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4. Juli 2018 – Top 1A: Regierungserklärung

Kritik an Asylstreit im Bund statt Jahresbilanz

Angekündigt war eine Regierungserklärung zur Bilanz der Jamaika-Koalition nach einem Regierungsjahr, tatsächlich entwickelte sich die zweite Debatte des Tages in eine andere Richtung.

Regierungserklärung Stegner Günther
SPD-Oppositionsführer Ralf Stegner (l.) und Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) verband ein Thema: der Asylstreit im Bund. Foto: dpa, Carsten Rehder

Was nunmehr nach einem Jahr erreicht worden ist und was künftig angegangen werden soll, das will CDU-Ministerpräsident Daniel Günther dem Plenum in einer Regierungserklärung erläutern. Der Regierungschef legt seine Sichtweise dar – die Opposition wird anschließend eine eigene Bewertung vornehmen.

Gegenüber den Medien sprach Günther bereits von einer ordentlichen Leistung. Die Jamaika-Koalition habe sich in ihrer einjährigen Regierungszeit als „stabil“ und dynamisch erwiesen. „Wir arbeiten vertrauensvoll zusammen und betrachten die Unterschiede zwischen unseren Parteien nicht als Schwäche, sondern als Stärke“, sagte der CDU-Politiker.

Vierte Regierungserklärung in dieser Wahlperiode

Auch der Oppositionsführer im Landtag, SPD-Fraktionschef Ralf Stegner, meldete sich bereits zu Wort. Er bescheinigte der Jamaika-Koalition im Austausch über die Medien eine „ziemlich bescheidene Bilanz“ und sieht nach einem Jahr „erstaunlich viele Risse“ in dem Bündnis. Im direkten Duell im Landtag wird Stegner als erster parlamentarischer Redner die Aussprache nach der Regierungserklärung von Günther eröffnen.

In der vergangenen 18. Wahlperiode (2012 bis 2017) hat die von SPD, Grünen und SSW geführte Landesregierung  insgesamt 17 Regierungserklärungen auf die Tagesordnung gehoben. In dieser Wahlperiode meldet sich Jamaika zum vierten Mal in dieser Form zu Wort.

(Stand: 2. Juli 2018)

Vorherige Debatten zum Thema:
Juni 2017 (Wahl des Ministerpräsidenten)
Juni 2017 (Regierungserklärung nach Amtsantritt)
Oktober 2017 (100-Tage-Bilanz)

Statt einer Generaldebatte über die schleswig-holsteinische Politik führten die Parlamentarier zunächst eine Diskussion zum Asylstreit der vergangenen zwei Wochen zwischen CDU und CSU. Einhellig haben Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) und Oppositionsführer Ralf Stegner (SPD) das Verhalten der CSU kritisiert.

Den jetzt zwischen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Innenminister Horst Seehofer (CSU) vereinbarten Kompromiss nannte Günther „eine Scheinlösung“. Ihn „nerve“ es gewaltig, dass man auf Bundesebene nicht in der Lage sei, „vernünftige Zuwanderungsregeln“ zu machen. Stegner ergänzte: „Der Kompromiss ist kein Kompromiss, wenn er das Ergebnis von Erpressungen und Ultimaten ist.“

Stegner betont gute Vorarbeit der Küstenkoalition

Mit Blick auf Schleswig-Holstein betonte der Ministerpräsident: „Hier klappt das mit der Flüchtlingsaufnahme.“ Die Menschen im Land hätten „ganz andere Probleme“, um die sich die Landesregierung kümmere. So werde die Bahn zum Beispiel in der kommenden Woche ein „mehr als 100 Millionen Euro umfassendes Investitionsprogramm“ bei der Marschbahn starten. Es gebe zudem mehr Geld und Stellen in den Bereichen Bildung und Innere Sicherheit.

Günther und Stegner sprachen sich für offene Grenzen in Europa aus. Dies gelte insbesondere auch für die deutsch-dänische Grenze. Ihm sei die Zusammenarbeit mit Dänemark wichtig, so der Ministerpräsident, „deshalb möchte ich, dass der Zustand mit den Grenzkontrollen irgendwann wieder aufgelöst wird“. Stegner ergänzte, Wohlstand und Frieden in Europa müssten „wieder neu verteidigt“ werden. Der Landesregierung bescheinigte er „einen halbwegs anständigen Eindruck“. Wirklich vorzeigbare Ergebnisse gebe es dort, „wo der Kurs der Küstenkoalition gehalten wird“, so Stegner.

Weitere Stimmen aus dem Plenum

Der CDU-Fraktionsvorsitzende Tobias Koch…

lobte Jamaika im Norden als „echten Gegenentwurf zur Bundespolitik“. Der „faire und vertrauensvolle Umgang“ der drei Partner CDU, Grüne und FDP hebe sich „wohlwollend vom Berliner Hickhack ab“, so Koch. Schleswig-Holstein habe sich in den „krisenbelasteten letzten Wochen“ als „Hort der Verlässlichkeit“ erwiesen. Dazu gehöre auch, dass die neue Koalition diverse „gute Ideen“ der SPD-geführten Vorgängerregierung übernommen habe, etwa das Investitionsprogramm „IMPULS“ oder die humanitäre Flüchtlingspolitik. „Ständige Kurswechsel zerstören das Vertrauen der Bürger“, betonte Koch. Jamaika sei angetreten, um „nicht alles anders, aber hoffentlich vieles besser zu machen“.

Als Erfolge der schwarz-grün-gelben Arbeit in den vergangenen zwölf Monaten strich Koch die innere Sicherheit heraus. So würden keine Polizeidienststellen geschlossen. Die Beamten erhielten eine bessere Ausrüstung sowie mehr Geld, und die Zahl der Polizisten werde weiter steigen. Zudem wolle die Koalition „eine einhundertprozentige Unterrichtsversorgung erreichen“. Dafür werden 895 Lehrerstellen erhalten oder neu geschaffen. 743 weitere sollen hinzukommen. „Noch nie ist in so einem Umfang die Personalversorgung an unseren Schulen verbessert worden“, sagte Koch. 

Die Grünen-Fraktionsvorsitzende, Eka von Kalben…

zog für ihre Partei insgesamt eine positive Jamaika-Bilanz. Untereinander herrschten „Wertschätzung und Vertrauen“, und es seien „gute Kompromisse“ erreicht worden. „Im Großen und Ganzen funktioniert unsere Zusammenarbeit sehr gut“, betonte von Kalben, obwohl „nicht immer alles Friede, Freude, Eierkuchen“ gewesen sei. Es sei „kein Geheimnis, dass wir Grüne uns im Umwelt- und Agrarbereich auch etwas mehr gewünscht hätten“, so die Grünen-Politikerin.

Sie hob hervor, dass die Koalition stets „Menschlichkeit und Sachlichkeit“ miteinander verbunden habe. So sei die Polizei unterstützt worden, gleichzeitig seien aber mit der Stelle der Polizeibeauftragten auch die Rechte der Bürger gegenüber dem Staat gestärkt worden. Die Wirtschaftspolitik richte sich an Arbeitnehmer wie auch an Arbeitgeber. Jamaika fördere den sozialen Wohnungsbau, „ohne alles dichtzubauen“, und stärke die Windkraft, ohne die Anwohner übermäßig zu belasten. Für die Zukunft zeigte sich die Grüne optimistisch: „Wir stehen vor vielen Herausforderungen, aber ich mache mir keine Sorgen, dass wir die nicht meistern können.“

Der FDP-Fraktionsvorsitzende Christopher Vogt…

bedauerte, dass man derzeit „nicht um die Bundespolitik herumkommt“. Als Hauptschuldigen für die Berliner Querelen machte er Bundesinnenminister Seehofer aus. „Statt die Probleme in seinem Aufgabenbereich zu lösen, macht er sie größer als sie sind“, konstatierte Vogt. Dies nütze lediglich den Populisten. Der Liberale warb im Streit um das Asylrecht für europäische Lösungen und machte sich zudem erneut für ein Einwanderungsgesetz stark.

Lobende Worte fand Vogt dagegen für die Arbeit der Kieler Jamaika-Koalition. Sie sei das Gegenteil der „Randale-Koalition“ in Berlin. Dass die Zusammenarbeit zwischen CDU Grünen und FDP so gut funktioniere, hätte er selbst nicht für möglich gehalten. Der Grund dafür sei, dass man Unterschiede nicht kaschiere, sondern versuche „zu Kompromissen und Lösungen zu kommen“, so Vogt. Auf diese Weise seien die von der SPD als „utopisch“ bezeichnete Erhöhung der Investitionsquote auf zehn Prozent und die Aufstockung des Personals, etwa an den Schulen, bei der Polizei sowie beim Straßenbaubetrieb, gelungen.

Der Fraktionsvorsitzende der AfD, Jörg Nobis…

blies in seiner Rede zur Generalabrechnung mit dem Regierungschef. Daniel Günther sei der „Kapitän eines Schlepperschiffes“, dessen Kurs seine „grünen Kapitäne abgesteckt haben“. Statt verstärkt abzuschieben, nehme das Land zusätzlich 500 weitere Flüchtlinge auf.

Nobis warf Günther vor, auch die bildungspolitischen Stellschrauben falsch zu drehen. Zwar begrüße die AfD die Rückkehr zu G9. Doch die angekündigte Bildungsreform sei in Wahrheit „Wählertäuschung“. Die wenigen Lehrerstellen, die 2018 wirklich neu geschaffen wurden, seien ausschließlich für Flüchtlingskinder, konkret für Deutsch als Zweitsprache.

Der Vorsitzende des SSW im Landtag, Lars Harms...

zeigte höchsten Respekt dafür, dass die Landesregierung auch Vorschläge aus der Opposition aufnehme und umsetze. „Das ist sehr positiv“, sagte Harms. Auch die Gleichbehandlung der dänischen Minderheit sei ein gutes Beispiel für gute Europa-Politik. Jetzt wünsche er sich zudem einen im Grundgesetz verankerten Schutz der Minderheiten. Dass Regierung und Opposition gut zusammenarbeiten, habe sich auch beim Thema HSH Nordbank gezeigt, lobte Harms. Auch deshalb sei der Schaden so gering wie möglich.

Kritik äußerte der SSW-Mann jedoch am schleppenden Ausbau der A20, dem „Chaos“ auf der Marschenbahn und an der Tariftreue-Politik. Vor allem aber zeigte Harms sich im Bereich Windkraft mit der Regierung unzufrieden. Die bislang bekannt gewordenen Pläne seien nicht rechtssicher, zudem drohe „eine Verspargelung der Landschaft“.

Regierungserklärung

„Schleswig-Holstein hält Kurs“
Regierungserklärung des Ministerpräsidenten Daniel Günther (CDU)
Bekanntmachung des Landtagspräsidenten - Drucksache 19/843

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