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27. September 2019 – September-Plenum

Land soll Aufnahme weiterer Flüchtlinge prüfen

Die EU-Staaten tun sich schwer, eine einheitliche Linie im Umgang mit Bootsflüchtlingen im Mittelmeer zu finden. Die Landesregierung soll nun prüfen, ob zusätzliche Aufnahmekapazitäten in den Kommunen bestehen.

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Bislang sitzen gerettete Migranten teils wochenlang an Bord ziviler Rettungsschiffe im zentralen Mittelmeer fest. Foto: dpa, Fabian Heinz/Sea Eye

Der Landtag will mehr im Mittelmeer in Seenot geratene Flüchtlinge aufnehmen und hat die Landesregierung gebeten zu prüfen, unter welchen rechtlichen Bedingungen die Aufnahme zusätzlicher Flüchtlingskontingente durch aufnahmebereite Kommunen möglich ist. Ein entsprechender Antrag der Jamaika-Koalition wurde nur von der AfD abgelehnt.   

Angestoßen hatte die Debatte allerdings die SPD. Die Landesvorsitzende Serpil Midyatli forderte, Schleswig-Holstein solle zugunsten von über das Mittelmeer geflüchteten Menschen als erstes Bundesland dem Bündnis „Seebrücke – Sichere Häfen“ beitreten. Jede sechste Person ertrinke bei der Flucht übers Mittelmeer, begründete Midyatli den Vorstoß. Solange es keine europäische Lösung gebe, müsste sich Schleswig-Holstein für die Aufnahme von Geflüchteten einsetzen. 

500 zusätzliche Flüchtlinge kommen dieses Jahr

Eine Mitgliedschaft des Landes in dem Bündnis sei nicht möglich, da der Bund zuständig für Flüchtlinge sei, machte die Vorsitzende des Innen- und Rechtsausschusses, Barbara Ostmeier (CDU) deutlich. Schleswig-Holstein komme bereits heute durch die Aufnahme von einzelnen Geflüchteten und Flüchtlingsgruppen seiner humanitären und sozialen Verpflichtung nach, ergänzte Ostmeier (CDU). So kämen in diesem Jahr die ersten von 500 besonders schutzbedürftigen Geflüchteten über das Landesaufnahmeprogramm nach Schleswig-Holstein – zusätzlich zum europäischen Aufnahmeprogramm. Der SPD-Antrag wurde bei Enthaltung des SSW abgelehnt. 

AfD spricht von „Symbolpolitik“

Claus Schaffer (AfD) nannte beide Anträge „Symbolpolitik“. Schleswig-Holstein dürfe sich nicht an „Schlepperei“ und einem „Aussenden falscher Signale“ an Flüchtlinge beteiligen, sagte er.

Bildungsministerin Karin Prien (CDU) erklärte in Vertretung für Innenminister Hans-Joachim Grote (CDU), Land und Kommunen würden auch weiter dazu beitragen, dass Flüchtlinge in Schleswig-Holstein einen sicheren Hafen finden.

Weitere Redner:
Aminata Touré (Grüne), Jan Marcus Rossa (FDP), Lars Harms (SSW)

Schleswig-Holstein soll nach dem Willen der SPD-Fraktion zugunsten von über das Mittelmeer geflüchteten Menschen als erstes Bundesland dem Bündnis „Seebrücke – Sichere Häfen“ beitreten. Das Land solle sich für die Aufnahme von aus Seenot geretteten Menschen einsetzen, heißt es einem entsprechenden Antrag. Es würde damit dem Beispiel von elf Kommunen im Land folgen. Dazu gehören Flensburg, Kiel, Sylt und Lübeck sowie die Kreise Nordfriesland, Schleswig-Flensburg oder Plön.

„Aufgrund der Blockadehaltung einiger Mitgliedsstaaten der EU ist es trotz Bemühungen der Bundesregierung auf europäischer Ebene immer noch nicht gelungenen, durch eine einheitliche Flüchtlingspolitik das Problem der Menschen zu lösen, die bei ihrer Flucht über das Mittelmeer in Lebensgefahr geraten“, begründet die SPD ihren Antrag. Solange es keine europäische Lösung gebe, müsste sich Schleswig-Holstein für die Aufnahme von Geflüchteten in einsetzen. Im internationalen Ringen um die Verteilung von geretteten Migranten in Europa hat sich die Bundesregierung vergangene Woche dazu bereit erklärt, jeden vierten in Italien ankommenden Bootsflüchtling aufzunehmen.

Nothafenrecht wird missachtet

Bislang sitzen gerettete Migranten teils wochenlang an Bord ziviler Rettungsschiffe im zentralen Mittelmeer fest, weil Italien und Malta den Schiffen die Einfahrt in ihre Häfen verbieten. Sie befürchten, mit der Verantwortung für die Migranten alleine gelassen zu werden und fordern deshalb, dass andere EU-Staaten die Menschen abnehmen. Erst nach dieser Zusage sind sie bereit, ihre Häfen zu öffnen. Zuletzt musste in jedem Einzelfall geklärt werden, welche Länder zur Aufnahme der Migranten bereit sind. Deutschland hat seit Juli 2018 die Aufnahme von 565 aus Seenot geretteten Migranten zugesagt. Nur 225 von ihnen erreichten die Bundesrepublik bislang.

Die EU streitet seit Jahren über den Umgang mit Migranten, die im Mittelmeer aus seeuntüchtigen Booten gerettet werden. Hintergrund ist, dass es wegen des Widerstands von Ländern wie Polen und Ungarn bislang kein System zur gerechten Verteilung von Flüchtlingen gibt. Das Seerecht besagt, dass Menschen in Seenot gerettet werden müssen. Gerettete müssen dann an einen sicheren Ort gebracht werden – also in einen Hafen oder auf ein anderes Schiff. Nach dem Nothafenrecht muss die Einfahrt in den Hafen gestattet werden, wenn das Leben von Menschen in Gefahr ist.

Internationale Bewegung

Die Seebrücke ist nach eigenen Angaben eine internationale Bewegung, getragen von verschiedenen Bündnissen und Akteuren der Zivilgesellschaft. Sie hatte sich im Sommer 2018 gegründet und fordert die Entkriminalisierung der Seenotrettung, sichere Fluchtwege und sichere Häfen für Flüchtlinge. Anfang Juli hatte die Organisation aus Solidarität mit Bootsflüchtlingen und mir der von Italien angeklagten Kapitänin des deutschen Rettungsschiffes „Sea-Watch 3“, die ohne Erlaubnis Lampedusa angesteuert hatte, in Norddeutschland zu einer Demonstration aufgerufen. Mehrere Tausende Menschen waren dem Aufruf gefolgt und sind auf die Straße gegangen.

(Stand: 23. September 2019)

Vorherige Debatten zum Thema:
Februar 2019 (sichere Herkunftsstaaten)
November 2018 (Bootsflüchtlinge)

Schleswig-Holstein als sicherer Hafen
Antrag der Fraktion der SPD – Drucksache 19/1708
Alternativantrag von CDU, Grünen und FDP – Drucksache 19/1735