Schuljahr. Auf diesen Ergebnissen basierte auch ein Bericht der Landesregierung vom September 2016.

Ministerin Prien erklärte in der Debatte, für eine neue Studie – wie von SPD und SSW ursprünglich gefordert – gebe es keinen Anlass. Das Bildungsministerium startete zu einzelnen Aspekten der Großen Anfrage im Dezember und Januar eine Abfrage bei Kreisen, Schulträgern und Schulen. Die Rückmeldequote bei den Schulträgern lag demnach bei unter 10 Prozent. Nur fast die Hälfte der Kreise antwortete auf die Fragestellungen, etwa zu aktuellen Verpflegungsangeboten, Bildungs- und Betreuungseinrichtungen, Ausflügen oder Angeboten in den Ferien.

CDU wirbt für „Ausgabedisziplin“

Bildungsgerechtigkeit bilde „den Grundstein“ für mehr soziale Gerechtigkeit. Sowohl Sozialpolitik und Bildungspolitik müssten „ihre Hausaufgaben“ machen, so die Ministerin. Sie verwies unter anderem auf die Förderung von „Perspektivschulen in besonders herausfordernden Lagen“ und betonte das Ziel, bestehende Regelungen zur Lernmittelfreiheit im Land weiterzuentwickeln. Es gehe auch darum, „zielgenaue systemische Maßnahmen“ einzusetzen.

Anette Röttger (CDU) erklärte, gute Bildung gebe es trotz Lernmittelfreiheit nicht zum Nulltarif. Sie warb ausdrücklich für eine strenge Ausgabendisziplin und für ein gelebtes nachhaltiges Handeln in allen Bereichen der Lernmittel auch bei Schülern und in den Elternhäusern. „Wenn ich morgens beim Bäcker Auszubildende treffe, die knapp 10 Euro für sein Frühstück zahlen, frage ich mich, warum es nicht zur Gewohnheit gehört, sich zuhause Brote zu streichen und die Trinkflasche zu füllen? Das wäre deutlich günstiger.“

Grüne wollen „bundesweite Vergleichbarkeit“

Weder Land, noch Kommunen oder Bund könnten eine echte Lehrmittelfreiheit gewährleisten. Das würde „über eine halbe Milliarde Euro“ mehr kosten, schloss Malte Krüger (Grüne) an. SPD und SSW würden ein Thema aufwärmen, „von dem Sie wissen, dass es sehr kompliziert ist“, erklärte er und forderte, „eine bundesweite Vergleichbarkeit“ zu schaffen, um eine größere Stichprobe zu haben. Er begrüßte zudem, dass jede Schule selbst darüber diskutieren könne, welche Kosten – etwa für Klassenfahrten – ausgegeben werden sollen.

FDP-Fraktionschef Christopher Vogt erklärte, es gehe zum einen darum, die Bildungskosten für die breite Mitte der Gesellschaft in einem angemessenen Rahmen zu halten. „Wir müssen aber den Fokus auch ganz besonders auf die Kinder und Jugendlichen richten, denen es wirtschaftlich leider nicht so gut geht wie der großen Mehrheit und für die wir endlich echte Chancengerechtigkeit erreichen wollen.“ Kein Verständnis zeigte Vogt dafür, dass die Eltern an einigen Schulen die digitalen Endgeräte für den Schulunterricht teuer bezahlen müssten. „Es ist meines Erachtens eine staatliche Aufgabe, ein geeignetes Gerät für den Unterricht bereit zu stellen.“

Das Plenum kam überein, das Thema im Bildungsausschuss abschließend weiter zu beraten.

Bei den Schulkosten für Eltern und Schulträger hat es seit der letzten umfassenden Erhebung 2016 keine gravierenden Veränderungen gegeben. Zu dieser Einschätzung kommt das Bildungsministerium in der Antwort auf eine Große Anfrage von SPD und SSW und ergänzt: „Mangels einer zu der im Jahr 2016 durchgeführten gleichwertigen Erhebung kann keine über die Entwicklung der Kosten für allgemeine Lebensführung hinausgehende Entwicklung der Kosten für die Eltern von Schülerinnen und Schülern angegeben werden.“ Zwar seien neue Kostenfaktoren seit damals dazugekommen, etwa im Bereich der digitalen Ausstattung. Die Situation habe sich aber durch eine Erhöhung der Leistungen im Rahmen des Bildungs- und Teilhabepakets „teilweise verbessert“.

Im Jahr 2016 untersuchte das Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik (IPN) die Lernmittelfreiheit in Schleswig-Holstein und erhob die Kostenanteile der Eltern an den schulischen Bildungskosten ihrer Kinder sowie der Schulträger pro Schüler und Schuljahr. Auf diesen Ergebnissen basierte auch ein Bericht der Landesregierung vom September 2016. Die Erkenntnisse aus dieser umfangreichen Untersuchung sind aus Sicht der Landesregierung „in ihren Ausprägungen noch immer aktuell“.

Geringe Antwortquote bei Schulträgern

Die Auswertung vor sieben Jahren zeigte, dass Eltern im Durchschnitt knapp 1000 Euro pro Kind und Schuljahr ausgeben. Die höchsten Kosten mit im Mittel gut 300 Euro verursachten Versorgung und Betreuung – also Fahrtkosten, Schulessen und Nachmittagsbetreuung. Für Nachhilfe wurden durchschnittlich rund 100 Euro ausgegeben. Die geringsten Kosten mit durchschnittlich 50 Euro entstanden für Bücher. Für Verbrauchsmaterialien wurden im Durchschnitt 89 Euro ausgegeben.

Das Bildungsministerium startete zu einzelnen Aspekten der Großen Anfrage zudem im Dezember und Januar eine Abfrage bei Kreisen, Schulträgern und Schulen. Die Rückmeldequote bei den öffentlichen Schulen lag demnach bei 100 Prozent, bei den Schulträgern aber unter 10 Prozent. Nur fast die Hälfte der Kreise antwortete auf die Fragestellungen, etwa zu aktuellen Verpflegungsangeboten, Bildungs- und Betreuungseinrichtungen, Ausflügen oder Angeboten in den Ferien.

(Stand: 20. März 2023)

Vorherige Debatte zum Thema:
August 2020 (19. Wahlperiode)

Stichwort: Große Anfragen
Um ein komplexes politisches Thema zu beleuchten, kann eine Fraktion der Landesregierung einen umfangreichen Fragenkatalog vorlegen. Die Regierung hat dann vier Wochen Zeit um schriftlich auf diese Große Anfrage zu antworten. Anschließend debattiert das Plenum ausführlich über die Auskunft der Landesregierung.

Die Große Anfrage gehört zu den Kontroll- und Auskunftsrechten des Parlaments gegenüber der Regierung. In der vergangenen 19. Wahlperiode hat der Landtag insgesamt 8 solcher Anfragen gestellt, in der 18. Wahlperiode waren es 26.

Große Anfrage

Anteile der Eltern an den schulischen Bildungskosten ihrer Kinder sowie Kostenanteile der Schulträger
Große Anfrage der Fraktionen von SPD und SSW ‒ Drucksache 20/434
(vom 17. November 2022)
Antwort der Landesregierung ‒ Drucksache 20/790
(Ministerium für Allgemeine und Berufliche Bildung, Wissenschaft, Forschung und Kultur)