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21.09.23
17:53 Uhr
B 90/Grüne

Oliver Brandt zur Schuldenbremse

Presseinformation

Landtagsfraktion Schleswig-Holstein Es gilt das gesprochene Wort! Pressesprecherin TOP 24 – Schuldenbremse Claudia Jacob Landeshaus Dazu sagt der finanzpolitische Sprecher der Düsternbrooker Weg 70 Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, 24105 Kiel
Zentrale: 0431 / 988 – 1500 Durchwahl: 0431 / 988 - 1503 Oliver Brandt: Mobil: 0172 / 541 83 53
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Nr. 275.23 / 21.09.2023
Vor dem Hintergrund der riesigen Herausforderungen, erscheint die Weiterentwicklung der Schuldenbremse bescheiden Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleg*innen,
willkommen zu einer neuen Folge von „Regierungsmitglieder geben Interviews, die FDP stellt einen Antrag“. Kaum äußert unsere Finanzministerin öffentlich eine Reformidee, fordert die FDP ein Bekenntnis zur Schuldenbremse.
Der Begriff „Bekenntnis“ wird ja vor allem im Zusammenhang mit Religion und Weltan- schauung verwendet, wenn man etwa an das evangelische Glaubensbekenntnis denkt. Ich finde, es geht auch eine Nummer kleiner: Die Schuldenbremse hat Verfassungsrang, und zwar im Bund und in Schleswig-Holstein. Und ist damit einzuhalten. Punkt.
Die Schuldenbremse hat zu einer Stabilisierung der Landesfinanzen geführt und hat ihre Berechtigung. Das heißt aber nicht, dass man nicht über eine Weiterentwicklung der Schuldenbremse diskutieren darf, gerade vor dem Hintergrund der riesigen Herausforde- rungen, die vor uns liegen, etwa um klimaneutrales Industrieland zu werden und unsere Infrastruktur langfristig zu erhalten. Da sind wir mit IMPULS auf einem guten Weg, den wir weiter gehen wollen.
Und der Vorschlag, den die Finanzministerin zur Reform der Schuldenbremse gemacht hat, nämlich den europarechtlich möglichen Verschuldungsspielraum der Länder von 0,15 Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu nutzen, würde lediglich eine Gleichbehand- lung mit dem Bundeshaushalt darstellen. Und er mutet geradezu bescheiden an, wenn man sieht, wieviel Geld die USA mit dem Inflation Reduction Act gerade bereitgestellt haben.
Ich möchte an dieser Stelle anmerken, dass die USA nicht nur die größte, sondern auch die am höchsten verschuldete Volkswirtschaft der Welt sind und mit einer Verschuldung Seite 1 von 2 von 122 Prozent ihres Bruttoinlandproduktes (BIP) 2022 deutlich über Deutschland und dem EU-Durchschnitt lag. Wobei ich nicht sage, dass wir uns hier die USA zum Vorbild nehmen sollten.
Klar ist allerdings, dass eine Anpassung der Schuldenbremse immer eine Änderung des Grundgesetzes erfordert, also zunächst eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Deutschen Bun- destag und dann eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Bundesrat. Das ist eine sehr große Hürde, die einen breiten politischen Konsens erfordert.
Der Antrag der FDP dient somit offenbar vor allem dazu, ihre hinreichend bekannte Po- sition zur Schuldenbremse noch einmal zu wiederholen. Die FDP stellt sich hier im Land als Verfechterin der reinen Lehre hin, während Bundesfinanzminister Lindner im Bundes- haushalt exakt das tut, was unsere Finanzministerin vorgeschlagen hat, nämlich die voll- ständige Ausnutzung der Verschuldungsmöglichkeit von 0,35 Prozent des BIP, die dem Bund erlaubt ist. So hat Herr Lindner im Bund auch ein milliardenschweres Sonderver- mögen für Klimaschutz eingerichtet. Völlig zu Recht. Denn es geht um die Wettbewerbs- fähigkeit unserer Wirtschaft und die Bekämpfung des Klimawandels.
Gleichzeitig haben wir allein in dieser Plenartagung eine Reihe von Anträgen der FDP auf der Tagesordnung, die den Haushalt ohne gewaltige Ausgabenkürzungen in Schief- lage bringen würden. Ich nenne hier nur die größten Ausgabeposten: Dem Wachstums- chancengesetz soll im Bundesrat unverändert zugestimmt werden. Kosten für den Lan- deshaushalt auf Basis des vorliegenden Gesetzentwurfs: In voller Wirkung über 80 Milli- onen Euro pro Jahr. Die Landesregierung soll per Bundesratsinitiative eine Verlängerung der Mehrwertsteuersenkung für die Gastronomie erwirken. Kosten für den Landeshaus- halt: 50 bis 60 Millionen Euro pro Jahr. Die Erweiterung des Notkredits trägt die FDP nicht mit. Die Ansiedlung von Northvolt soll unterstützt, aber die 137 Millionen Euro, die das kostet, sollen aus dem laufenden Haushalt finanziert werden.
Dass die Landesregierung nach aktueller Steuerschätzung im Haushalt 2024 607 Millio- nen Euro Steuermindereinnahmen kompensieren muss, ist hinlänglich bekannt. Ebenso, dass Tarifsteigerungen zu höheren Ausgaben in dreistelliger Millionenhöhe führen und Bundesgesetze voraussichtlich weitere enorme Mehrbedarfe auslösen werden.
Wenn das alles so beschlossen und verwirklicht würde, was Sie allein in dieser Plenar- woche beantragen, würde das jährlich zusätzliche Einsparbedarfe im dreistelligen Millio- nenbereich für Schleswig-Holstein auslösen. Ich habe dazu bislang keine ernsthaften Vorschläge zur Gegenfinanzierung gehört.
Gleichzeitig fordern Sie ein Bekenntnis zur Schuldenbremse in ihrer strengsten Ausle- gung und lehnen jegliche Diskussion über Reformideen, die den haushalterischen Spiel- raum geringfügig erweitern würden, kategorisch ab. Und Steuererhöhungen sind mit der FDP auch nicht zu machen. Das passt doch überhaupt nicht zusammen!
Schwarz-Grün arbeitet dagegen pragmatisch und lösungsorientiert. Deshalb bin ich zu- versichtlich, dass wir trotz der gewaltigen Herausforderungen in der anstehenden Haus- haltsaufstellung tragfähige Lösungen finden werden, die die Zukunft dieses Landes si- chern.
Vielen Dank! ***


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