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15. November 2017 – Top 25: Notfallpraxen

Landtag will Notfallambulanzen entlasten

Eine breite Mehrheit im Landtag macht sich für die Verbesserung der Patientensteuerung in den Krankenhäusern stark, um die oftmals überforderten Notfall-Ambulanzen zu entlasten.

Notfallambulanz
Foto: dpa, Jan Woitas

CDU, Grüne und FDP wollen die Patientensteuerung in den Krankenhäusern verbessern und Anlauf- und Portalpraxen auch zu den vertragsärztlich vorgeschriebenen Sprechstundenzeiten öffnen lassen. Dafür soll sich die Landesregierung auf Bundesebene einsetzen. Hintergrund ist die Arbeitsüberlastung in den Notfallaufnahmen der Kliniken.

In Anlauf- und Portalpraxen arbeiten während der Bereitschaftsdienste an Wochenenden, abends oder an Feiertagen ein Klinikmitarbeiter oder ein Kassenarzt. Sie nehmen sich der Patienten an, schätzen deren gesundheitlichen Zustand ein und schicken sie entweder zu einem niedergelassenen Bereitschaftsarzt, der Dienst hat, zu einem Krankenhausarzt oder behandeln sie in der Anlaufpraxis.

Neben der Öffnung von Anlauf- und Portalpraxen zu vertragsärztlichen Sprechstundenzeiten schlagen die Koalitionäre weitere Maßnahmen vor, um die Notfallaufnahmen zu entlasten. So machen sie sich für den Ausbau von integrierten Notfallzentren (INZ) stark. Als eine Möglichkeit nennen sie die Einrichtung von sogenannten vorgelagerten Triage-Zonen. Das sind Bereiche, in denen besonders viele Patienten – etwa im Katastrophenfall – entsprechend der Personallage und der materiellen Möglichkeiten schnell gesichtet und effizient aufgeteilt werden sollen.

Darüber hinaus wollen die Jamaika-Koalitionäre die Notrufnummer 112 und die Notfallnummer des Kassenärztlichen Bereitschaftsdienstes 116117 dauerhaft vernetzen. Hierfür soll ein Modellprojekt auf den Weg gebracht werden.

Nach einer Modellrechnung des Zentralinstitutes für Kassenärztliche Versorgung vom Oktober 2016 gibt es in Deutschland 1.600 Klinikstandorte, die an der Notfallversorgung teilnehmen. Die Zahl der Hausärzte belief sich zu diesem Zeitpunkt auf 55.400.

(Stand: 13. November 2017)

Eine breite Mehrheit im Landtag macht sich für die Verbesserung der Patientensteuerung in den Krankenhäusern stark, um die oftmals überforderten Notfallambulanzen zu entlasten. Auch AfD und SSW unterstützten einen entsprechenden Vorstoß der Jamaika-Koalition. Die Landesregierung soll sich nun auf Bundesebene dafür einzusetzen, dass Anlauf- und Portalpraxen auch zu den vertragsärztlich vorgeschriebenen Sprechstundenzeiten geöffnet werden. Nach derzeitigem Recht dürfen diese nur an Wochenenden oder zu Feierabend aktiv werden.

Bei 30 Prozent der Menschen, die in die Notfallambulanzen kämen, würde es sich um keine akuten Notfälle handeln, begründete Hans-Hinrich Neve (CDU) den Antrag. Das könne so nicht bleiben, da es immer wieder zur Überfüllung der Notfallkliniken und zu langen Wartezeiten komme. Um dies zu ändern, dürfe man die Patienten allerdings nicht von „Tresen zu Tresen“ schicken. Deshalb müsse rund um die Uhr eine Steuerung der Patienten über Anlauf- und Portalpraxen erfolgen.

In dieselbe Richtung argumentierten FDP, Grüne, AfD und SSW. Denny Bornhöft (FDP) rechnete vor, dass zuletzt 25 Millionen Hilfesuchende in Notfallambulanzen erschienen sind. Diese Zahl hätte sich im Vergleich zum letzten Jahrzehnt verdoppelt.

Notrufnummer für ärztlichen Bereitschaftsdienst kaum bekannt

Im Gegensatz zu einem Herzinfarkt können „Husten, Schnupfen und Heiserkeit anders behandelt werden“, betonte Marret Bohn (Grüne). Um die Versorgung über die Notärzte populärer zu machen, schlug sie vor den Patienten eine App zur Verfügung zu stellen. Damit könne auch dem Problem entgegengewirkt werden, dass viele die Notrufnummer für die Notärzte (116117) nicht kennen.

Birte Pauls (SPD), deren Fraktion sich bei der Abstimmung enthielt, warnte vor Schnellschüssen. Zwar gehe der Jamaika-Vorstoß in die richtige Richtung, es sei aber ratsam, das Gutachten des Sachverständigenrates Gesundheit abzuwarten, das im Frühjahr 2018 vorgestellt werden soll. Pauls warb für eine einheitliche Notrufnummer, wo „speziell geschultes Personal eine standardisierte Befragung und Beratung“ durchführen könnte.

Bei Gesundheitsminister Heiner Garg (FDP) liefen die Regierungsfraktionen mit ihrem Vorstoß offene Türen ein. Damit gäbe ihm das Parlament „Rückenwind“ für die Sondierungsgespräche in Berlin. Immerhin sei auch dort mittlerweile unstrittig, dass Handlungsbedarf bestehe. Um die geforderten Voraussetzungen für eine Ausweitung der Anlauf- und Portalpraxen zu erreichen, muss das Sozialgesetzbuch V geändert werden.

Der Zuwachs an Patienten in den Notfallambulanzen belaufe sich mittlerweile auf fünf Prozent jährlich, so Garg. Die daraus resultierende Überlastung der Notfallaufnahmen könne nur über eine bessere Zuordnung behoben werden.

Weitere Hauptredner:
Frank Brodehl (AfD), Flemming Meyer (SSW)

Antrag

Sektorgrenzen öffnen – Notfallambulanzen entlasten

Antrag der Fraktionen von CDU, Bündnis 90/Die Grünen und FDP – Drucksache 19/314