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28. September 2022 – Sept.-Plenum

Umwelt- und Energieminister: „Derzeit droht keine Gasmangellage“

Schleswig-Holstein droht im kommenden Winter aller Voraussicht nach kein Gasmangel – aber die Landesregierung bereitet sich dennoch auf eine mögliche Notlage vor.

Goldschmidt, Tobias Umweltminister CDU
Minister Goldschmidt (Grüne): . „Jede Kilowattstunde, die wir einsparen, führt dazu, dass wir sicher durch den Winter kommen.“ Foto: Michael August

Die Landesregierung bereitet sich auf eine mögliche Notlage bei der Gasversorgung vor. Das betonte Energiewendeminister Tobias Goldschmidt (Grüne) in einem von der Koalition geforderten Bericht. Gleichwohl drohe Schleswig-Holstein im kommenden Winter aller Voraussicht nach kein Gasmangel. Die Versorgungssicherheit nach aktuellem Stand gewährleistet, und Deutschland könne „vergleichsweise gut durch den Winter kommen“, sagte der Minister. Aber: „Wir gehen auf eine unsichere Zeit zu.“ Eine große Herausforderung werde der steigende Gaspreis sein. Vor diesem Hintergrund rief Goldschmidt zum Energiesparen auf.

Ziel der Landesregierung ist es, 20 Prozent Gas gegenüber dem Vorjahr einzusparen. „Jede Kilowattstunde, die wir einsparen, führt dazu, dass wir sicher durch den Winter kommen“, unterstrich der Minister. 91 Prozent der deutschen Gasspeicher seien aktuell gefüllt. Dieser Wert sei „besser als prognostiziert und gesetzlich vorgesehen“. Der Staat zeige in diesem Bereich Handlungsfähigkeit: „Wir sind auf allen Ebenen dabei, uns auf eine Gaskrise vorzubereiten.“ Die Landesregierung habe einen Krisenstab eingerichtet, in dem das Innen-, das Wirtschafts- und das Sozialministerium sowie Kommunen, Bundeswehr und Bundespolizei vertreten sind.

Abschalten geht nicht mehr

Die Abgeordneten zeigten sich erleichtert über die derzeit gesicherte Gasversorgung und stritten über Alternativen. Oliver Kumbartzky (FDP) sprach sich erneut dafür aus, die drei noch laufenden deutschen AKW bis 2024 am Netz zu lassen: „Das ist pragmatisch und würde uns krisensicher aufstellen.“ Andreas Hein (CDU) forderte einen raschen Netzausbau, um heimischen Windstrom besser zu nutzen: „Wir in Schleswig-Holstein schalten immer noch erneuerbare Energie ab - und das ist etwas, was wir uns nicht mehr leisten können.“    

Ulrike Täck (Grüne) warf der ehemaligen CDU-geführten Bundesregierung vor, den Ausbau der erneuerbaren Energien „15 Jahre lang ausgebremst“ zu haben. Marc Timmer (SPD) forderte eine Gaspreisbremse mit „höchster Wirkung bei kleinen und mittleren Einkommen“, und Sybilla Nitsch (SSW) erneuerte ihre Kritik am Flüssiggas-Terminal in Brunsbüttel: „Der Import von LNG aus zweifelhaften Quellen darf nicht die langfristige Lösung sein.“

AKW-Laufzeitverlängerung Thema im Ausschuss

Am Ende der rund einstündigen Debatte wurde ein FDP-Antrag für mehr Solaranlagen auf öffentlichen Dächern abgelehnt und ein Alternativantrag der Koalition mit ähnlicher Stoßrichtung angenommen. Über den FDP-Antrag für längere AKW-Laufzeiten berät nun der Wirtschaftsausschuss.

Die Koalitionsfraktionen haben einen Berichtsantrag zu der Gasversorgung des Landes gestellt. Sie wollen wissen, wie es aktuell aussieht, welche Szenarien für eine mögliche Mangellage denkbar sind, und wie die Landesregierung sich darauf vorbereitet. Regierungschef Daniel Günther (CDU) hat bereits zum Energie sparen aufgerufen. Als Ziel nannte er 20 Prozent. Aktuelle Zahlen machen Hoffnung: Der Füllstand der deutschen Erdgasspeicher nähert sich trotz erheblich gedrosselter Liefermengen aus Russland weiter der 90-Prozent-Marke.

Unterdessen hat der Deutsche Städtetag wegen der Energiekrise vor existenzbedrohenden Risiken für Stadtwerke mit ihren vielen Dienstleistungen gewarnt. Präsident Markus Lewe (CDU) sagte vergangene Woche: „Für die Stabilität unseres Landes und das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in den Staat ist es essenziell, dass die Städte die Versorgung umfassend und verlässlich sicherstellen.“ Es gehe nicht allein um Energie, sondern etwa auch die Wasserversorgung, die Müllabfuhr oder die Straßenreinigung. Gerieten Stadtwerke in Schieflage, drohten grundlegende Dienstleistungen auszufallen.

„Investitionsoffensive“ starten

Mit in die Aussprache fließen zwei Anträge der Liberalen ein. Schleswig-Holstein hinke bei der Ausrüstung öffentlicher Gebäude mit Solaranlagen hinterher, obwohl die „Vorbildfunktion“ des Landes im neuen Energiewende- und Klimaschutzgesetz längst verankert sei, kritisiert die FDP in einem Papier und fordert die Landesregierung unter anderem auf, „eine Investitionsoffensive für mehr Solaranlagen auf Landesliegenschaften auf den Weg zu bringen und die Installation von Solaranlagen auf landeseigenen Dächern auch privaten Investoren zu ermöglichen.“

Aus einer Ende August veröffentlichten Antwort des Finanzministeriums auf eine Kleine Anfrage (20/104) von FDP-Fraktionschef Christopher Vogt geht hervor, dass bei 981 grundsätzlich geeigneten Gebäuden derzeit 40 Photovoltaikanlagen installiert sind. Hinzu kommen nach Angaben der Landesregierung Solarthermie-Anlagen auf den Dächern von Meistereien des Landesbetriebs Straßenbau und Verkehr. „Ich finde es erschreckend, dass gerade vor diesem Hintergrund bisher auf noch nicht einmal vier Prozent der landeseigenen Gebäude eine Solaranlage installiert ist und auch noch nicht besonders viele neue Anlagen in Planung sind“, kritisierte Christopher Vogt Ende September.

Photovoltaik-Pflicht für alle Neubauten

Unterdessen haben sich Mitte September in Hannover die Energieminister der Bundesländer für eine Diskussion über eine Photovoltaik-Pflicht für alle Neubauten ausgesprochen. Wörtlich heißt es in einem gemeinsamen Beschluss: „Eine Photovoltaik-Pflicht für alle Neubauten sollte diskutiert werden. Beim Sozialwohnungsbau und der Sanierung in diesem Bereich sollte eine komplette Belegung von Dächern mit Solarmodulen vorgesehen werden.“ Der Koalitionsvertrag der Bundesregierung nimmt einen Ausbau der Solarenergie auf Dachflächen ebenfalls in den Blick. Darin heißt es, bei gewerblichen Neubauten solle dies verpflichtend, bei privaten Neubauten die Regel werden.

Weiterhin will die Bundesregierung steuerliche und bürokratische Hürden für den Betrieb von Photovoltaikanlagen unter anderem auf Privathäusern abbauen. Einen entsprechenden Vorschlag von Finanzminister Christian Lindner (FDP) beschloss das Kabinett kürzlich. Die Ertragssteuerbefreiung soll für Anlagen auf Einfamilienhäusern bis 30 Kilowatt gelten. Bei Mehrfamilienhäusern und gemischt genutzten Häusern liegt die Grenze bei 15 Kilowatt pro Wohn- oder Gewerbeeinheit. Bisher gibt es lediglich für Anlagen bis 10 Kilowatt eine Vereinfachungsregel.

AKW laufen lassen

Eine weitere Forderung der Liberalen, die in die Debatte miteinfließt, ist der erneute Ruf nach einer Laufzeitverlängerung der drei sich in Deutschland im Betrieb befindlichen Kernkraftwerke. Begründet wird dies mit den „Schlussfolgerungen des vom Bundeswirtschaftsministerium initiierten Stresstests zum Stromsystem, dass alle Möglichkeiten zur Stromerzeugung genutzt werden müssen“. Des Weiteren gelte es, so die FDP, beim Ausbau der Erneuerbaren Energien und der Speicherkapazitäten für elektrische Energie bürokratische Hemmnisse abzubauen.

(Stand: 26. September 2022)

Vorherige Debatten/Meldung zum Thema:
August-Tagung 2022 (zu AKW / Meldung 31.08., 16:30)
Januar 2022 (Energiekosten/19. Wahlperiode)
Juni 2021 (19. Wahlperiode)
November 2000 (19. Wahlperiode)

Antrag

Berichtsantrag Gasmangellage
Antrag der Fraktionen von CDU und Bündnis 90/Die Grünen ‒ Drucksache 20/167

Antrag

Das Land muss seiner Vorbildfunktion nachkommen: Mehr Solaranlagen auf den Dächern der landeseigenen Gebäude installieren
Antrag der Fraktion der FDP ‒ Drucksache 20/204 
Alternativantrag CDU und Grünen ‒ Drucksache 20/304

Antrag

Stromversorgung sicherstellen
Antrag der Fraktion der FDP ‒ Drucksache 20/233